Letzten Freitag, irgendwann um Mitternacht. Ich hocke mit Peter Heissenberger (GRAUKO) in Graz zusammen und erkläre ihm den Roman, an dem ich arbeite. Lege müde und dennoch voll Elan meine literarischen Probleme aus. Er sagt, was ihm dazu einfällt, und dann habe ich sie, die letzte große Idee, die ich brauche, damit die Handlung schlüssig vor sich gehen kann.
Genauer: Ich verfüge über ein stimmiges Szenario, um meine Heimatstadt in den Bürgerkrieg zu schicken.
Heute Sonntag. Ich denke weiter, kombiniere die Ethnien in meinem Roman mit den Ereignissen vergangener Kriege und sehe Mütter, denen man die neugeborenen Kinder entreißt, weil sie einer fremden Ethnie angehören – und da ich als Literat klarerweise eine ausmalende Phantasie habe, höre ich das Schreien und die versetze mich hinein in die Verzweiflung, mit der die Frauen ihre Neugeborenen verstecken und um Hilfe rennen und flehen …
Also trinke ich ein Glas Rotwein, weil die Bilder im Kopf schon heftig sind und ich meine Heimtatstadt in Gräben und Schutthaufen wandle. Da habe ich natürlich auch gleich eine wichtige Romanfigur geschaffen – die Mutter mit dem Neugeborenem – und das ganze kombiniert mit meinem Protagonisten, der irgendwie überleben will und dennoch einen Weg sucht, um Mensch zu bleiben.
Und da erschrecke ich.
Und ich beobachtete mein Erschrecken über mein Konzept und sitze auf meinem Sofa, als Zeuge eines emotionalen Prozesses, der nun angestoßen bis ans Ende des Romans rollen würde, vielleicht jahrelang.