Lolita oder: Wertende Beschreibungen und literarische Gerechtigkeit

Naturhistorisches Museum, Hauptstiege

Lolita ist eine Säule der erotischen Literatur.

Ein Glanzstück von Nabokovs Erzählkunst ist etwa jene Szene, in der sich der Protagonist »die Süße eines Orgasmus erlistet, ohne die Moral einer Minderjährigen anzutasten.« (Seite 101).

Nabokovs Beschreibungen sind oftmals wertend. Etwa wie er die Mutter von Lolita schlecht macht:

Sie war offenbar eine jener Frauen, deren gewählte Sprache ihren Buchklub oder Bridgeclub oder eine andere todlangweilige konventionelle Einrichtung reflektiert, niemals aber ihre Seele; (Seite 60)

(Beachte die seltsame Zeitenfolge) – Doch dann gewinnt diese Frau massiv an Profil:

…fände Sie jemals heraus, dass ich nicht an Unseren Christlichen Herrgott glaubte, dann nähme sie sich das Leben. Sie sagte es so feierlich, dass er mir kalt über den Rücken lief. Und da wusste ich: Sie war eine Frau mit Grundsätzen. (Seite 123)

… und so gleicht er die Schieflage mit der vielgepriesenen literarische Gerechtigkeit aus.

Vielleicht soll ich mir an Nabokovs wertenden Beschreibungen ein Beispiel nehmen. Denn ein Blog – und mein Roman ist nun einmal der Blog von Timon – ist etwas Persönliches, Ungeschliffenes. Es ist ein Ort der Unklarheit und der Mühe, sich selbst Klarheit zu verschaffen. Ein Ort des Worte–um–sich–werfens und des Hin–und–her–wankens.

(Die Seitenangaben beziehen sich auf folgende Ausgabe: Vladimir Nabokov, Lolita, Rowohlt Taschenbuch Verlag, überarbeitete Ausgabe 2007)

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