Schreiben per Tante

B. ist eine Arbeitskollegin von mir. Sie liest gern und viel – aber schreiben? Nein, sie schreibt nicht, sagt sie. Ist ihr zu mühsam, sagt sie. In ihrer Jugend mal versucht, aber über ein paar Seiten nicht hinausgekommen, sagt sie.

Ihrem zweijährigen Sohn erzählt sie jeden Abend eine Gutenachtgeschichte. Einmal hat ihre Tante über das Babyfon mitgehört und gefragt: Was liest du ihm da für tolle Kindergeschichten vor? Die Tante war ganz erstaunt zu hören, dass die Geschichte soeben erfunden war. Dass B. jeden Tag eine neue Geschichte erfindet. Dass sie eine Gruppe von Kindern erfunden hatte, die jeden Tag etwas Anderes erleben.

„Schreib die Geschichten doch auf!“, hat die Tante gemeint. Woraufhin B. versucht hat, eine vorhin erfundene Geschichte niederzuschreiben – das wollte ihr nicht recht gelingen. Deshalb zeichnet B. ihre Geschichten per Diktierfunktion ihres Handys auf, und ihre Tante tippt die Geschichten ab.

Aber schreiben? Nein, sie schreibt nicht.

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