Die Taube
lehrt ihre Jungen
an einem gestohlenen
Liebesbrief das Lesen.
Und sie glauben,
die Welt sei liebevoll.30. Oktober 2013
Kategorie: Texte befreundeter Autor:innen
Es gibt viele liebe Autorinnen und Autoren, die mich begleiten. Deren Texte mich begleiten. Hier sind einige.
Ute Schlerath: Ich beuge mich zum Abgrund
Mittelstadtrauschen!
Maragarita Kinstner ist ein ganz wichtiger Mensch für mich, und das nicht bloß, weil sie mit mir das zweite Wiener GRAUKO-Mitglied ist. Sondern weil sie mir immer zur Seite gestanden ist, wenn ich meine literarischen Nöte hatte. Und weil sie für meine Texte die Kritikerin ist, auf die ich höre.
Soeben landet mit einem fulminanten Auftritt ihr Debütroman „Mittelstadtrauschen“, dessen Entstehung ich in den letzten Jahren miterleben durfte.
Gratuliere, Margarita und danke für alles und viel Glück! (Wobei: Dein Werk ist so gut, was braucht es da noch an externem Glück?)
Ute Schlerath. Lesungsgegenstände.
SMS von Ute Schlerath
Es ist so schön, wenn ein Text so schön ist. Christina Wenger.
Christina Wenger, die ich im Rahmen einer Schreibwerkstatt kennengelernt habe, hat meinen heutigen Tag literarisch erwärmt. Mit diesem Text, noch dazu so glänzend vorgelesen.
Irgendwann geht jeder Schmerz vorbei, hat die Oma immer gesagt, ich hab das gehaßt, bei jeder blöden Gelegenheit dieser Spruch, wenn es noch richtig weh getan hat. Aber jetzt weiß ich, sie hat recht. Wenn man stirbt, stimmt es. Kann ich ihr dann ja mal zugeben, sie wird lachen und sagen, na, jetzt ist es zwar nicht mehr wichtig, aber schön.
Quelle: http://derohrenschuetzer.blogspot.co.at/2012/05/am-gehsteig.html
Notschlafstelle für Literaten
Ich komme in Texten anderer Autoren vor. Immer öfter. Zuerst war es Margarita Kinstner, die mich in ihrer Kolumne mehrmals verewigt hatte, und nun ist Kuno Kosmos hinzugekommen. Vorgetragen beim letzten GRAUKO-Treffen, und wer ihn schon einmal gehört hat, der weiß, dass sein Vortrag Erlebnis ist.
Notschlafstelle
Kuno KosmosDas Arbeitszimmer von Thomas war geräumig und gemütlich und enthielt sogar eine Matratze, auf der sichs gut ruhen ließ, aber sein Besitzer hatte an diesem Abend bei gleich drei Mädels einen tiefen Eindruck hinterlassen. Sein Text bei unserer gemeinsamen Lesung handelte von Würmern, die sich erst durch den fauligen Leib einer Heiligen fressen, um dann einander gegenseitig zu verzehren, sodass immer weniger und größere Exemplare übrig blei-ben, die sich auch die Knochen der Heiligen einverleiben. Schließlich bleibt nur mehr ein Riesenwurm übrig, der als frauenschändendes Monster eine Stadt terrorisiert.
Die drei hingen den ganzen Abend an seinen Lippen, bereit, ihm zu fortgeschrittener Stunde erst die Kleider und dann die Haut vom Körper zu reißen, und es war auszuschließen, dass er die Nacht alleine verbringen würde, mit mir als scharchendem Schlafgast auf der Matratze.
Glücklicherweise hatte ich angeboten, gegebenenfalls auch in eine Notschlafstelle für Literaten auszuweichen, und dieser Plan B wurde nun schlagend. Wider Erwarten gab es tatsächlich eine solche Bleibe in Wien, Thomas nannte mir über seine Schulter hinweg die entsprechende Adresse. Ja, Wien war einfach anders. Die Kunst ließ sich hier von sekundären Dingen wie Hunger oder fehlender Unterkunft nicht unterkriegen, und aus dem brodelnden Kochtopf erschreckender Schicksale von Begabten und Begnadeten erhoben sich laufend Phönixe hinaus in die Weltbedeutung. Ich würde die heutige Nacht vielleicht zwischen zwei künftigen Nobelpreisträgern verbringen, die nur gerade eine unprospere Phase ihres genialen Schaffens durchliefen und mich mit den entscheidensten Worten meines ganzen Lebens infizierten.
Mit der Wiener U-Bahn weitgehend vertraut und mit einem Stadtplan in der Tasche stand ich um 0.30 vor einem Schild, dessen altdeutsche Aufschrift ich bis eine Stunde davor noch für unmöglich gehalten hatte: „Notschlafstelle für Literaten“. Die Tür war angelehnt und knarrte wie in einem Gruselfilm, ein wackeliger Pfeil wies auf einen schwach beleuchteten Kellerabgang im hinteren Anteil des Stiegenhauses. Während ich die abschüssigen Stufen hinab balancierte, studierte ich die in unregelmäßigen Abständen aufgehängten Portäts, teils hinter ganzem oder zerbrochenem Glas, teils ohne, und entdeckte immerhin Goethe, Brecht, Camus und Hemingway unter ihnen. Hinter einer weiteren angelehnten Tür am Ende der Stiege fand ich eine kleine Bar mit vier leeren Hockern vor. Auf dem Tresen standen halb gefüllte Gläser und Aschenbecher, Notizzettel lagen herum, ein Barkeeper aber fehlte. Ich zwängte mich vorbei zur nächsten Türe, auch diese wieder angelehnt, und betrat einen kleinen Gastraum mit einem runden Tisch in der Ecke, um den fünf Männer mittleren Alters saßen und, wenn ich die Wortfetzen im Vorbeigehen richtig wahrgenommen hatte, über Erich Fried diskutierten.
Während ich mich fragte, wie man sich hier eigentlich als Literat auswies, betrat ich durch einen Vorhang aus bunten Ketten den schummrigen Schlafsaal, ein etwa 100 m² großes Gewölbe, ausgestattet mit 50 – 60 Matratzen, von denen die meisten bereits belegt waren. Ich hatte ja nur die beiden Gedichte mit, die ich zur Lesung beigetragen hatte, im Vergleich zu Thomas‘ Text unbedeutsame Betrachtungen über neurotisches Verhalten in Wahlzellen und die Insuffizienz des Namens „Petra“ zur Beschreibung weiblicher Anmut. Niemanden schien meine Ankunft zu kümmern, also ging ich zur nächsten freien Matratze, legte meine Tasche und meine Jacke ab und setzte mich. Augenblicklich tauchte ich dabei in den bodennahen menschlichen Dunst, welchen ich in den nächsten Stunden zu atmen hätte. Ich konnte Mund-, Achsel- und Fußgerüche identifizieren, dazu Moder, Fürze, Geruch von Erbrochenem, Blut und frisch ejakuliertem Sperma. Ja, die Nacht würde lang werden in diesem Schützengraben der Literatur, aber wer sie überstand, der blieb für immer furchtlos, und nur mehr nackte Wahrheit würde seiner Feder entfließen, direkt auf die Rückseiten der Urkunden und Preise, welche es laufend dafür hageln würde.
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Ute Schlerath wird am 24.2. in Wien lesen
Ute Schlerath ist ein junges Mitglied beim Grazer Autorinnen und Autoren Kollektiv GRAUKO.
Nun präsentiert sie eine griffige Auswahl ihrer berührenden, beißenden, scharfgedachten und allesamt kurzen Texte.
Freitag 24.2. 2012, 19:00
Café Kandinsky, 7., Lerchenfelderstraße 13/6/14
Einen weiten Blick in die Denk- und Schaffensart der Ute Schlerath bieten die mittlerweile 20 Videos auf youtube:
Italo-Westerntitel-Generator und Lyrik-Generator. Literatur programmieren.
Martin Schemitsch schrieb einen Generator, der Filmtitel für Spaghettiwestern erzeugt.
martinland.mur.at/iwtg/iwtg_f.html
Beispiele …
- Mein Heiligenbild hängt an der Todesmelodie
- Verkauf mir die Luft von der Zeit
- Garringo – Deine Kugel hängt
- Sancho – Blüh nicht
- Renegade – Hölle war sein Kopf
- Die Flut der toten Fetzen
- Im Bastard der Bratpfanne
- Prärien werfen seinen Wolf
- Ein Fressen im Loch des Vaterunsers
- Verkauf alle und kehr blutig zurück
Der Vorläufer dieses Werks ist der Lyrikgenerator. Den schrieb Martin in der Programmiersprache BASIC. Das Listing zeigte er uns am GRAUKO-Treffen im April 2011. Im ersten Bild siehst du den Beginn des Programms an sich (Deutlich zu sehen: die Überschrift LYRIC 3.0 IT’S AN EXPERIENCE).
Im zweiten Teil des Programms sind die Worte angeführt, aus denen die Gedichte zusammengesetzt werden. Beachte die handschriftliche Notiz, wonach ein anderes Wort in den Generator einzufügen sei. Hier werden Worte, die dem Autor etwas bedeuten, mit all ihren Endungen und Fällen sorgsam gesammelt, akribisch kategorisiert und in vielen Testdurchläufen auf ihre Eignung geprüft.
Anlass zum Lyrikgenerator war für Martin, dass er sich in seine heutige Frau verliebte und ihr Gedichte schreiben wollte.
Martin erreicht ihr im Martinland: martinland.mur.at
Ute Schlerath: Noch kann kein Ende sein. Noch suchen wir.
Aus den Wortspuren
ein Findling
klopft an meine Tür.25. Juli 2011
Noch kann kein Ende sein.
Noch suchen wir.19. Juli 2011
Gedanken
rollen am Tisch
in Beseelung vieler Stifte
und lieben sich
in ihren GegensätzenStillfried,
für GRAUKO
25. Juli 2011
mit herzlichem Dank,
Ute.
(Ute trifft damit das Wesen unserer GRAUKO-Treffen gar so treffend)
Ute Schlerath: Die Kartons gewesener Jahre. Die Handschrift.
Himmel, Arsch und Zwirn oder: Die Pflicht des Autors, an die Grenzen zu gehen
Als Autor sehe ich es als meine Aufgabe, Extreme auszuloten. Zusammenfügen, was sich sträubt, zusammen zu gehen. Ich mache das für mich, um über das Leben zu lernen und um das Leben intensiv zu spüren. Ich mache es für die Leser, stellvertretend für sie begebe ich mich auf Grenzgänge.
„Ich habe meine ersten Jahre als Schriftsteller für Texte verschwendet, mit denen ich bloß niemanden verletzen oder schockieren wollte. Ich hatte Schiß vor der eigenen Courage, Angst, ich könnte jemandem auf den Schlips oder in den Arsch treten“ – So lässt es Karl Hofbauer (GRAUKO) einen fiktiven Autor erklären, in der folgenden, grotesken Kurzgeschichte.
Himmel, Arsch und Zwirn
Auf die Frage, ab welchem Zeitpunkt er sich selbst als ernstzunehmenden Schriftsteller gesehen habe, antwortete der weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannte Autor Max Imilian: ”Ab dem Tag, an dem mir klar wurde, daß man sich nichts scheißen darf.”
Max Imilian, der schon einige Jahre in Irland lebte, konnte und wollte seine steirische Herkunft nicht verleugnen und machte in dem Live-Interview auf Radio Steiermark häufig von deftigen, lokalen Wendungen Gebrauch.
Der in der Steiermark ebenfalls sehr bekannte Radiojournalist Kaiser wollte daraufhin wissen, was Max Imilian denn genau damit meine, wenn er sage, man dürfe sich nichts, und hier spitzte der Radiojournalist Kaiser die Lippen, bevor er fortfuhr, ”scheißen.”
”Ganz einfach”, antwortete Max Imilian, ”du mußt erkennen, daß es für dich als Schreibenden keine Tabus geben darf. Du mußt erkennen, daß du über alles schreiben kannst, ohne dir von irgendjemanden dreinreden zu lassen. Und mit alles meine ich wirklich alles: Liebe, Tod und Teufel, Himmel, Arsch und Zwirn, Kardinäle und Kinderschänder, Sex and Crime, Politik, Poesie, Perversion, und, und, und. Du kannst, darfst und sollst als Autor über alles schreiben können, schließlich wird auch niemand gezwungen, deine Texte zu lesen.”
”Aber”, und jetzt blickte Max Imilian vom Mikrofon auf und dem Radiojournalisten Kaiser stichgerade in die Augen, ”wissen Sie, Herr Kaiser, was ich gemacht habe, bevor ich zu dieser Erkenntnis gelangte?”
Der Radiojournalist Kaiser blinzelte einige Male irritiert und schüttelte den Kopf, was aber die Hörer vor dem Radio nicht merkten.
”Ich habe meine ersten Jahre als Schriftsteller für Texte verschwendet, mit denen ich bloß niemanden verletzen oder schockieren wollte. Ich hatte Schiß vor der eigenen Courage, Angst, ich könnte jemandem auf den Schlips oder in den Arsch treten.”
”Denken Sie bei jemand an jemand Bestimmten?” unterbrach Kaiser Max Imilian, und hoffte, daß nicht allzu viele Hörer beim Sender anrufen und sich ob Herrn Imilians Sprache beschweren würden.
”Nun, in erster Linie meine ich damit meine liebe Familie, meine Freunde und Bekannten. Jemand Fremden auf den Schlips zu treten, damit hat doch niemand ein Problem, oder? Aber den eigenen Familienangehörigen verbal in den Arsch zu treten, das erfordert schon weit mehr Konsequenz und Disziplin. Schauen Sie, Herr König, was ich damit meine ist Folgendes.”
Der Radiojournalist Kaiser schaute irritiert, was aber die Hörer vor dem Radio nicht merkten.
”Nehmen wir an”, sagte Max Imilian, ”du hast einen schwulen Bruder oder Sohn. In diesem Fall fällt es dir naturgemäß viel schwerer, einen Text zu schreiben, in dem eine Figur, womöglich gar ein Bruder oder Sohn, schwul ist. Und warum?”
Der Radiojournalist Kaiser, der wie viele andere in der Medienbranche selbst ein homosexueller Bruder und Sohn war, rutschte unruhig auf seinem Drehsessel hin und her und hob fragend die Augenbrauen, was aber die Hörer vor dem Radio nicht merkten.
”Ganz einfach. Weil du befürchtest, daß es dein schwuler Bruder oder Sohn zuerst sehr persönlich und in weiterer Folge dir krumm nehmen würde. Und das möchtest du, wenn möglich, vermeiden, da du wahrscheinlich nicht allzu viele Brüder oder Söhne hast. Und für Schwestern, Töchter, Mütter gilt natürlich dasselbe.
”Das heißt, die einzige Möglichkeit, Liebesentzug durch die Familie und den Freundeskreis zu vermeiden, ist die innere Zensur. Aber die innere Zensur ist Gift für jeden kreativen Geist, weil sie aufgrund vorauseilenden Gehorsams keine Themen mehr übrig läßt, die man bearbeiten könnte. Und warum ist das so, Herr Herzog?”
Die rhetorische Frage drehte dem Radiojournalisten Kaiser die Augen über, aber das nahmen weder die Hörer vor dem Radio noch der weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannte Autor Max Imilian wahr.
”Ganz einfach. Weil du meist gar nicht weißt, daß dein Bruder oder Sohn schwul ist, oder daß deine Schwester des Nächtens kiloweise Schokolade zuerst in sich hineinschaufelt und dann in ein Plastiksackerl kotzt und damit deinen jüngeren heterosexuellen Bruder furchtbar erschreckt, der im Nebenzimmer gerade mit einer Gummipuppe für das wirkliche Leben übt. Du weißt es nicht, und bloß auf die Befürchtung hin: Es könnte doch immerhin sein, daß…, läßt du es bleiben und kannst keine Texte mehr schreiben, in denen Figuren an Bulimie leiden oder Luftballons ficken. Innere Zensur!
Aus diesem Grund können Sie getrost alle Texte vergessen, die ich bis zu jenem Tag geschrieben habe, an dem ich beschloß, mich nicht mehr dem Diktat der inneren Zensur zu beugen. Mit Ausnahme meines zweiten Romans vielleicht, WER MIT DEM EISBÄR VÖGELT, den ich schon damals trotz innerer Zensur zu schreiben wagte, weil ich davon ausging, daß niemand in meiner Bekannt- oder Verwandtschaft intime Beziehungen zu Eisbären unterhielt. Als dann die ersten Leserbriefe von verletzten und geschockten Lesern aus Grönland und Alaska beim Verlag eintrafen, war das ein schwerer Schlag für mich. Ich überlegte sogar kurz, das Schreiben überhaupt sein zu lassen, aber genau so gut hätte ich mir vornehmen können, fortan nicht mehr aufs Klo zu gehen. Ich stellte mich also dem Problem, entledigte mich aller Skrupel, schiß auf die innere Zensur und schrieb in schneller Abfolge die Romane SÖHNE UND GUMMIPUPPEN, DER BLECHVIBRATOR, KOTZE AUF DEM HEISZEN BACKBLECH, MITTERNACHTSRINDER und SCHWEISZ AM STIEL, Teil 1, 2 und 3, die ja bekanntlich auch verfilmt wurden.”
Max Imilian hielt kurz inne, um Luft zu schöpfen, was der Radiojournalist Kaiser, der nur auf eine solche Chance gelauert hatte, sofort nutzte, um das Wort an der Gurgel zu ergreifen und zu fragen: ”Wenn man das alles auf einen gemeinsamen Nenner bringen möchte, könnte man also sagen, man darf als Schriftsteller einfach keine Rücksicht nehmen.”
”Ganz genau.”
”Auch auf den guten Geschmack nicht?”
”Schmick-schmack-schmock, was ist schon guter Geschmack? Wer bestimmt, was guter Geschmack ist? Soll sich doch jeder seine eigene Meinung über meine Bücher bilden, oder? Seien wir froh, daß Österreich noch eines jener Länder ist, in denen man sich seine eigene Meinung bilden und diese dann auch kundtun darf.”
Der Radiojournalist Kaiser stimmte Max Imilian erstmals zu und bedankte sich zähneknirschend bei ihm für das Interview. Es folgten Werbung, Nachrichten und Volksmusik.
Noch während der Nachrichten hörte der Radiojournalist Kaiser auf, Radiojournalist zu sein – das mißglückte Interview gab dem Indentanten die lang ersehnte Möglichkeit, Kaiser endlich zu feuern – und der weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannte Autor Max Imilian hörte auf, Autor zu sein.
Als er das ORF-Landesstudio in Graz verließ, wurde er auf offener Straße erschossen.
Der Täter gab bei der Fest- und auch bei der späteren Einvernahme an, daß man mit so perversen Schweinen in der Steiermark immer schon aufzuräumen gewußt habe.
Nachdem der Mörder von Max Imilian zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, kam es in der ganzen Steiermark zu schweren Ausschreitungen von Sympathisanten des Mörders und zu öffentlichen Verbrennungen von Max Imilians Büchern. Um den Volkszorn nicht weiter anzuheizen, wurde die bereits geplante, posthume Verleihung des österreichischen Staatspreises auf unbestimmte Zeit verschoben.
Von Schriftstellern aus aller Welt trafen empörte Briefe ein, und Salman Rushdie ging bei einer Friedenskundgebung sogar so weit, die Steiermark mit dem Iran zu vergleichen.
Während der Skandal tobte, rieb man sich bei Max Imilians Verlag die Hände. Weil er kaltgemacht worden war, verkauften sich seine Bücher weltweit wie die warmen Semmeln und bescherten seiner teilweise schwulen, bulimischen, gummifraufixierten Familie ein Vermögen.
Sogar um sein Begräbnis rankten sich noch Skandale. Max Imilian hatte schon Jahre zuvor in seinem Testament bestimmt, daß auf seinem Grabstein ”Scheiß drauf” stehen sollte, was aber von der römisch-katholischen Kirche als direkte Aufforderung zur Grabschändung auf das Strikteste abgelehnt wurde. Seine sterblichen Überreste wurden daraufhin verbrannt, und auf seine Urne im Grazer Zentralfriedhof scheißen nun die Tauben.
© 2002 Karl Hofbauer, erschienen in “et cetera 1”, Juni 1998