Erika schweigt und nickt und in ihr keimt eine kleine, wärmende Verbundenheit zu diesem alten Mann, der ihr Vater ist.
(Letztens in der Archäologin gestöbert, und dieser Satz ist mir haften geblieben.)
Erika schweigt und nickt und in ihr keimt eine kleine, wärmende Verbundenheit zu diesem alten Mann, der ihr Vater ist.
(Letztens in der Archäologin gestöbert, und dieser Satz ist mir haften geblieben.)
Habe eine – für mich neue – Rezension von Die Archäologin gefunden. Das ist ein bisschen so, als würde Erika, die Archäologin, mir sagen: „Hast mich eh nicht vergessen?“
Nein, Erika, das habe ich nicht. Ist schon 10 Jahre her, aber ich vergesse dich nicht. Du bist mir immer noch nahe und zugleich verstehe ich dich immer noch nicht. Darin liegt wohl die Spannung unserer Beziehung. Ich werde wieder über dich schreiben, einen zweiten Roman rund um dein Leben machen. Versprochen.
Hier findest du die Rezension. Sie beginnt folgendermaßen:
Hmmm. Schon wieder ein Buch, das viel will, viele Handlungselemente enthält.
Ja, kleine Ziele waren nie meines. Zudem entstammt das Buch aus einer Zeit, in der ich mein Geschriebenes bis auf die Knochen runterkürzte – weil ich meinen Worten misstraute und ich mir darum dachte: je weniger Worte, desto weniger angreifbar bin ich. Darum wohl ist der Roman so dicht geworden.
Mai 2000. Ich steckte tief in den Arbeiten zur Archäologin. Meine wichtigste Quelle war die erwähnte Anthologie, wo die Skelette der ermordeten Familie anthropologisch und archäologisch aufgearbeitet wurden. Und plötzlich, in meinem Caféhaus, tat sich mir etwas auf. In einer Tageszeitung:
Man braucht sich nur auf den Straßen umschauen. Wenn die Zuwanderung weitergeht, werden die Blonden bei uns in der nächsten Generation verschwinden.
Univ. Prof. Johann Szilvássy, Anthropologe. Zitiert im Kurier 11. Mai 2000
Szilvássy? Der Name kam mir gekannt vor … und ich schaute noch einmal auf das Cover der Anthologie. Szilvássy war einer der vier Autoren. Er leitete die antropologische Aufarbeitung der Skelette. Ja, so kommen sie zu mir, die Romanpersonen und die großen Zusammenhänge. Ganz von selbst.
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Dieses Buch war während meiner Arbeit an der Archäologin meine meistgelesene Quelle. Darum wirkt es auch so zerfallen. Es beinhaltet alles, was über diese Skelette herausgefunden wurde. Wie zum Beispiel das Alter der Toten:
Mann, 30 Jahre.
Frau, 45 Jahre
Frau, 40 Jahre
Bub, 3 Jahre
Bub, 8 Jahre
Bub, 6 Jahre
Mädchen, 9 Jahre
Wie zum Beispiel die Tatsache, dass alle Kinder die 45jähre zur Mutter und den 30jährigen zum Vater haben. Die Frau war demnach eine Spätgebärende, in einer Zeit, als die Menschen im Durchschnitt dreißig wurden. In einer Zeit, die üblicherweise keine Skelette hinterließ. Sie starben gleichzeitig, Opfer eines großen Gemetzels. Die Bilder der Skelette geben Details preis.
Manche Ideen begleiten mich seit der Kindheit.
Etwa diese Skelette. Ich stand an der Grube, sieben war ich damals. Ich schaute hinab und sah Schädel und Knochen. (Meine kleine Schwester warf einen Stein hinab, und die umstehenden Archäologen nahmen ihr das übel. Damit endete wohl das weitere Interesse meiner Schwester für Archäologie.)
Der Zeitungsartikel wurde geschrieben, da wusste noch keiner, dass die ältere Frau die Mutter all der toten Kinder war. Und dass der Mann, dem der Kopf davongerollt war, ihr Mann war und dass er fünfzehn Jahre jünger war als seine Frau.
Und die Skelette? Die kann jeder ansehen. Sie liegen im Naturhistorisches Museum Saal XII (Bronzezeit)
Wenn draußen einer ist, der Freude mit dem hat, was ich schreibe, dann freut mich das schon. Das macht viel Mühe wieder wett.
2005. In meinem Postkasten ein Paket, darin ein Exemplar von Die Archäologin. Mein erster Gedanke: Jemandem hat mein Roman nicht gefallen, der schickt ihn mir zurück! Aber da ist noch ein Brief …