Fischsärge. Recherchevideo.

Weil in der dunklen Schlussszene des Romans Fischstäbchen zubereitet und gegessen werden, habe ich letztens, als mein Patenkind bei mir zu Gast war, die Packung fotografiert und die Zubereitung gefilmt … ein wenig dunkel sind mir die Teile geworden, hatte sie zu früh ins nicht genügend heiße Fett getan.

Da ist das Wort „Fischsarg“ aufgetaucht.

110 Sekunden Recherche

Hört auf diese Türen! Die ihre klagenden Töne immer noch von sich geben, da sind die Schritte schon weit fort.

Und dieses Treppenhaus! Jede Treppe weit wie ein Versprechen, denn oben ist es hell, so lockt es mich hinauf, von einem Stockwerk ins nächste, und ich will weiter, obwohl die Stockwerke mit jedem Mal etwas niedriger werden und ich ahnen könnte, dass ganz oben eigentlich nichts ist.

Quizfrage: Wo recherchiere ich?

Recherche für eine Verfolgungsjagd

Schlussszene im Roman. Timon und der sechsjährige Dorian auf dem Wasserspielplatz der Donauinsel. Es ist Sommer. Und um die Beziehung der beiden und gleichzeitig die Topografie der Umgebung zu zeigen, gibt’s eine Verfolgungsjagd: Timon rennt Dorian hinterher, weil Dorian Timon mit einer Wasserpistole angespitzt hat.

Darum habe ich mich aufgemacht, den Spielplatz zu besuchen. Habe Fotos gemacht und den Ablauf der Verfolgungsjagd gefilmt.

Meist werden denn auch die Schüsse von vorn beobachtet

Eigentlich wollte ich nur etwas über den Blutverlust bei einem Rückenschuss recherchieren. Aber dann begegnete mir folgendes:

Meist werden denn auch die Schüsse von vorn beobachtet, die ganze Leibeslinie entlang, weil Schüsse in den Rücken nur bei fliehenden oder umzingelten Truppen in größerer Zahl angetroffen werden, falls nicht das zufällige Umwenden beim Avancieren dem Feinde den Rücken bietet.

Dieser Krieg wird, wie der von 1870, die Rückenschüsse äußerst selten sein lassen, dafür bürgt uns die tiefe, stille und zähe Entschlossenheit der Truppen, die wir alle eisern ernst in den Kampf ziehen sahen.

Quelle: Carl Ludwig Schleich: Aus Asklepios‘ Werkstatt – Kapitel 28: Heilkunst zu Felde, 1916

Der Weg des Raben

Dieses Buch hat der ehemalige Abt von Stift Melk, Burkhard Ellegast, geschrieben. Es handelt von seiner Lebens- und Glaubensweise, sprich, von seiner Interpretation der Regel des Hl. Benedikt (weil er ja ein Benediktiner ist).

Ich lese es gerade, weil ich in meinem Roman ein fiktives Benediktinerkloster habe und das Verhalten eines Abts eine wichtige Nebenhandlung bildet.

Diesen tollen Buchtipp verdanke ich Christiane, einer lieben Freundin, die von Burkhard Ellegast getraut wurde und mir von seinem Lebensmotto erzählte: „Mach es anders“.

Es sind schon erstaunliche Wege, wie das, worüber ich schreibe, zu mir findet.

Wie ich begann, einen Frauenroman zu schreiben

Als ich an der Archäologin zu arbeiten begann, zweifelte ich natürlich, ob ich als Mann aus der Sicht einer Frau schreiben konnte. Wusste ich denn, was man als Frau denn überhaupt so wollte? Der Kinderwunsch, die Sehnsucht nach Beziehung … was war es, was eine Frau – im Unterschied zum Mann – überhaupt interessierte?

Darum recherchierte ich. Und der erste Schritt in der Recherche war: ich kaufte mir im Supermarkt die maxima. Denn, „was Frauen wirklich interessiert, steht in der neuen maxima.“

Das Fernsehen interviewt meinen Blog (Teil 4: Bonusmaterial)

Ein kurzes Web-Video mit Antworten, das das TV-Team gut fand, jedoch aus Zeitmangel nicht senden konnte. Quelle: we.blog – Thomas Wollinger – Deleted Scenes

Beim Mittagessen einen Verkehrsunfall ändern

Neulich in der Kantine saß mir T. gegenüber. Er ist Sanitäter beim Roten Kreuz. Ich nutzte die Gelegenheit, um mit ihm einen Verkehrsunfall durchzubesprechen.

Mein Plan, mit dem Auto gegen einen blühenden Marillenbaum zu fahren, gibt zwar ein schönes Bild (zartrosa Blüten fallen wie Schnee auf die verbogene Motorhaube), passt aber nicht zu Timons Verletzung,die ich später brauche (Schädeltrauma mit Amnesie ohne weiterer Symptome).

Also: Kein Marillenbaum kaputtfahren. Daher auch kein Wrack, daher auch nicht sie Szene der Wrackbesichtigung. Und weil sein Auto intakt ist, muss mein Timon nicht mit dem Zug fahren (was passiert dann mit den Zugfahrszenen?)

Hey! eine Idee: Mein Timon hat gar kein Auto! So wie ich. (Klar, Thomas, schöpfe doch aus dem Autobiografischen, mach‘ es dir leicht! Dann passt alles zusammen. Hinweis des Schreibministers: Denken kann Ihnen Kürzen ersparen.)

Danke Blog, soeben hast du mir wieder geholfen.

Ertappt: meinen fiktiven Ortsnamen gibt’s doch

Und ich dachte, „Kronstein“, das geografische Zentrum meines Romans, sei meine Erfindung… nun, Anni Bürkl hat mich eines besseren belehrt, danke! Da werde ich mir nun anderen Namen überlegen müssen, Schad, hab mich schon an ihn gewöhnt. :-)

Das kommt davon, dass ich nicht gut recherchiert habe…


Größere Kartenansicht

Hab mich nun für „Friedstatt“ entschieden. (In Anlehnung an Wallensteins Friedland – schließlich wurde das Krankenhaus in meinem Roman 1637 von einem Offizier und Mörder Wallensteins gestiftet, finanziert aus dem Vermögen des Ermordeten.)

Drei Jahre lang Frühling

Seit 2007 schreibe ich meinem Roman. Die Geschichte beginnt im Frühling, rund um die Marillenblüte. Die Wachau wirkt noch recht winterlich, obwohl es an manchen Tagen recht warm ist und die Sonne ganz schön zu blenden vermag.

Ich habe etliche Wanderungen rund um Dürnstein gemacht (der Ort ist das Vorbild für mein fiktives Kronstein). Ich habe hunderte Fotos geschossen: Kirche, Straßen, Häuerfronten, Ausblicke, Waldwege. Auch Baumpilze und den Aushang des Tennisklubs von Dürnstein. Langweilige Fotos, aber kein Detail darf mir entgleiten. Für denn Fall, dass ich mir daheim beim Schreiben Fragen stelle, wie zum Beispiel: Aus wie vielen Brettern sind die alten Tore gezimmert? Wie sieht die Fassade der barocken Gebäude aus? Wie ist der Weg beschaffen, der zur Ruine führt? Wie sehen die Terrassen der Weingärten aus?

Ich habe auch Wälder und Hügel fotografiert, in Tagesabständen, um die Geschwindigkeit des Frühlings zu vermessen. Damit ich alles parat habe. Für die Winternächte, an denen ich Frühlingsszenen schreibe.

Deshalb also lebe ich seit 2007 im Frühling. Ich rechne damit, dass ich diesen Herbst den Sommer erreichen werde. Der dann ein Jahr andauern wird.

Hier ein paar Dürnsteiner Recherche-Fotos vom 1. April 2009:

Das Sterben recherchieren oder: Ganz nahe am Leben

Palliativsymposium - Reigentanz
Reigentanz

Dieses Foto ist auf dem Symposium im März 2009 entstanden. Thema war Palliativpflege von Kindern und Jugendlichen. Das Foto entstand, als uns Veronika Wartmann einen Reigentanz zeigte – Tanz als Bewältigung von Trauer. Wie man sieht, war ich der einzige männliche Teilnehmer – die anderen waren Krankenschwestern.

(Ich hatte schon vorher Tote gesehen – in gerichtsmedizinischen Vorlesungen: Selbstmörder, Verbrennungsopfer, Mordopfer, mumifizierte Leichen. Am Tiefsten der Eindruck eines 12jährigen. Erwürgt, um seiner Großmutter das Sparbuch zu stehlen. Er hatte eine fingerbreite Naht vom Bauch bis zum Hals: so war sein Körper nach der Obduktion geschlossen worden.)

Auf dem Symposium dann diese Fotos. Von einem toten Baby. Seine Eltern, die es zum letzten Mal waschen. Die Mutter, so wurde uns erzählt, stieß versehentlich sein Köpfchen gegen den Beckenrand und sagte „Entschuldige“.

Das Symposium trug den Titel: „Wenn du dich getröstet hast, wirst du froh sein, mich gekannt zu haben.“

Ein Herz oder: Was mir beim Recherchieren so begegnet

Patient mit Berlin Heart
Berlin Heart

Das Berlin Heart ist ein Apparat, der wie ein Herz funktioniert und ein Überleben bis zur Transplanation ermöglicht.

Dabei ragen dem Patienten 4 dicke Schläuche aus dem Bauch – wochenlang, monatelang, bis ein passendes Spenderherz verfügbar ist. Mobilität ist insofern gegeben, als man den Apparat auf Rollen herumschieben kann.

Eine Innsbrucker Krankenschwester gab mir ihre Diplomarbeit über das Berlin Heart (Danke!). Der junge Patient auf dem Foto meinte: „Nicht jeder hat ein Herz, auf das man sich lehnen kann!“

Angelika in meinem Roman wird kein Berlin Heart benötigen, ihr Herz geht nicht so schnell kaputt.

Mein Schreiben ist Wendeltreppe

Weitgefächert sind die Folgen meiner Recherche in Innsbruck:  Die Krankengeschichte der 12jährigen Angelika werde ich vereinfachen, sie wird nun doch noch in die Schule gehen können. Vor allen anderen ahnt sie, dass sie der Tod bei seinem zweiten Anlauf erwischen wird (Sie hatte eine Chemotherapie als Vierjährige, und nun treten die Herzprobleme auf, wegen Rubidomyzin – ein Chemotherapeutikum, das man wegen ebendieser Nebenwirkung seit 2000 nicht mehr einsetzt).

Die größte Änderung: Angelika trifft ihre Entscheidung gegen die rettende Herztransplantation (HTX) im Beisein meines Protagonisten (im Unterscheid zu früheren Fassungen, wo sie sich schon vor Romanbeginn kundgetan hatte).

Resultierende Arbeiten:  Alle Textstellen adaptieren, in denen Angelika vorkommt. Weitere Textstellen schreiben, in denen der Protagonist das Ringen der Familie um Angelika erlebt. (WOW! Das ist spannend für mich.)

Also zurück an den Start?

Nein! Vielmehr bin ich die Wendeltreppe ein ganzes Stockwerk höher gestiegen. Wer eine Wendeltreppe bloß im Grundriss kennt, für den ist natürlich ein Im–Kreis–Gehen. Für mich ist es ein Turm. Ein hoher Turm. Wenn ich wieder einmal an einer Fensternische stehenbleibe und hinaussehe, ist die Landschaft draußen eine Spur weiter geworden, und ich sehe Dinge, wie sie nur wenigen Menschen zu sehen vergönnt sind.