Wenn ich über meine Romanpersonen rede, dann erschaffe ich sie dadurch (konstituierende Wirkung des Aussprechens). Letztens habe ich von Angelika erzählt. Und meine Gedanken zu ihr konnte ich nicht gut vermitteln. Und wenn ich eine Idee nicht vermitteln kann, liegt es womöglich daran, dass die Idee gar nicht so gut ist.
Wie ich letztens ihre Persönlichkeitsstruktur beschrieben habe, finde ich heute gar nicht mehr gut.
Viel besser: Es verweigert seine Herztransplantation, weil es nicht mehr leiden, passiv, gezwungen sein will. Weil es leben, aktiv, selbstbestimmt sein will. Weil es durch das Chemotrauma seiner Kindheit resilent geworden ist.
Hallo Thomas,
am Sonntag hab ich einen Artikel in der Presse gefunden: „Der Steirer Thomas Hörzer, 29,lebt seit zwölf Jahren mit einem transplantierten Herzen. Er sieht es als sein eigenes an. Von seinem Spender möchte er sich lieber kein Bild machen.“
Der Bursche war 17, als eine dramatisch verlaufende Herzmuskelentzündung eine Transplantation unausweichlich machte. Der Unterschied zu deiner Angelika ist wohl der, dass der 17jährige keine Zeit hatte, nachzudenken, etwas zu entscheiden.
Zu wissen, von wem sein Herz stammt, würde Hörzer belasten.
Er sei schon immer Optimist gewesen, auch vor der Transplantation, das habe ihm sehr geholfen. Er denkt nicht weiter drüber nach und er hadert auch nicht mit dem Schicksal. Das hat er nie.
Auch die Einnahme meherer Tabletten (jeden Tag in der Früh und jeden Tag am Abend drei lebenserhaltende Pillen, und mehrere Tabletten „Gegengift“ würden schon „automatisch“ gehen. Und er sei kein Engel in der Lebensführung, aber auf die Tabletten vergesse er sicher nicht …
Ich frag mich nun, ob Angelika sich nicht, gerade weil sie ein – so wie ich das bis jetzt rausgelesen und gehört hab – lebensbejahendes Mädchen ist, FÜR eine Transplantation entscheiden würde ….
(Quelle: Presse vom Sonntag, den 31. Jänner, „Mein zweites Herz“, Seite 34. )