Es ist so abgelaufen:
- Gestern, unter Tags, im Buch „20 Masterplots“ geblättert (Wobei das Buch bloß ein Anlass war, über Grundsätzliches nachzudenken).
- Nachts, um ein Uhr, nach sinnlosem Websurfen, der Funke: „Thomas, was wäre, wenn du die Romanpersonen „Dagmar“ und „Isabella“ zusammenlegtest?“
- Erstes Gefühl: Klarheit. Die beiden waren ohnehin Zwillingssschwestern, und damit würde die ohnehin große Komplexität des Romans reduziert. Handlung und Charaktere werden wesentlich schärfer.
- Dann Erschütterung. Wie soll das sein? Die Mutter der herzkranken Angelika zur Mörderin von Timons Freundin machen?
- Und dann ging es los. Bis in den Morgen. Ich hörte Amy Macdonald („Spark“)…
… immer und immer wieder. Ich beobachtete sie, wie sie auf den Steg ging, ihren Koffer abstellte, und alles ergab so viel Sinn in mir. Alte Fragen wie „Wovon lebt Dagmar?“ und „Warum ist ihre Ehe gescheitert?“ und „Was will sie?“ und „Wie ist ihre Beziehung zur Mutter?“ und „Wer sind die Opponenten im Kampf um das Violanum?“ sind plötzlich von selbst beantwortet. Und Dagmars Handlungen – ich habe jetzt viel mehr Freiheit. Ich kann den Leser Dagmars Zerrissenheit spüren lassen:
- das so Fürsorgliche und Schützende einer Mutter mit schwerkrankem Kind
- der Berufsethos einer Krankenschwester
- die Vorbildwirkung der Krankenhausgründerin Viola (+1645)
- das Erbe ihres dominanten (verstorbenen) Großvaters, der Dagmars Mutter stets als schwach verachtet hat.
Ich sagte mir: „Thomas, was hast du da für ein Monstrum erschaffen?“
Ich antwortete: „Es ist immer schon hier gewesen. Bloß jetzt erst ist dein Blick frei.“
Gegen drei Uhr skizzierte ich eine Schlussszene zwischen Timon und Dagmar. Jetzt bin ich müde. Wie immer, wenn ich vor einer neuen Fassung meines Romans stehe.