Ende August

Ende August,
indem du ihm
ins linke Auge schießt,
neben seinen beiden Kälbern,
du weißt schon, die, über die
unser August diese verliebten
Gedichte geschrieben hat,
in der Fleischerzeitung.

 


Entstanden im Rahmen der Langschlager Lyrik-Schreibwerkstatt mit Evelyn Schlag. 29.8.2011. Die Aufgabe lautete, ein Gedicht zu schreiben, das mit »Ende August« anfängt oder endet. Zudem ist es eine Paraphrase auf

Abgezählt

Der Tag, an dem du
ohne Schuhe ins Eis kamst,
der Tag, an dem
die beiden Kälber
zum Schlachten getrieben wurden,
der Tag, an dem ich
mir das linke Auge durchschoß,
aber nicht mehr,
der Tag, an dem in der Fleischerzeitung stand,
das Leben geht weiter,
der Tag, an dem es weiterging.

Ilse Aichinger (Quelle)

rede

          Du bist so ein
Arschloch,
          so ein großes – nein, ein kleines
Arschloch,
          du bist so ein winziges, beschissenes
Arschloch,
          du bist so winzig, dass du nicht einmal ein
Arschloch
          hast, weil bei jedem Stückchen Scheiße würde dein
Arschloch
          aufreißen. Aber das allergrößte
Arschloch
          bin ich, weil ich überhaupt noch mit dir
rede.

 


Entstanden im Rahmen der Langschlager Lyrik-Schreibwerkstatt mit Evelyn Schlag. 29.8.2011. Die Aufgabe lautete, ein Gedicht mit einer Anapher (Wiederholung) zu schreiben oder ein Gedicht über etwas Winziges.

Schreibanfänge und das Würfelreich. Kuno Kosmos im Interview.

Über das Beschreiben dieses Würfelreichs in allen möglichen Aspekten und das Verfassen dieses Monsterwerkes Panta Cubo – es ist ja nicht fertig geworden ist, es hätten ja 12 Bücher werden sollen – bin ich wieder zum Schreiben gekommen und habe mir eine gewisse Schreibroutine angeeignet, die es mir ermöglicht, meine Texte ohne großen Reibungsverlust aufs Blatt zu bringen beziehungsweise in den PC zu bringen.

Vom Schreiben etwas über sich selbst lernen. Kuno Kosmos im Interview.

Wie man eine Frage anders verstehen kann! Ich habe Kuno gefragt, was er über das Schreiben gelernt hat. Ich meinte dies in Hinblick auf seine Schreibtechnik und wollte wissen, ob sich die verbessert habe – er hingegen redete über das Lügen.

In diesem Interview gibt es Einblick in die Spam-Story, sein aktuelles Romanprojekt, das eine betrügerische Seite des Internets zum Thema hat: 419 scam (Vorschussbetrug).

Es ist ein großes Abenteuer: Über das Schreiben epischer Texte. Kuno Kosmos im Interview.

Da bin ich völlig drin, und ich kann genau beschreiben, wie die Räume ausschauen, wie das Licht ist, wie nahe die Personen sind, und es ist praktisch automatisch, was sie dann sagen. Ganz kleine Abweichungen von der Szene sind schon möglich, ich konzipiere die Szene nie völlig durch, sondern immer nur einen gelungenen Anfang, und während des Schreibens ergibt sich automatisch, wie es weitergehen musste.

Handschriftliches und Rhythmuszeichen. Kuno Kosmos im Interview.

Über den Schwellwert, den ein Einfall überschreiten muss, um die Ehre zu erlangen, in den Computer getippt zu werden. Über bislang siebzig Büchleins mit Gedankenblitzen. Über abgebrochene Versuche und den Umgang mit Rhythmus.

Liebe ist biogenes Motivationssystem zur Zeugung von Nachkommenschaft.

Inspiration und Melodie. Kuno Kosmos im Interview.

Kuno Kosmos, GRAUKO, erzählt, wie in ihm Gedichte und Romankapitel entstehen.

Dies ist ein Interview über die Melodie, die den Text umhüllt und begleitet, über Grübel- und Wartevorgänge, über tagelange Vorarbeiten und das rauschartige Niederschreiben.

Hier die Biografie von Kuno Kosmos, die ich www.grauko.com entnommen habe:

Mit dem Schreiben ist es ähnlich wie mit dem Lernen von Fremdsprachen: kann man erst einmal eine, lassen sich die nächsten immer schneller lernen.

Meine ersten Texte schrieb ich mit 4, in einer selbst erhorchten Lautschrift. Mit 7 lernte ich das „echte“ Schreiben, genierte mich für mein bisheriges Gekritzel und feierte erste Erfolge mit Schulaufsätzen. Mit 12 erfasste mich eine breit gestreute Schreibwut. Es begann mit geheimen Drohbotschaften an eine verehrte Klassenkollegin, dann kamen Gstanzln, Kurzgedichte und Liedtexte hinzu. Ein Jahr später entstand mein erster „Roman“, stolze 27 Seiten lang. Gedichte ereilten mich in Folge regelmäßig und wurden auch zum Gaudium von Freunden vorgetragen. Kurzgeschichten schlossen sich an, eine Novelle mit latinisierten Turmsätzen, mehrere Szenen eines Theaterstücks, Übersetzungen von englischen Liedtexten.

Mit 26 begann meine Prosa-Phase mit den Schwerpunkten Sozialutopie, Neurobiologie und Philosophie (oder was davon noch übrig blieb). Berufsbedingt erlernte ich auch das didaktische und wissenschaftliche Schreiben. Eine umfangreiche Phantasiegeschichte erbrachte ein Epos mit 5000 Versen, aufgeteilt in 99 Kapitel und mit 1111 Fußnoten garniert; fünf Jahre dauerte dieses Vergnügen.

Ich nehme gerne Bezug auf das Hier und Heute. Meine Wahrnehmung ist zoomish, meine Verarbeitung rauschhaft. This is my Revier, is ein Teil von mir, my imperium, regno ergo sum. Die am meisten überraschenden Einfälle habe ich knapp vor dem Einschlafen, kurz nach dem Aufwachen und während des Überfahrens einer roten Ampel. Sind es Gedichte, so sind sie melodisch verknüpft. Ich trage sie daher auch singend vor.

Derzeit beschäftige ich mich mit 419-Scam, einer, wie es aussieht, literarisch unterschätzten und alles andere als brotlosen Schreibkunst.

Erfolglos schreiben: Verachte Wortklaubereien.

Natürlich darfst du schreiben „K. schloss wieder die Tür“, selbst wenn K. in deinem ganzen Roman noch nie in seinem Leben diese Tür geschlossen hat und K. bloß einmal in seinem Leben diese Tür geöffnet hat.

Wenn dich jemand fragt, dann berufe dich darauf, dass man das umgangssprachlich so sagt. Oder dass das Wort „wieder“ wegen der Sprachmelodie hier wichtig sei. Oder antworte gar nicht. Schließlich bist du Herr(in) in deinem Haus.

Glimmerfees Buchvorstellungen per Video. Oder: Der erste Satz!

Eine engagierte, originelle, durchdachte Methode, Bücher zu besprechen, habe ich auf www.glimmerfee.de entdeckt. Jede Kritik besteht aus

  1. Inhalt
  2. 1. Satz
  3. Meine Meinung zu dem Buch (Text und Video)
  4. Fazit

In den Kritiken bekommt also der ersten Satz dieselbe Prominenz wie die Inhaltsangabe. Und im Video eröffnet die Kritikerin, wie sich sich das Buch anfühlt, wie dick es ist, wie sich das umblättern anhört, und dann die Freude darüber, dass es ein Lesebändchen gibt … ein Buch als etwas Sinnliches wird schmackhaft gemacht.

Als Beispiel dieses Video …

… es entstammt der Buchvorstellung: Der Besucher. Von Sarah Waters.

Weil die technische Qualität der Videos so gut ist, habe ich nachgefragt, welche Kamera verwendet wird: Logitech C310 USB HD Webcam.

Ein literarisches Muster: Starke Frau in historischen Roman

Es gibt Muster in der Literatur. Eines von diesen ist der historische Roman mit einer intelligenten Frau, die sich in einem männerdominierten Milieu bewähren muss. Sie tut dies mit einer Denkart, die dem 20. Jahrhundert entnommen ist (weil ja die Autorin auch im 20. Jahrhundert sozialisiert wurde) – und dadurch verhält sich die Heldin für damalige Verhältnisse revolutionär. Jedoch endet ihr Wille nach Selbstständigkeit dann, wenn die Heldin um die Liebe eines Mannes ringt – als könnte die wahre Erfüllung einer Frau nicht bei ihr selbst liegen, als wäre alle Selbständigkeit ein Mittel, um die Liebe eines Mannes zu erlangen.

Hier nun drei (wirklich sehr) willkürliche Beispiele, und ich gestehe gleich, ich habe sie nicht gelesen.

Sina Beerwald: Das Mädchen und der Leibarzt.

Hebamme, Heilerin, Vertraute: Wie weit kann sie gehen, um andere zu retten? Quedlinburg im 18. Jahrhundert. Die Hebamme Helena sieht den Schwarzen Blatterntod um sich greifen. Angesichts des Leids schwört sich die wissbegierige junge Frau, ein Gegenmittel zu finden. Als Helena fast am Ziel ist, muss sie dafür nicht nur das Leben ihrer großen Liebe aufs Spiel setzen, sondern auch ihr eigenes. (Quelle)

Sabrina Capitani – Das Spiel der Gauklerin.

Vor dem Hintergrund großer zeitgeschichtlicher Änderungen und einer höfischen Intrige entfaltet die Autorin die berührende Geschichte einer musikalisch begabten jungen Frau, die sich nicht nur in einer Männerwelt behaupten muss, sondern begierig ist, tiefer in die Welt der Musik einzudringen und beispielsweise Noten lesen zu lernen, um ihre eigenen Kompositionen niederschreiben zu können. Wird sie eine Fahrende bleiben und mit ihrem gebildeten Freund Jacobus nach Amsterdam ziehen oder nimmt sie das andere Angebot wahr, dass sich ihr überraschend bietet – eines für dass sie allerdings dauerhaft seßhaft werden müsste? (Quelle)

Helena Marten – Die Kaffeemeisterin

Frankfurt 1729. Nach dem Tod ihres Mannes gelingt es Johanna mit Mut, Einfallsreichtum und der Hilfe des jüdischen Musikers Gabriel, das Kaffeehaus der Familie zum besten der Stadt zu machen. Bis eine üble Intrige sie aus Frankfurt vertreibt. Über Venedig flieht sie nach Konstantinopel, wo sie zur Kaffeemeisterin des Sultans aufsteigt. Doch nie kann Johanna die Heimat vergessen — und auch nicht ihre geheime Liebe zu Gabriel … (Quelle)

Eine Liste solcher historischer Romane findet ihr auf lovelybooks.de.

PS: Solche Romane werden oft mit „Die XXXXXXin“ betitelt (Die Kaffeemeisterin, Die Philosophin, Die Wundärztin, Die Seiltänzerin, Die Archäologin, Die Pilgerin, Die Kastellanin)

PPS: Ja, ja, ich gebe es zu, „Die Achäologin“ stammt von mir und der Roman handelt von einer starken Frau, die … aber sie findet nicht die große Liebe am Schluss! Sie wird stattdessen irgendwie, äh, wie soll ich sagen, nun, seltsam wird sie, aber immerhin, sie läuft nicht Amok, weil die Verlegerin gemeint hat: „Der Schluss, der ist ja schon ein bisserl pathologisch“ – woraufhin ich das Morden der Archäologin weggelassen hab. Ich bin ja adaptiv.