An Grenzen gehen und Kritik aushalten: Es braucht keinen Konsens

Bei allem, was über Literatur gesagt wird, gehe ich davon aus, dass auch das Gegenteil wahr sein kann. Darum ist es auch valide zu behaupten, dass dieser Satz unwahr ist.

Für mich braucht es keinen Konsens, wenn über Literatur gesprochen wird. Im Gegenteil, die Vielfalt der Meinungen ist wichtig, ebenso der Dissens.

Meinungsverschiedenheit über ein Kunstwerk zeigt, dass das Werk neu, vielfältig und bedeutend ist. Wenn die Kritiker uneins sind, ist der Künstler einig mit sich selbst.

Oscar Wilde

Zweifel ist der Ursprung der Weisheit

René Descartes

Ich missbillige, was du sagst, aber würde bis auf den Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.

Evelyn Beatrice Hall

Literatur spiegelt den Leser

Den Beschauer und nicht das Leben spiegelt die Kunst in Wahrheit.

(Oscar Wilde)

Probier es aus! Schreib eine einfache Geschichte. Lass sie von deinen Lesern nacherzählen. Wie viele unterschiedliche Geschichten hörst du? Und alle haben etwas mit dem Leser zu tun, mit seinen Interessen, seinen Themen, seiner Lebenssituation.

Ich behaupte:

Jeder Leser liest nur das heraus, was in ihm drinnen steckt.

Jeder Leser liest nur das heraus, was er wahrhaben möchte.

Heute schreibe ich nichts

(oder: Nichtschreiben als Teil des literarischen Prozesses)

Habe das Herumhirnen satt. Mich in ein herzkrankes Mädchen hineinversetzen, oder in Frauen, die ohne Väter aufwachsen und darum wahllos Männerbekanntschaften habe oder in einen Typen, dem seine Freundin verbrannt ist oder in eine Quasiheilige, die vor soundsovielen Jahrhunderten ein Spital gründet hat … ich sag’s euch, Leute, das ist manchmal anstrengend.

Lieber heute gar nicht!

Lieber Leben genießen. Hirn ruhen lassen. Denn:

Laster und Tugend sind für den Künstler Material einer Kunst.

(Oscar Wilde im Vorwort zu Dorian Gray)