Letztens war ich bei einer Freundin eingeladen, und sie machte für mich sehr guten, türkischen Kaffee. Sie hatte den Kaffee aus Serbien bekommen.
Ich sah mir die Gebrauchsanleitung an. Sie war viersprachig.
Den einzigen Unterschied, den ich an den Beschreibungen in serbisch, bosnisch und montenegrinisch ausmachen konnte, war ein zusätzliches Wort in der serbischen Fassung.
In meinen Schreibwerkstätten war einer meiner Lieblingsübung, die Teilnehmenden eine SMS schreiben zu lassen, die beim Empfänger ein Maximum an Emotion auslösen soll.
Hier nun ein gutes Beispiel.
Geschrieben von Justine Sacco, Communication Director bei IAC, die diese Worte twitterte, sich danach ins Flugzeug setzte – und nach der Landung war ihre Karriere tot. Alles weitere ist hier nachzulesen.
Ein Wesen, das genauso aussieht, wie es sich der Zuhörer vorstellt.
So ist es doch in der Literatur, nicht wahr? Nicht der Autor schafft die Personen. Sondern der Leser. Und jeder Leser auf seine unvergleichbar eigene Art. Darüber spricht Dschi-Dsche-i in diesem Video.
Für mich ist er ein Stück Kindheit. Zehn vor sieben lief er an jedem Schulmorgen auf Radio Ö3.
Als rekursives Akronym bezeichnet man eine Abkürzung, die in der Erklärung ihrer Bedeutung rekursiv auf sich selbst verweist, d. h. paradoxerweise seine eigene Abkürzung als Teil des ausgeschriebenen Begriffs enthält.
Ich weiß noch nicht, wie mich diese Information betrifft.
Ist vielleicht ein Aufruf für mehr Rückbezüglichkeit in der Sprache. Dieses postmoderne Zeug meine ich – also den Text zum Inhalt des Texts machen, die Arbeit am Text zum Teil der Handlung des Texts machen.
Welche Auswirkungen haben neue Medien unser Verhalten? Wir lieben und hassen uns wie eh und je, und Kriege wird es weiterhin geben. Aber etwas ändert sich: Wenn wir uns im Grunde nichts zu sagen haben, finden sich dafür andere Worte, und die Konversation folgt einer eigenen Grammatik.
Letztens, im Standard, ein Artikel zu dem Themenkreis…
„Fetzenliteratur“ bedroht Sprachkompetenz
Experte Zehetmair übt Kritik: „Man nimmt sich kaum noch die Zeit, ganze Sätze zu formulieren“
München – „Fetzenliteratur“ auf Twitter oder in SMS bedroht nach Ansicht des Rechtschreibrats-Vorsitzenden Hans Zehetmair die Sprachkompetenz junger Leute. „Unsere Zeit ist so schnelllebig geworden. Da müssen Sie sich nur die Twitter-Literatur ansehen, in der es keine ganzen Sätze mehr gibt“, bemängelte er. „Fetzenliteratur“ nennt das Zehetmair.
Man sei weltweit in zivilisatorischen Gesellschaften auf dem gefährlichen Weg, dass immer weniger gelesen, immer mehr Fetzenliteratur gepflegt, immer weniger geschrieben werde, sagte Zehetmair. „Eine junge Generation schreibt heute – um eine Liebe zum Ausdruck zu bringen – keine Briefe mehr, sondern ‚HDL‘ – ‚Hab Dich lieb.'“
„Alles mit Ausrufezeichen“
Auch die Schule komme ihrem Bildungsauftrag in dem Bereich nur begrenzt nach. „Die Lehrer sind auch Kinder unserer Zeit und – bei allem guten Bemühen – gibt es auch bei ihnen oft diese Fetzenliteratur: super, geil und alles mit Ausrufezeichen.“ Hochschullehrer beklagten immer wieder die mangelhafte sprachliche Qualität von Diplom-, Magister- oder Bachelorarbeiten. „Man nimmt sich kaum noch die Zeit, ganze Sätze zu formulieren.“ Nach Angaben von Linguisten müssten rund 20 Prozent der 15-Jährigen heute als Analphabeten bezeichnet werden, sagte Zehetmair.
Hohe Zahl an Anglizismen
Eine Schwierigkeit sei auch die steigende Zahl an Anglizismen, die die deutsche Sprache überflute. Sprache sei in vielen Bereichen ausschließlich verzweckt worden und sei überbordet mit Fremdeinflüssen. „Ich bin nicht gegen Anglizismen im Allgemeinen, aber man sollte schon noch wissen, was die Worte auf Deutsch heißen.“ Das fehlende Hinterfragen sei aber „symptomatisch für eine Gesellschaft, die nicht mehr hinter die Dinge blickt und die Hintergründe nicht mehr beleuchtet“, sagte Zehetmair und warnte: „Eine solche Gesellschaft ist anfällig für Manipulation.“
Letztens habe ich Céline zitiert, mit seiner Beschreibung von höhlenartigen Toiletten im New Yorker Untergrund.
Wie anders ist da Erich Maria Remarque! Obwohl ihn mit Céline genauso das Trauma des ersten Weltkriegs verbindet. Hier also ein Ausschnitt aus seinem Klassiker Im Westen Nichts Neues:
Dem Soldaten ist sein Magen und seine Verdauung ein vertrauteres Gebiet als jedem anderen Menschen. Drei Viertel seines Wortschatzes sind ihm entnommen, und sowohl der Ausdruck höchster Freude als auch der tiefster Entrüstung findet hier seine kernige Untermalung. Es ist unmöglich, sich auf eine andere Art so knapp und klar zu äußern. Unsere Familien und unsere Lehrer werden sich schön wundern, wenn wir nach Hause kommen, aber es ist aber nun einmal die Universalsprache. Für uns haben diese ganzen Vorgänge den Charakter der Unschuld wiedererhalten durch ihre zwangsmäßige Öffentlichkeit. Mehr noch, sie sind uns so selbstverständlich, daß ihre gemütliche Erledigung ebenso gewertet wird wie meinetwegen ein schön durchgeführter, bombensicherer Grand ohne viere. Nicht umsonst ist für Geschwätz aller Art das Wort „Latrinenparole“ entstanden; diese Orte sind die Klatschecken und der Stammtischersatz beim Kommiß.
Wir fühlen uns augenblicklich wohler als im noch so weiß gekachelten Luxuslokus. Dort kann es nur hygienisch sein; hier aber ist es schön.
Es sind wunderbar gedankenlose Stunden. Über uns steht der blaue Himmel. Am Horizont hängen helbestrahlte gelbe FesselbalIons und die weißen Wölkchen der Flakgeschosse. Manchmal schnellen sie wie eine Garbe hoch, wenn sie einen Flieger verfolgen.
Nur wie ein sehr fernes Gewitter hören wir das gedämpfte Brummen der Front. Hummeln, die vorübersummen, übertönen es schon.
Und rund um uns liegt die blühende Wiese. Die zarten Rispen der Gräser wiegen sich, Kohlweißlinge taumeln heran, sie schweben im weichen, warmen Wind des Spätsommers, wir lesen Briefe und Zeitungen und rauchen, wir setzen die Mützen ab und legen sie neben uns, der Wind spielt mit unseren Haaren, er spielt mit unseren Worten und Gedanken.
Die drei Kästen stehen mitten im leuchtenden, roten Klatschmohn. Wir legen den Deckel des Margarinefasses auf unsere Knie. So haben wir eine gute Unterlage zum Skatspielen. Kropp hat die Karten bei sich. Nach jedem Nullouvert wird eine Partie Schieberamsch eingelegt. Man könnte ewig so sitzen.
Es ist das unbarmherzige Schreiben de beiden, das mich so packt. Mir scheint, Céline und Miller schreiben, was ihnen ein Anliegen ist – und sie kümmern sich um sonst nichts. Miller etwa hat nicht daran geglaubt, dass seine Werke jemals verlegt würden, und Céline sah sich immer als Kämpfer gegen alle und alles.
Fällt nur mir ihre sprachliche und inhaltliche Ähnlichkeit auf?
Beide waren in Paris, beide sind von New York geprägt, beide haben gegen das gewohnt Sprachliche rebelliert. Bei beiden folgt die Romanhandlung keinem üblichen Aufbau. Beide neigen dazu, sehr wertend zu sein, und gleichzeitig bieten sie Sichtweisen mit radikaler Genauigkeit. Henry Millers Werk ist von Geschlechtsverkehr dominiert, während es bei Céline der erste Weltkrieg ist, das traumatisch die Sichten verschiebt. Oder so. Ach, seht doch selbst!