Über das Nichtschreiben und das Nichtschreibenkönnen

Sehen wir der Tatsache ins Auge: der Autor schreibt die meiste Zeit seines Lebens nicht. Er schläft. Isst. Trinkt (Alkohol und Schreiben – das ist auch so ein Thema). Er hat Sex und was immer es sonst noch braucht, um sich einem literarischen Thema zu nähern. Und selbst Recherche, das Fundament des Schreibens, ist zugleich ein Nichtschreiben!

Letztens, in Kroatien, erlebte ich eine wunderbare Qualität des Nichtschreibens: Ich war umgeben von heftig schreibenden Literaten und hatte dennoch – oder gerade deshalb – stundenlang keine Lust zu schreiben und – jetzt kommt’s! – ich fühlte mich gut dabei. Ich las Lolita und schaute auf das Meer auf die Segelschiffe, zwischen 25 bis 35 waren es, jawohl, ich las und zählte Schiffe, ohne einen Roman über einen pädophilen Seglerzähler zu planen.

Achtung: Nichtschreiben meint nicht das Nichtschreibenkönnen. Denn Nichtschreibenkönnen ist grausam. Es formt mit dem Schreibenwollen ein gnadenloses Spiel. Nichtschreibenkönnen kann Unruhe sein, Lärm, Dringliches, kann ein Telefonat oder die Mutter oder eine E–Mail sein. Es kann Beisammensein sein oder – weit schlimmer – ein mehrtägiger Urlaub mit dem/den/der Liebsten in einem Land voll Strand und gutem Essen und mit der urlaubsmittigen Frage: »Was ist dir wichtiger, das Schreiben oder ich?«

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