09:40 Frühstück gemacht. Kaffee fertig. Mich über das heutige Blogkommentar Eva Jancak gefreut (für mich sind Tage wie der gestrige und der heutige das Normale, wenn ich an dem Tag sonst keine Termine habe. Das Überarbeiten geschieht mit derselben Intensität, mit dem Unterschied, schon Rohmaterial zu haben, in das ich – kräftigere / stimmigere – Emotionen hineinlege)
09:49 Ich beginne mit dem Durchlesen des Gestrigen. Vorsatz: Die Menschen möglichst positiv darzustellen – Zweifel generiert sich die Leserin allzu leicht selbst.
09:59 Es reißt mich hinein – was für eine Welt ich da erschaffen habe! Und dieser Welt gebe ich noch eine Tiefe, eine geheime Welt. Essen Haferflocken. Mag das Bittere im Kaffee.
11:06 Ich schaue auf. Draußen Sonne. Bin erschöpft. Das kann nicht ewig mit dieser Kraft weitergehen. Ich glaube, ich muss heute raus.
12:51 Noch immer nix weiter gebracht. Sinnloses Herumsurfen. Nicht einmal ein Buch gelesen! Nicht einmal Pause gemacht! Bin wütend auf mich.
Sonne scheint stark.
Ich sage mir: Wenn du etwas tust, Thomas, mache es bewusst!
Schreibe bewusst.
Nichtschreibe bewusst.
Ach, ich habe es nicht leicht mit mir.
Ich mache jetzt Mittagessen.
13:53 Überarbeitung abgeschlossen. Jetzt doch Mittagessen.
14:26 Mir kommt das Schreiben wie ein Ringen vor. Kommt mir vor, als täte ich es ununterbrochen seit gestern 10:00 – klar, dazwischen geschlafen und gegessen und getanzt, aber immer: Schreiben im Kopf gehabt. Ich muss aufpassen.
16:40 Kümmere mich per Fernwartung um den Laptop einer Freundin … ich schreibe nicht. Das tut gut.
18:10 Ich schreibe weiter. Dass Schreiben so mühsam ist.
18:50 Sonnenuntergang und Abendessen.
19:29 Diesen Blogartikel schreiben. Dann erst Abendessen.
20:10 Und jetzt passiert etwas. Eine Klarheit, während ich Zucchini schneide. Ein weites Gefühl, ich öffne mich für etwas Großes. Mein Roman. Er liegt dort, und ich auf dem Weg, jeder Schritt so einfach, und die Luft, die von dort herüber weht, ist so klar. Eine wunderbare Landschaft. … Gibt es eine Bezeichnung für so ein Gefühl?
09:50 Müsli, Kaffee. Sinnloses Herumsurfen, um ein passendes Foto für diesen Artikel hier auf wikipedia zu finden. (Zeitfresser!)
10:05 Der Kaffee ist gut. Dieses Bittere mag ich. Mir fällt ein: ich muss zu IKEA, mir Geschirr kaufen (Ablenker!). Musik: Faithless – Insomnia. Dokument geöffnet. Hineinlesen in das Zuletztgeschriebene.
10:25 Ich recherchiere Fotos von 1940. Ich spüre das Fließen. Gleichzeitig (wie immer): Ich will etwas anderes machen – Wozu denn weiterschreiben, sagt sie Stimme, es geht dir doch so gut! (Ablenker!) Therapie: Hier im Blog tippen.
11:01 Habe Waschmaschine gefüllt und dabei überlegt, wie die Broschüre aus dem Jahr 1936 aussehen soll, in der die Feierlichkeiten zum 300jährigen Bestehen des Violanums festgehalten wurden
11:26 Ich arbeite mich langsam in der Geschichte des Violanums von 1933 zu 1936 vor. Wie sehen Fotos aus der Zeit aus?
12:27 Welche österreichischen Würdenträger besuchten 1936 die Feierlichkeiten? Soll ich jetzt schon die Beziehungen zu den illegalen Nazis andeuten? Ich recherchiere die Leben von Schuschnigg und Seyß-Inquart. Ich entscheide mich: nein.
12:54 Ich habe auf derstandard.at herumgesurft. So halt. (Ablenker! Ablenker!). Bilanz bisher: 2900 Zeichen. Verdammt.
13:09 Ich muss aufpassen, dass ich mit meinen Schilderungen positiv bleibe. Denn die Leserin nimmt ohnehin stets das Schlechteste an (so eröffnete es sich mir beim Feedback).
13:44 Dagmar zeigt meinem Timon die Pistole ihres Großvaters. Ich recherchiere Pistolen von 1945 und entscheide mich für eine Mauser. Das Halfter der Abbildung nehme ich gleichmit.
13:55 Brauche was zu essen. Allerdings funktioniert mein Kopf noch zu gut. Stelle gerade meine Liste fürs Einkaufen zusammen und gleichzeitig trage ich die Szene bei mir … Dagmar und Timon im Bett, zwischen den beiden die Schachtel mit den Andenken an ihren verstorbenen Großvater, wie zum Beispiel die Pistole.
14:37 Heimkehr vom Supermarkt – und dort wieder das Glück gespürt: Kann mir nehmen, was ich brauche, ohne es selbst jagen oder anbauen oder stehlen zu müssen. Brauche nicht hungern. Wie gut ist es doch um mich bestellt im Vergleich zu den Autoren wie Balzac, die um ihr Essen ringen mussten. Bin so dankbar.
14:42 Das die Erdäpfel umgebende Wasser kocht.
15:05 Beginne die Geschichte zu formulieren, in der es um eine jüdische Arzt-Familie geht, die im Weltkrieg im Violanum versteckt und verteidigt wurde. Von Dagmars Großvater, der über Leichen ging, wenn man ihm etwas nehmen wollte. Die Hintergründe zu dieser Sub-Geschichte trage ich schon seit zwei Jahren bei mir.
17:03 Eine blitzhelle Erkenntnis! Wow, was für eine Welt, die ich erschaffen habe, die mir jetzt von selbst ihr Inneres zeigt.
17:52 Ich lese einen eben geschriebenen Absatz und rufe: „Verdammt, ist das gut!“ – ich komme in Schreibrage (die Rage = die Wut, das Rasen). Nach acht Stunden hat meine innere Schreibmaschine volle Fahrt erreicht.
18:24 Ich erinnere mich an Überweisungen, die ich seit Tagen machen müsste … erledigt. – Verdammt! Halb sieben! So spät ist schon! Wo rinnt mir der Tag hin? Draußen hält sich die Sonne gerade noch mit Mühe über den Häuserdächern.
18:53 Ich gehe auf und ab. Denke nach. Was genau war der Plan des Großvater, um im 2. Weltkrieg Leben zu retten? Ich darf nicht an Oskar Schindler anstreifen. Musik im Radio:
19:29 Wieder Appetit. Wie das? Hab doch gerade erst Mittag gegessen. Naja, nicht allzu ausgiebig, denn viel Essen macht mich müde. Andererseits ist die Hirnarbeit offenbar energieverschlingend.
19:48 Ich kürze. Muss mich fokussieren. Das ursprüngliche Ziel der Szene ansteuern. Nicht zu viel Information hinein packen. (Ich weiß ja so viel mehr über das Violanum als ich schreiben darf.)
20:19 Heute 9300 Zeichen geschrieben. Ich brauche jetzt mal eine Pause. – Was? Dunkel ist es schon? Jetzt geht es doch gerade mal los!
20:41 Pause. Pause! PAUSE!
00:50 Im Salsalokal meines Vertrauens gewesen. Eine Caipirinha aufgesaugt, soziale Kontakte gehabt, die Tanzenden beobachtet, und das alles mit einem Grinsen, das ich einfach nicht losgeworden bin. Alles war schön: Musik, Menschen, Bewegungen. Ich sah zu, ich tanzte, ich dachte: Wow, was für toller Tag das gewesen war! Wo ich überall gewesen war, heute, an meinem Schreibtisch! So viel erlebt. Danke.