Erstmals seit fünf Jahren habe ich heute wieder eine Sexszene geschrieben. Der Unterschied zu früher? Ich habe die Ehrfurcht verloren. Sex ist auch nur etwas, was eine Romanfigur tut, wie Essen, Trinken oder einer Kuh beim Kalben helfen. Es sind zwar andere Arten von Tätigkeiten, aber die Beschreibung verlangt von mir dieselbe Achtsamkeit und Zielorientiertheit.
Es gilt: Kein Sex ohne Grund. Denn genauso, wie ich nicht aus bloßem Jux ein Essen, ein Besäufnis oder eine Kalbsgeburt in meinen Roman stelle. Sex im Roman hat für mich zwei Berechtigungen: Entweder (1) er treibt die Handlung voran oder (2) er eröffnet etwas über das Wesen der Romanperson.
So. Die Szene habe ich mal im GRAUKO-Schreibraum abgelegt und bin gespannt, was meine Kolleginnen und Kollegen meinen.
Ich finde solche Szenen in Texten immer schwierig. Oft klingen sie zu gekünstelt, übertrieben, manchmal sogar lächerlich. Wie gehst Du an so eine Sache ran, damit das nicht passiert? Ich habe solche Szenen bisher immer vermieden, weil ich einfach nicht wusste, wie ich dergleichen schreiben soll, ohne dass es doof klingt.
Hallo Maurice, ich kenne das, dieses Ausweichen – bei „Die Archäologin“ hat es auch keine Sexszene gegeben, aus demselben Grund. Dabei hätte es dem Buch wohl gut getan :-) Für solche Szenen lasse ich dasselbe gelten wie für alles andere: dass ich die richtige Schreibhaltung habe, das ist entscheidend. Unterstützt natürlich durch das Handwerk des Beschreibens (Show, don’t tell – was nicht heißt, dass ich keine Innensicht zulasse; innere Monologe sind ja spannend).