Es kommt wieder,
aus dem lehmigen Löss fremder Kindheit,
die ich zu meiner mache,
begleitet von ermordeten Kindern aus dem Museum,
die ich zu meinen mache.
So ist es da und sind sie alle da,
und es ruft und sie alle rufen
damit ich aufstehe, aber ich!
Ich kann doch nur schreiben.
Und sehne mich nach Pinselstrichen,
will deine Farben haben,
für das, was in mir tobt.
Sehr gelungen schrieb Stephan Waldscheidt unlängst in schriftzeit:
Sie gehören auch zu den Autoren, die das Exposé zu Ihrem Roman erst schreiben, wenn es zu spät ist.
Ja, zu spät.
Das ist keine Frage, sondern eine statistische Erkenntnis aus meinen Beratungen, Workshops und Gutachten. Die meisten unerfahrenen Autoren […] beginnen ihren Roman ganz ohne Leitfaden. Ein Großteil der anderen hält eine Kurzzusammenfassung des Inhalts für eine gute Idee. Bricht dann aber mittendrin ab, weil der Schreibdrang zu groß wird, doch endlich richtig mit dem Projekt loszulegen. Für das Exposé bleibt ja später noch Zeit. Dann wird es vergessen, weil der Roman gerade so gut flutscht. Im Moment braucht man es offenbar noch nicht.
Diese Denke hat beinahe so viele Romane auf dem Gewissen wie das Internet und sonstige Schreib-Ausreden.
Ein Teil der Autoren bleibt irgendwann stecken und wünscht sich, vorher ein Exposé geschrieben zu haben. Die, die weiterschreiben bis zum Ende, scheinen besser dran. Ein Irrtum. Sie sind die eigentlich Leidtragenden. Denn steht ein Roman erst einmal in seiner vollen, vierhundertsechsundachtzig Normseiten prallen Pracht auf dem Papier, sorgt er für eine der gefährlichsten Illusionen im Autorendasein: die Fertige-Roman-Illusion.
Als Beispiel zwei Korrekturen desselben Manuskriptteils. Es gibt Fehler, die beide Leserinnen gefunden haben. Aber es gibt es Fehler, die die jeweils andere Leserin nicht aufgespürt hat. Ich hatte insgesamt 6 Korrekturlesende bei meinem Roman, und jede(r) hat Fehler gefunden, die andere nicht gefunden haben.
Hmm. Das bedeutet: es werden noch jede Menge übrig sein.
Write freely and as rapidly as possible and throw the whole thing on paper.
Never correct or rewrite until the whole thing is down.
Rewrite in process is usually found to be an excuse for not going on. It also interferes with flow and rhythm which can only come from a kind of unconscious association with the material.
Ich befinde mich davor, vor dem nächsten großen Schreibakt, der meine kommende Lebenszeit ausformen wird. Ich schmelze Worte und Gefühle und schmiede aus ihnen das, was meine kommende Sprache sein wird.
Und meine Finger! Ich fotografiere sie, wie sie nach Botschaften tasten, in diesen Texten der ganz Großen.
(Herbert Zand: Roman der Eingekesselten. Seite 30.)
Ich habe schon viele Romanprojekte untergehen gesehen. Etwa in der Klasse der Leondinger Akademie für Literatur, Jahrgang 2006: Von 10 Romanprojekten, die damals von Gustav Ernst betreut wurden, ist bislang eines veröffentlicht worden.
If there is a magic in story writing, and I am convinced there is, no one has ever been able to reduce it to a recipe that can be passed from one person to another.
The formula seems to lie solely in the aching urge of the writer to convey something he feels important to the reader.
If the writer has that urge, he may sometimes, but by no means always, find the way to do it. You must perceive the excellence that makes a good story good or the errors that makes a bad story. For a bad story is only an ineffective story.
Dieser Blog hier ist primär für mich, aber wenn es dort draußen, außerhalb meines Schreibraums, ein paar Menschen gibt, die den Blog begleiten, dann ist das zusätzlicher, wunderbarer Auftrieb.
wunderschön. lässt du uns weiter dein wortehimmel sein? die asche die du hier in den www-wind verstreust lässt auch meine gedanken wachsen. ich verstehe – der weg muss geschrieben werden – und lohnt sich – für die worte, die im prozess entstehen, aber ohne ihn doch alles sagen, was es zu sagen gibt. schreiben schreiben schreiben schreiben. sagen. kennst du das wie schön es ist wenn jemand etwas endlich in worte fasst, was du schon oft erlebt hast und nicht im stande warst bewusst zu begreifen? danke Thomas
Schreibtipps widersprechen einander. Gutes Beispiel sind die Schreibtipps auf Twitter. Wie etwa …
Bringen Sie in jeden Ihrer Romanhelden Facetten Ihrer eigenen Persönlichkeit ein – das erleichtert zudem die Identifikation. (Quelle)
„Schreibe über das, was du kennst“ ist kein guter Rat. Besser wäre: „Recherchiere vor dem Schreiben, was du noch nicht kennst.“ (Quelle)
Das widerspricht sich doch – soll ich nun autobiografisch sein oder doch lieber Fremdes recherchieren?
Frage: Was ist nun wahr?
Antwort: Beides.
Mir tut es beispielsweise gut, aus dem autobiografischen zu schöpfen, weil es meine Arbeit erleichtert. Manchmal. Und manchmal arbeite ich mich wie ein Verrückter in fremde Persönlichkeiten ein, weil es meine Arbeit bereichert.
Frage: Macht es denn dann noch Sinn, dass Schreibgurus irgendwelche Aussagen treffen?
Antwort: Klar. Die Aussagen haben Gültigkeit. Die Glaubwürdigkeit der Gurus nimmt zu, wenn sie sagen, unter welchen Bedingungen die Aussagen zutreffen. Und für wen.
Frage: Was ist also nötig?
Antwort: Sich die Unterschiedlichkeit der Schreibenden genau anzusehen, für die Schreibtipps abgegeben werden.
Dieser Imperativ stammt von Julian Schutting. Er sagte das 1999, bei einer Eröffnungsrede der Schule für Dichtung, als eine Vorrednerin gemeint hatte, man müsse „lesen, lesen und nochmals lesen“, um gut schreiben zu können, und er meinte, man müsse nicht.
Popper schlägt stattdessen vor, dass Theorien (abstrakt betrachtet) frei erfunden werden dürfen. Im Nachhinein werden dann Experimente angestellt, deren Ausgang als Basissätze konventionell festgelegt werden. Durch diese Basissätze können dann die Theorien widerlegt (falsifiziert) werden, wenn die Folgerungen, die aus ihnen deduziert werden, sich im Experiment nicht bestätigen.
In einem evolutionsartigen Selektionsprozess setzen sich so diejenigen Theorien durch, deren Widerlegung misslingt.
Wenn ich also etwas über das Schreiben aussage, dann meine ich das aus meiner Erfahrung heraus. Solange sich meine Aussage (mein Imperativ) bei einigen Schreibenden bewährt, ist es gut. Werde ich widerlegt, dann freut mich das, heißt es doch, dass sich jemand mit meinen Gedanken auseinandersetzt.