»Du schreibst wie die Bilder vom Deix.«

Dieses Kompliment bekam nicht ich. Sondern meine Mutter. Für ihre Reiseberichte.

Kehrt meine Mutter von einer Reise zurück, schreibt sie einen Bericht. Sie schafft es, mit wenig Worten die Landschaft und vor allem die Menschen vorzuführen und die Schönheit und Lebendigkeit Eindrücke wirken zu lassen. Das hat ihr eine ungeduldig wartende Leserschaft beschert. Einmal ist ihr passiert, dass ihr jemand ihre eigenen Reiseberichte als Lektüre empfohlen hat, nicht wissend, dass sie die Autorin ist.

Im Sommer war sie in Skandinavien. Die Beschreibungen der Kirchen mit dem vielen Holz sind eine schreibhandwerklich Leistung. Kurioser Höhepunkt ist das Bocciaspiel gehbehinderter Pensionisten.

Beim Lesen ist mir die sprachliche Ähnlichkeit aufgefallen – Mutters Reise im Campingwagen hin zu finnischen Wäldern, Seen und Kirchen; mein Großvater im Lastkraftwagen durch russischen Schlamm und Minenfelder. Beide mit derselben Liebe zum fremden Land, beide mit dem tiefen Blick zum Detail, beide sparsam mit Worten und leicht in der Sprache.

Ich empfehle also

dorotheasreisen.wordpress.com (Meine Mutter auf Reisen)

und zum Vergleich

Vom Umgang mit Auto’s auf russischen Strassen (Mein Großvater in Russland 1943)

Meine literarischen Wurzeln

2008 habe ich entdeckt, woher mein literarisches Talent kommt – da fand ich diesen Text, der den Alltag eines deutschen Lastwagenfahrers an der Ostfront 1942 beschreibt.

Ich las den Text meiner Tante vor, ohne ihr seine Herkunft zu nennen – sie fand, ich (!) hätte ihn lebendig geschrieben und gut recherchiert; sie erinnerte mich, dass ihr Vater auch im Krieg in Russland gewesen war. Da sagte ich, dass der Text von ihm stammte. Sie war – wie man sich vorstellen kann – bewegt.

Diese drei Seiten sind das einzig Schriftliche, das ich von meinem Großvater habe. Ich habe sie eingescannt – hier als PDF. Mich berührt diese Liebe zum Land, zum Fahrzeug und dieses genaue Hinsehen.

Vom Umgang mit Auto’s auf russischen Strassen – Freigegeben 11. Dez. 1942

Eine zeitgemäße Betrachtung für den kommenden Winter.

Manchem Auto wurde an seiner stählernen Wiege nichts davon gesungen, daß es einmal bis an das rote Leder seiner Türverkleidung im schwarzen Schlamm des Ostens sitzen würde. Manch einem Fahrer bleibt der Fahrlehrer den Unterricht über den Verkehr auf den östlichen Hauptstrassen schuldig. Dennoch müssen Auto und Fahrer miteinander und beide mit diesen Strassen auskommen. Meine literarischen Wurzeln weiterlesen