15 Sekunden Wahnsinn

Diese 15 Sekunden des Wahnsinns widme ich Euch Schreibenden.

Mögen eure Gefühlswelten hochschaubahnartig all eure Protagonisten in das Tiefste zerren und auf das Höchste hinaufschießen!

Schreibt die Welt in Schutt und Asche, und stellt neue Welten auf, nebeneinander, übereinander, gegeneinander. Und schreibt über die Liebe! Ja, über die Liebe sollt ihr schreiben.

Achtung: Lesen zerstört das Schreiben! Siehe Philip Roth.

Vor knapp fünf Jahren hätte er begonnen, seine Lieblingsautoren neu zu lesen – Hemingway, Turgenjev, Dostojevskij u.a. – sowie auch seine eigenen Werke. Worauf er zur Erkenntnis gekommen sei, dass die Begeisterung für die stets als schwer empfundene Arbeit des Schreibens verflogen sei. Und er wolle über Bücher auch nicht mehr sprechen: „After that, I decided that I was done with fiction.“

Quelle: Der Standard: Philip Roth zieht sich vom Schreiben zurück.

Darum: Ich sollte alle Bücher wegwerfen, die ich noch besitze. Vor allem Dostojevskij. Aber wie ist das mit Henry Miller? Muss der auch weg?

Eins zwei drei vier fünf Schreibkrisen in Zahlen.

Ich habe 134 Romanversionen in meinem Archiv – denn in unregelmäßigen Abständen kopiere ich den aktuellen Arbeitsstand in ein neues Verzeichnis meines Archivs. Der Grund ist, dass mir nichts verloren geht, was ich einmal getippt habe.

Das ist natürlich ein Fundus für Analysen. Hier nun eine quantitative Auswertung. Die Anzahl der Zeichen (inklusive Leerzeichen) der Romanversionen, verteilt entlang der Zeitachse. 134 Datenpunkte.

Fünf Schreibkrisen lassen sich da gut ablesen. (Als Schreibkrise benenne ich eine Erkenntnis, die mich dazu bringt, dass ich den bisherigen Text großteils verwerfe.)

Anfänglich ist die Kurve recht flach, bleibt lange unter der 200.000er-Marke: Das Projekt hebt einfach nicht ab. Im Juni 2009 (3) entschließe ich mich, den Roman doch nicht Teil einer Trilogie sein zu lassen. Damit werde ich ein großes Hemmnis los. Der Roman ist nun klarer, die Komplexität beherrschbar.

Die Ursachen und Auswirkungen der Schreibkrise von Mai 2010 (4) sind im Blog gut dokumentiert (Habe eben nachgeschaut, wie es mir damals gegangen ist. Ist irgendwie beeindruckend, dass sich in der obigen Kurve meine persönliche Stimmung dieser Zeit widerspiegelt.)

Die Krise von Jänner 2011 (5) hat sich ebenfalls in Blogbeiträgen manifestiert – da musste ich massiv einkürzen.

Gut zu sehen in der Grafik ist auch, wie nach jeder Schreibkrise die Erholung massiver einsetzt als in der Krise zuvor. Daraus meine Schlussfolgerung: Eine Schreibkrise verschafft dem Autor Klarheit.

Jeden vierten Tag gegen die Mauer krachen

Ceridwen Dovey antwortet auf die Frage: „How do you get past writer’s block?“

So I often actually find it’s pretty predictable if I’m writing regularly, every fourth day I hit a wall.

I just have to leave it for a couple of days and then crawl back to it after that.

Das Transkript zum Video findest du hier.

Sehr schnelles Schreiben.

I write very fast, and I write in great volume. Big and fast is really the way I write, mostly because I wanna get to . . . through the arc as fast as possible.

I’ll try to get to the end as fast as possible. And then I’ll spend the next few months or the next few years editing.

And just keep going and not take the whole process too seriously.

And I also don’t believe in writing every day. I think that’s what creates writer’s block – this feeling that you must write every day.

Das Transkript des Videos mit Porochista Khakpour findest du hier.

Californication oder: Henry Miller bloggt

Californication handelt vom erfolgreichen, aber unproduktiven Schriftsteller Hank Moody. Berühmt wurde er durch die Verfilmung seines Buchs (Das Buch trug den Titel God hates us all, die Verfilmung hieß – zu Hanks Ärgernis – A Crazy Little Thing Called Love).

Am Ende der ersten Episode tippt Hank das Wort Fuck in den Computer – mit diesem Wort findet er den Weg aus seiner Schreibkrise. Denn er nimmt einen Job als Blogger an, und darin ist er erfolgreich. Wie dieses Interview zeigt.

Ein Vorbild? Jedenfalls, was die Sprach- und Internetkritik angeht, die er in diesem Video an den Tag legt. Und Henry Miller habe ich ohnehin in ihm wiedererkannt.

https://www.youtube.com/watch?v=GAzuFLsH0dU

(Californication, Staffel 1, Episode 5)

Das Fernsehen interviewt meinen Blog (Teil 4: Bonusmaterial)

Ein kurzes Web-Video mit Antworten, das das TV-Team gut fand, jedoch aus Zeitmangel nicht senden konnte. Quelle: we.blog – Thomas Wollinger – Deleted Scenes

Ich kann mich in jedem Moment für das Schreiben entscheiden.

Dies ist meine Affirmation für jene Autoren, die sagen, sie können jetzt nicht schreiben (zu denen gehöre auch ich, manchmal).

Jetzt also schreibst du nicht? Das mag so sein, ist jedoch kein Grund, im nächsten Moment nicht zu schreiben.

Rückschau: Wie ich in einer Schreibkrise funktioniere

Da gibt es ein Muster, das mich mein literarisches Leben begleitet. Es hat damit zu tun, dass in mir eine Stimme sitzt, die sagt: du kannst nicht schreiben. Kommt dann ein negatives Feedback, fühlt sich die Stimme bestätigt. Die Folge: Schreibkrise.

Doch ist die Krise erst einmal offiziell ausgerufen, übernimmt in mir der Textarbeiter die Führung. Da gibt es keine Zweifel mehr. Dann gibt es nur noch Arbeit, die gut zu tun ist. Pläne werden umgestoßen, ich trenne mich vom bisherigem Text. Denn Qualität ist meine einzige Chance. Ich hole mir Hilfe, die ich brauche. Und wenn ich im konkreten Tun bin, dann schweigt die Stimme. Und wenn ich verstehe, was ich anders tun muss, um besser zu werden, dann bin ich mitten im Glücksgefühl, das mich in die Schreibnächte trägt.

Meine Stärken: hart arbeiten, am Thema dran bleiben, flexibel sein, immer bereit für den Neustart, und das wichtigste: alles der Qualität unterordnen.

Die Zwillinge: Schreibblockade und Schreibzwang

Bis zu diesem Blogeintrag hier und jetzt habe ich mich immer dagegen verwehrt, eine Schreibblockade zu haben. Denn ich sagte mir: Ich habe so viele Ideen! Es geht nicht darum, was ich schreiben soll, sondern bloß, wie ich es schreiben soll. Und soeben habe ich in Wikipedia nachgeschlagen. Und … uuups!

Eine Schreibblockade kann verschiedene unterschiedlich schwerwiegende Erscheinungsformen haben. Manchen Betroffenen fällt es nur schwer, einen Anfang zu finden, andere quälen sich Wort für Wort durch ihre Texte, während ihnen eine mündliche Wiedergabe des Inhalts nicht schwer fällt.

Besonders entlarvend, dass sie die Vermeidungstaktiken erwähnen. Insbesondere dass Recherche eine Flucht vor dem Schreiben ist! Wikipedia schaut mir mitten ins Herz:

Die Betroffenen neigen häufig dazu, sogenannte Vermeidungshandlungen durchzuführen, sich also mit derzeit weniger wichtigen Tätigkeiten abzulenken, wie exzessives Aufräumen, Sortieren oder Putzen. Auch das endlose Weitersammeln und Suchen von neuem Material kann eine solche Vermeidungstaktik sein.

Was nachher passiert? Aus den Tiefen schieße ich empor in windige Höhen – Wikipedia beschreibt auch jene Momente:

Das Gegenstück zur Schreibblockade ist der Schreibzwang oder die Schreibwut, eventuell können beide Phänomene aber auch gleichzeitig auftreten, wobei allerdings die Schreibblockade häufig im allgemeinen Rahmen auftritt, d. h. jeder kann eine erleiden, aber die anderen beiden genannten treten häufig nur bei schriftstellerisch Ambitionierten auf, welche es als Talent und nicht als Schwäche in dem Sinne erleben.

Talsohle durchschritten!

Gestern konnte ich nicht recht aufhören mit dem Schreiben. Denn wenn ich aufgestanden bin vom Schreibtisch, hat sich mir auf halbem Weg zum Badezimmer noch ein weiterer Satz aufgedrängt, der dann zum Absatzbeginn wurde. – Eigentlich wollte ich gestern früher schlafen gehen, um früh fit zu sein. Ist dann doch Mitternacht geworden.

Danke euch allen da draußen für euren Zuspruch!