Ich werde Ihnen heute sagen, wie ich schreibe.

Mein Name ist Thomas. Ich bin Autor. Ich werde Ihnen heute sagen, wie ich schreibe.

Übrigens: nichts von dem, was ich hier sage, steht auf den Zetteln, die Sie ausgeteilt bekamen. Darum, heben Sie die Köpfe und sehen Sie mich an. Hören Sie mir gut zu. Denn ich sage Ihnen jetzt, wie ich schreibe.

Ich schreibe, indem ich anfange.

Weil, mit irgendwas muss man doch anfangen!
Mit zwei Menschen vielleicht.
Die setze ich nebeneinander. In einen Panzer. Oder an den Frühstückstisch. Ich will über das Frühstücken schreiben. Mehr Ideen habe ich nicht. Aber ich könnte weiter nachdenken.

Frühstück 1967 in einem Panzer im Sechstagekrieg.
Oder in einem Siebzigerjahre-Wohnblock in Graz.

Das in Graz ist besser. Denn ich habe gelernt, dass man nicht immer wie wild töten muss, um beim Leser was zu bewirken. Aber wie wild ficken, das muss man in einem Roman. Außer natürlich, es ist vom Krieg die Rede. Die meisten Bücher in Österreich haben was mit dem Krieg zu tun, darum wird so wenig gefickt.

Merken Sie, wie ich mich winde, um nur ja nicht mit dem Schreiben zu beginnen? Wie ich abschweife? Als Autor bin ich die meiste Zeit damit beschäftigt, abzuschweifen. Ich denke an alles Mögliche, damit ich mich nur ja nicht dem Wesentlichen stellen muss.

Ich zwinge mich zurück zum Frühstück. 2 Menschen also. Was für Menschen? Das muss ich doch wissen, als Autor, oder? Mann und Frau meinetwegen. Sie ist gut gelaunt, denn sie hat einen jüngeren Liebhaber. Er aber ist Autor.

Und jetzt? Keine Ahnung! Die Leute fragen mich immer, wie ich das alles so durchkonstruiere in meinen Romanen, aber da ist nichts Konstruiertes, das ist alles nur passiert, das passiert in meinem Kopf und immer wieder und hört nicht auf. Mein Schreiben ist dann gut, wenn es bloßes Beobachten ist. Und so beobachte ich die beiden und schreibe auf, was beim Frühstück passiert, während ich darüber schreibe.


Entstanden für eine Lesung/Aufführung Theater im Stockwerk in Graz – Kollegen des Improvisationstheaters unterbrechen die Lesung und führen den Text spontan weiter

Meinem Text beim Leben zusehen

Unser GRAUKO-Abend am 28.2.2010 in Graz, gemeinsam mit dem Ensemble des Theaters im Stockwerk: das war mehr ein Musical, das war mehr ein Theaterstück als eine Lesung.

Wir Autorinnen und Autoren saßen auf unseren Tischen, von Scheinwerfern ausgeleuchtet, während sich um uns das Leben tummelte, das wir mit unseren Texten geschaffen hatten. Dem wir zusahen. Wir sahen unseren eigenen Texten beim Leben zu.

Für uns wichtig: es war zahlendes Publikum, das gekommen war, und es war zahlreich da. Wobei es uns nicht um das Geld ging, sondern dass hier wirklich nur jene Menschen saßen, denen unsere Werke etwas wert war (Getreu dem Motto: „Was nichts kostet, ist nichts wert“).

Zum Fotografieren bin ich kaum gekommen (kann ja nicht, auf der Bühne sitzend, plötzlich die Kamera auspacken). Daher sind folgende Impressionen spärlich und vorher beziehungsweise nachher entstanden: