Habe mich gestern mit B. getroffen. Ich erzählte von der zähen Arbeit an meinem Roman, und er meinte dazu:
Es ist aufwändig, sich eine konsistente Lüge auszudenken
Ein Roman ist eine Lüge? Stimmt, eigentlich.
Habe mich gestern mit B. getroffen. Ich erzählte von der zähen Arbeit an meinem Roman, und er meinte dazu:
Es ist aufwändig, sich eine konsistente Lüge auszudenken
Ein Roman ist eine Lüge? Stimmt, eigentlich.
Es gibt Autoren, die reden über das, woran sie gerade arbeiten.
Es gibt Autoren, die tauschen sich nicht/kaum aus, über das, was noch nicht vollendet ist.
Zum Beispiel vorgestern. Literaturhaus, Podiumsdiskussion zum Thema Schreibprozess. Zwei Autorinnen, zwei Ansätze…
Michaela Falkner redet nicht über ein Werk, wenn es noch im entstehen ist. Alles macht sie mit sich selbst aus. Als sei das unvollendete Werk noch so fragil, dass ein vorzeitiges Besprechen alles zerstören könnte.
Verena Rossbacher hingegen redet gern über ihr laufendes Romanprojekt – durch das Besprechen des Werks verändert es sich. Sie sucht den Austausch. (Ihr literarischer Werdegang begann in der Schreibschule Leibzig, und Schreibschulen setzen natürlich voraus, dass die Teilnehmenden sich mit den Lehrenden und den Kolleginnen austauschen.)
15:00 bis 23:45. GRAUKO-Treffen in Graz. Anfangs Organisatorisches wie die Planung des kommenden Jahres (Lesungen, Treffen). Die literarische Arbeit beginnt mit einer thrillerhaften Kurzgeschichte (bald ist sie auf www.grauko.com zu lesen). Als nächstes widmen wir uns einer Kurzgeschichte und danach einem Roman. Die Autorin liest eine Textprobe, und nach dem Feedback überarbeiten gemeinsam die Handlung und die Personen – wir können einiges vereinfachen und den Roman von unnötigen Nebensträngen befreien. Wir reden und essen und trinken und malen mit Kreide die wichtigsten Zusammenhänge auf eine Tafel.
Danach arbeiten wir an meinem Roman. Ich trage eine konkrete Frage an das Kollektiv: Wenn eine Frau ohne Vater aufwächst, was ist dann anders? Wie sehen ihre Beziehungen aus? Die Beziehung zur Mutter, zu den Männern? Was fehlt ihr? Wie äußert sich das? Ich notiere alles in meiner Mindmap „Offene Punkte“. – Es ist so viel, das muss ich erst einmal ordnen, für mich: 1) Die Verhaltensmuster meinen Personen zuordnen, 2) mir die Auswirkung der Verhaltensmuster auf den Lebenslauf überlegen (Beruf, Reihenfolge von Beziehungen) und 3) die Auswirkungen auf den Alltag mit seinen Kleinigkeiten überlegen. Puh. Viel zu tun. Toller nächster Schritt.
Das Kollektiv GRAUKO ist seit 10 Jahren für mich die wichtigste Quelle von Anregungen und Feedback. Und Freundschaft – es ist viel Freundschaft gewachsen mit den Jahren.
Heute mit der Autorin I. telefoniert. Sie erzählt mir von ihren Zweifeln. Dass sie nicht gut genug sei, um ihren Roman fertigzubringen. Ich habe ihr gesagt, solche Gedanken sind normal für einen Schreibenden. Habe Elizabeth George erwähnt, die ihren Zweifeln in ihren Tagebüchern freien Lauf lässt. I. sagte, das sei tröstend. So haben wir uns gegenseitig aufgebaut und uns auf unser nächstes Zusammentreffen gefreut. Wo wir uns gegenseitig unsere Romane aufblättern werden.
Haben uns vier Stunden über das Schwierige und Langsame beim Schreiben ausgelassen, einander literarische Leiden geklagt, haben über Poetry Slams geredet, über künftige Lesungen, über Schreibwerkstätten und Schreibpädagogen. Und über rentsniks blog.
S. ist 19 Jahre alt. Sie hatte als zehnjährige eine Herztransplantation. Sie hilft mir bei der Recherche für Angelika in meinen Roman (Angelika ist ein 13jähriges Mädchen, die ihre Herztransplantation ablehnt). S. lässt mich an ihren Gedanken und Erfahrungen rund um das Thema Herz-TP teilhaben.
Mir scheint, Romanpersonen treten zu mir, mit Hilfe realer Menschen, um mir etwas über sich mitzuteilen.
Danke, S.!