Ringen um Struktur und Einstieg.

Ich könnte nun beginnen, eine Struktur für den Roman zu erfinden. Und würde dann, nach viel Umhertun und Streichen doch bei den Prinzipien ankommen, die sich bewährt haben.

Andererseits könnte ich gleich mit Bewährtem beginnen.

Es ist ja alles da! Ich habe ja schon so vieles über das Schreiben gelesen! Ich meine die mythologischen Grundmuster. Ich meine die Odyssee des Drehbuchschreibers von Christopher Vogler. Demnach ist der Einstieg die gewohnte Welt des Helden. Bevor ihn der Ruf des Abenteuers ereilt. Der Ruf des Abenteuers bringt den Helden aus seiner Bequemlichkeit heraus.

Lese mich mal wieder ein. Ab Seite 159.

Disclaimer: Ich habe sehr wohl die Handlung vor mir und die Entwicklung des Romanhelden. Aber die Ausformungen der Handlung habe ich nicht. Die Ausrichtungen der Szenen/Phasen ebenso nicht. Und dafür suche ich Muster.

Ein verfahrenes Projekt sucht sein Ende

Hier das Beispiel der wiederholten Überarbeitung ein und desselben Stoffs.

Die Dreharbeiten von „Apokalypse Now“ liefen schon seit Monaten aus dem Ruder, der Hauptdarsteller hatte einen Herzinfarkt, das Budget war gesprengt, das Drehbuch orientierungslos. In dieser Situation wurde Drehbuchautor John Milius gerufen, um das alles noch hinzubiegen.

Beachte die handschriftlichen Überarbeitungen des Drehbuchs an den Beginn des Videos – da soll einer sagen, ich würde viel überarbeiten *gg*

Der Archetyp „Gestaltwandler“ (2)

Die Gestaltwandlerin ist ein sehr dynamischer Teil meines Romans. Während die Schwellenhüter statisch dastehen und ihre Rätsel vom Helden zu überwinden sind, ist die Gestaltwandlerin zwar immer da, aber immer anders. Dieses Andere ist sie bloß im und durch den Blick des Helden – sie spiegelt ihn. Er ist es, der sie stets aufs Neue zu etwas anderem macht.

Quelle: Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers (The Writer’s Journey), Zweitausendeins Frankfurt a.M., 1998

Der Archetyp „Gestaltwandler“ (1)

Warum fasziniert mich der Gestaltwandler so? Wegen meiner Vergangenheit. Ambivalenz macht mir Angst und weckt Neugier. Ich will näher hin, um genauer zu sehen, und verliere mich, den Überblick verlierend. Ich weiche zurück, und meine Blicke sind wieder bei ihm. Ich will wissen, warum der Gestaltwandler so ist und scheitere eben deshalb, weil es mit dem Verstand nicht erfassbar ist.

Was einen Menschen zur Gestaltwandlerin macht, ist in meinem Roman ihre enge Beziehung zum Helden. Diese Enge löst das Vielfältige und Widersprüchliche aus.

Quelle: Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers (The Writer’s Journey), Zweitausendeins Frankfurt a.M., 1998

Ich arbeite an einem Konflikt

Denktag. Draußen Sonne. Drinnen im Schreibraum ist es warm und hell und ich höre Musik (Soundtrack von alten James-Bond-Filmen).

Ich habe keine Termine. Ich habe alles bereitet. Ich kann denken. Denn da ist etwas Großes, das muss ich auflösen. Vielleicht das letzte große.

Da gibt es 2 Charaktere, deren Beziehung/Vorgeschichte irgendwie noch unklar ist. Es sind zwei verbissene Gegner. Ihre Beziehung muss eng sein, und ich denke an Jahrzehnte gegenseitigen Bekämpfens und Nicht-loslassen-könnens. Ich denke an Liebe und Beschützenwollen. Quasi das Schlimmste: Zwei Menschen, wo jeder nur das Beste will. Aber für jeden ist das Beste etwas anderes.

Seit Anfang Jänner Monat also bin ich also in der Strukturierungsarbeit. Ich habe den ersten Akt mehr oder weniger beendet, sprich, die Ankunft des Helden und das Kennenlernen seiner neuen Umgebung („mehr oder weniger“ heißt, ich muss den 1. Akt noch einmal umschreiben, weil mir ja zu Beginn einiges noch unklar war – aber ich bin es ja gewöhnt, dieses Umschreiben). Ich habe nun schon eine Struktur für das Nachfolgende. Aber eben noch nicht alle losen Enden verknüpft.

Was mir bei diesen Überlegungen geholfen hat, war das Verständnis von „Krise“ und „Klimax“. Und mir geht es jetzt um den Klimax, sprich, um die letzte, entscheidende Krise.

Christopher Vogler illustriert dies mit folgendem Diagramm (wobei ich die Y-Achse nicht benennen könnte):

In meinem Roman nimmt der 1. Akt wohl die Hälfte des Volumens ein.

Der Archetyp “Schwellenhüter”

Das erste große Erlebnis aus der „Odyssee des Drehbuchschreibers“ war mir der Schwellenhüter. Weil ich begriffen habe, dass viele gute Geschichten davon leben, dass sich der Held an den Schwellenhütern reibt. Dass diese Konflikte so vieles offenbaren, über den Helden, über seine Umwelt, über die Geheimnisse, die noch warten.

Genießt also folgendes Kapitel …

Quelle: Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers (The Writer’s Journey), Zweitausendeins Frankfurt a.M., 1998

Einsamkeit. Konzentration. Welten erschaffen.

Wir (Autoren) reisen nicht nur in andere Welten, wir erschaffen diese Welten sogar.

Wenn wir schreiben, begeben wir uns wirklich auf eine Reise in die Welten unserer Vorstellungskraft. Wer schon ernsthaft einen Schreibversuch unternommen hat, der weiß, dass wir aus diesem Grunde Einsamkeit und Konzentration brauchen.

(Quelle: Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers (The Writer’s Journey), Zweitausendeins Frankfurt a.M., 1998. Seite 462ff)

Schreiben ist Magie

Schreiben ist Magie.

Selbst dem unscheinbarsten Akt des Schreibens wohnt etwas beinahe Übernatürliches inne; er grenzt an das Phänomen der Telepathie. Stellen Sie sich das Schreiben einmal so vor: Da bringen wir einige abstrakte Zeichen in einer gewissen Ordnung zu Papier, und tausend Jahre später und Welten entfernt vermag jemand anderes daraus unsere geheimsten Gedanken zu lesen. Im Schreiben können wir Grenzen von Zeit und Raum, ja selbst die Grenze des Todes überwinden. […]

Die magische Bedeutung hat sich im Doppelsinn des englischen Worts spell („buchstabieren“, aber auch „Bann, Zauberspruch“) erhalten: Wer die einzelnen Zeichen eines Worts in die rechte Reihenfolge bringen kann, verfügt damit über eine magische Fähigkeit – eine Aneinanderreihung abstrakter und willkürlicher Symbole mit Bedeutung aufzuladen.

(Quelle: Christopher Vogler: Die Odyssee des Drehbuchschreibers (The Writer’s Journey), Zweitausendeins Frankfurt a.M., 1998. Seite 461)

Heldenreise mit Post-Its auf Esstisch

Ich restrukturiere gerade den Plot.

Ab dem zweiten Foto arbeite ich mit den Archtetypen aus dem Masterplot Quest (=Heldenreise). In meinem Plot gibt es viele Schwellenhüter, das ist mir klar geworden. Das ist auch gut so, denn jeder hütet etwas, ein Geheimnis, das mein Protagonist lüften muss, um weiter zu kommen. Diese Geheimnisse sind meist mit einer persönlichen Schwäche des Schwellenhüters verbunden. So lernt mein Protagonist das Umfeld kennen – was ja auch das Ziel des 1. Romanteils ist.

Im dritten Foto, das blaue Kabel, das ist die Zäsur von 1. zum 2. Romanteil (den 2. Teil strukturiere ich noch nicht).

Im vierten Foto – wenn man lange genug und konzentriert schaut – ist ein Kind zu zu erkennen.