Am zweiten Tag der Schreibwerkstatt mit Julian Schutting erfuhr ich, dass es so etwas wie Kürzen gibt. Dass es sogar etwas Produktives und Normales ist, seine eigenen Worte wegzustreichen. Entsprechend dem Ziel des Texts. Wenn ein Wort dem Textziel nützt, ist es lassen. Sonst nicht. So einfach ist das, eigentlich. Aber woran soll ich, der bloß 4 Jahre autodidaktischer, hobbymäßiger Literaturbildung aufzuweisen hat, denn wissen, was ein gutes Textziel ist?
Anders ausgedrückt: Worüber kann ich denn eigentlich schreiben?
In den folgenden Jahren verschanzte ich mich dahinter, brutal wegzustreichen. Die Archäologin zum Beispiel: als ich mir mühsam 150 Buchseiten abgerungen hatte, habe ich – aus purem Wortmisstrauen – beschlossen: da müssen 10 Seiten weg. Denn von mir Hingeschriebenes könne doch nicht einfach gut sein! Da müsse an jedem Wort herumgelitten sein, und nur dann dürfe das Wort womöglich bestehen.
Auch als mein erster Roman 2004 veröffentlicht wurde, war mein literarisches Wachstum längst nicht abgeschlossen – im Gegenteil. Sprachliche und inhaltliche Krisen waren Vermurungen und Steinschläge auf meinen weiteren Weg. Mehr dazu später.