Anatomie eines Schreibfrusts

Zu Beginn war dieser Tag einer, der fürs Schreiben reserviert war. Der Vormittag war friedvolles Aufbauen einer Schreibhaltung – ich saß gedanklich im barocken Hof eines Krankenhauses. Es herrschte Basho-Haikustimmung (Springbrunnenplätschern, Kiesweg, Gras, Frühlingssonne, Parkbank). Ich trug alles in mir, was ich für die Szene brauchte.

Und dann: Telefonate, Besuche. Freunde brauchten meine Hilfe. Die bekamen sie auch, acht Stunden lang. Die Freunde bedankten sich, und ich freute mich, ihnen geholfen zu haben.

Als es dann wieder Stille war, hörte ich die Stimme: Thomas, du hast nicht geschrieben. Thomas, du hast eine Szene, die du erschaffen hättest können, nicht erschaffen.

Drei Möglichkeiten nun:

  1. Ärgern
  2. Schreiben – Dafür bin ich schon zu müde.
  3. In die Metaebene ausweichen – etwa, indem ich diesen Artikel schreibe. Soll mein Ärgern raus in die Welt schwimmen, an die Strände anderer Literaten und ihnen dort mit sandiger Zunge sagen: „Ist ganz normal, dass du heute nicht schreibst. Passiert jedem. Ärgere dich darüber, wenn du willst, oder ärgere dich nicht darüber, wenn du nicht willst. Ganz wie’s beliebt.“

Ich entscheide mich für 1.

Ein Gedanke zu „Anatomie eines Schreibfrusts“

  1. Nun, wie es scheint, war’s doch 3.?

    Kenne solche Tage, leider. Zuletzt wegen gehäuften Tierarztbesuchen – irgendwann war’s so weit, dass ich in jeder Minute Worte aufs Papier warf, was heißt Worte, fertige Szenen! Es floss nur so. :-)

    Auch dahin kann der schreibende Mensch kommen.
    Ob’s gut ist? Ob’s schlecht ist? Wer weiß das schon?

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