Es ist toll, dass du bei unserer kleinen Schreibwerkstatt mitmachst!
Mitmachen ist ganz einfach: du fügst deinen Übungstext als Kommentar an diesen Blogbeitrag, und danach gibst dein konstruktives/wertschätzendes Feedback zu den Texten der anderen.
So hilfst du anderen, genauso wie die anderen dir helfen.
Hier die erste Übung:
Schreibe einen Text, zu dem dich obiges Foto inspiriert. Du brauchst nicht viel schreiben – sind es nur ein paar Sätze, so ist es auch gut.
Du hast 45 Minuten Zeit. Das Zeitlimit hilft dir, nicht zu lang zu werden.
Ziel dieser Übung im Rahmen der Schreibwerkstatt war, dass ich die neuen Teilnehmenden literarisch kennen lernte. Nach ein paar Sätzen war mir klar, wo der Autor literarisch stand, bei welchen der kommenden Übungen er sich schwer tun würde und wo sein individueller Lerneffekt dieser Schreibwerkstatt liegen würde.
Während die Schreibwerkstattneulinge an dieser Übung schrieben, hatte ich Zeit, mich um jene Leute zu kümmern, die mit Romanprojekten gekommen waren und sprach Textproben/Romankonzepte durch.
Danach fand die erste Feedbackrunde statt. Sie dauerte meist eine Stunde. Sie war deshalb so ausführlich, weil jetzt die Teilnehmenden lernten, gutes Feedback zu geben und mit Feedback konstruktiv umzugehen.
Und wenn du damit fertig bist, dann hör dir hier den Vortrag über wertschätzendes Feedback an…
Eine Frau in der Grube
Eine Frau steht in der Grube,
sie arbeitet mit Herzblut
an ihrer neuen Stube
So fern, so unerkannt
so fremd in einem fernen Land
Nichts verstanden, nichts
erkannt und doch
Angekommen und das Leben
selbst in die Eigne Hand
genommen!
Anna Christina
22.07..2023
„Dafür habe ich unzählige Artikel studiert, Prüfungen absolviert und mein Wissen präsentiert? Nur um jetzt tagein tagaus Staub weg zu pinseln, unter welchem – oh Wunder – noch mehr Staub zum Vorschein kommt?!“
Genervt wischt sich Jaïra den Schweiss von der Stirn. Als Kind liebte sie es, wenn sich ihr Grossvater mit ihr durch die Schichten der Geschichte grub: von den Spuren ägyptischer Medizin bis zu den Abdrücken byzantinischer Pantoffeln. Für ihre Eltern war es deshalb keine Überraschung, dass sich Jaïra dazu entschlossen hatte, Archäologie zu studieren.
Aber es würde sie wohl der Schlag treffen, wenn sie wüssten, was Jaïra in ihrem Studium abgesehen von antiken Grabbeigaben sonst noch alles entdeckt hat.
Das scheint ein sehr netter Anfang zu sein, könnte entweder real oder lustig sein. =) Es hat mich auf jeden Fall zum Schmunzeln gebracht. Gut gemacht!
Unschlüssig stand ich in der Vertiefung dieses Raumes. Was war das hier? Alles schien ein einziges Rätsel zu sein. Ich mochte es, Rätsel zu lösen, das war einer der Gründe, warum ich Archäologin geworden war.
Ich faltete den Zollstock auseinander und begann mit dem Ausmessen der Vertiefung. Was war 1,86 cm lang und 1.12cm breit? Und weshalb führten Stufen hinab, Moment…. ganze 97 cm tief?
Anders als ihr Kollege Paulo glaubte sie nicht an einen Vorratsraum. Hier hatte doch niemals Getreide gelagert! War es ein religiöser Ort, vielleicht ein Taufbecken? Die Stufen würden dazu passen. Aber für ein Taufbecken wäre fließendes Wasser nötig gewesen. Und danach sah das hier nicht aus.
Ein Becken, in dem Trauben getreten wurde zur Herstellung von Wein? Die Größe könnte hinkommen. Aber warum waren dann die Abflüsse fast am Boden? Nein, das machte keinen Sinn.
Apropo Paolo, müsste der nicht längst mit dem Nachschub an MIneralwasser zurück sein? Meine Zunge glitt über die trockenen Lippen.
Vielleicht hatten wir alle nicht sorgfältig genug den Schutt weggeräumt. Nicht einen Hinweis hatten wir darin gefunden, nur ein paar unspezifische Tonscherben. Morgen werde ich auf jeden Fall noch die restlichen Eimer mit Sand und Steinen durchsieben. Und wenn es nötig ist, auch noch ein zweites Mal.
Es würde dauern, bis Ella die Scherben geprüft hatte… und vielleicht stammten sie aus einer späteren Epoche. Ella mochte keine Rätsel, bei ihr zählten nur Zahlen und Fakten.
Gut, dass die Regierung die neue Laser-Aquelosationsanlage bewilligt hatte. „Bis auf den Tag genau“ hatte Ella stolz verkündet, „bis auf das Jahr genau kann ich damit bestimmen, wann der Ton gebrannt wurde.“ Schön wäre es! Na, mal abwarten.
Genau, Abwarten! Das mochte ich gar nicht. Meine Ungeduld vermieste mir manchmal den Tag. Und heute war sicher so einer! Und wenn Paolo nicht bald was zu Trinken bringen würde, würde er den ganzen Frust abbekommen.
Maike, Maike, schalt ich mich selbst. Was erwartest du? Ein ganzes Dorf wird hier unter Sand und Steinen vermutet. Wir waren erst beim zweiten Haus angelangt und hatten schon römische Münzen und ein halbes Messer gefunden. Kein Grund unzufrieden zu sein!
Puh, war das heiß heute! Ich schob den Hut in den Nacken und orientierte mich am Stand der Sonne. Es war schon spät. Mit einer entschlossenen Bewegung wischte ich mit den verschwitzten Händen über meine Latzhose, dann fischte ich nach meinem Schreibblock neben den Eimern. Es half alles nichts. Ich musst eine genaue Zeichnung der Grube anfertigen, zentimetergenau.
Das Rätsel würde ich heute sicher nicht mehr lösen. Vielleicht morgen, beim Sandsieben… Oder auch erst viel später, wenn wir die restlichen …
„Hey Maike, hat etwas länger gedauert. Sorry!“ Paolos Gesicht tauchte über ihr auf. „Ich habe eine Überraschung für dich! Rate mal!“
Oh, Paolo wusste, wie er mir eine Freude machen konnte. Sicher hatte er mir zur Abwechslung mal eine Limo mitgebracht. Eiskalt, so wie sie es mochte. „Übrigens habe ich Ella gerade noch getroffen und sie sagte…“ – „Ich verdurste Paolo, her mit der Limo!“ rief ich leicht genervt. Aber die Aussicht auf eiskalte Limo war klasse! Meine Kehle war so trocken wie der Sand, den ich hier kiloweise in die Eimer geschippt hatte. Paolo kletterte die Leiter zu ihr hinab. „Oh je,“ hörte sie Paolo noch jammern, da klirrte es auch schon.
Da stand sie in ihrer Arbeitshose. Es war brütend heiß, weswegen sie sich den Strohhut aus dem letzten Urlaub aufgesetzt hatte. Sie war so sauer auf ihn. Immer musste es nach seinem Kopf gehen, aber dieses Mal nicht!
Sie wollte diesen Erdkeller unbedingt. Sollte sich Ben doch querstellen, dann halt ohne ihn.
Sie hatte so viel Wut im Bauch, dass ihr die Hitze fast unerträglich schien. Sie atmete schwer, Schweißperlen liefen ihr den Rücken hinunter.
Sie nahm sich einen Moment, ließ sich im Schneidersitz auf den Boden nieder, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand aus Lehm und spürte augenblicklich die kühle Erde.
Der perfekte Lagerort für ihr Gemüse, das sie im Herbst ernten wird. Der Gedanke zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht.
Die angenehme Kühle, die von den Wänden und dem Boden her die Hitze vertrieb, ließ sie ruhiger werden. Sie richtete sich auf, griff nach ihrem Metermaß und hatte mit einem Mal ihre Arbeitsschritte klar vor Augen. Die Hitze und die Wut auf Ben spürte sie kaum mehr. All das war der Vorstellung gewichen, wie alles aussehen wird, wenn es fertig ist.
Ben
Sie ist so ein Sturkopf! Immer mit dem Kopf durch die Wand.
Klar, er hatte ihr versprochen, ihr bei ihrem Projekt mit dem Erdkeller zu helfen. Dass das unbedingt an einem Samstag im August mit Temperaturen über 35 Grad im Schattens sein muss, davon war allerdings nie die Rede gewesen.
Er verstand ihre Begeisterung für diesen Erdkeller ohnehin nicht. Gemüse kann man prima im Supermarkt kaufen und im Kühlschrank verstauen. Aber sie hat es sich in den Kopf gesetzt, eine natürliche und kühle Lagermöglichkeit für ihr selbst gepflanztes Gemüse zu bauen.
Er hätte ihr gleich sagen sollen, dass das nicht sein Ding Ist. Hat er aber nicht …
Jetzt ist sie abgedampft, nach ihrem lautstarken Streit, in Arbeitskluft mit Sonnenhut. Bei dem Gedanken an ihren Anblick musste er grinsen. Eines musste er ihr lassen: Sie war eine wunderschöne Frau, sogar in Blaumann und Sonnenhut. Wenn sie sauer ist und wütend, übte das eine besondere Anziehungskraft auf ihn aus.
Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich nach einem hitzigen Streit ebenso hitzig versöhnen. Er könnte zu ihr runtersteigen in ihr Erdloch, könnte ihr in ihre wütend funkelnden Augen schauen. Er könnte mit seinen Händen durch ihre Haare fahren, die wohl auch unter dem Sonnenhut kaum zu bändigen sind. Er könnte sie auf die kleine Stelle hinter ihrem Ohrläppchen küssen, und ist sich ziemlich sicher, dass spätestens dann ihre Wut in etwas anderes umschlägt.
Hm, so ein Mist. Wie eintönig! Baustelle, wann sind wir endlich fertig? Von mir wird erwartet, dass ich was Sinnvolles tue, was Brauchbares beisteuere. Aber ich bin doch kein Handwerker! Beneidenswert, wenn man die Fähigkeit hat, mit seinen Händen etwas zu erschaffen, was schön ist, was zweckmäßig ist, was Bestand hat, stabil ist. Aber was soll ICH hier? Die Männer planen, reden, arbeiten, produzieren-ignorieren mich. Ich eiere hier herum, hab weder Erfahrung noch Können, gleichwertiges zu erschaffen und entspreche damit schon wieder der Erwartung, die die Männer an die „Frau vom Bauherrn“ haben.
Also, was wäre jetzt besser? Ungeduldig herumstehen? Oder doch wieder verköstigen? Den fleißigen Handwerkern Kuchen, Vesper… Bier bringen – na toll, das ist ja noch langweiliger. Noch mehr Klischee. Aber das ist wohl eher meine Aufgabe, das kann ich wenigstens! Mit leerem Magen kann niemand schaffen, ohne Energie keine Kreativität.
Und… ich serviere freundlich, mit Wertschätzung, mit einem Lächeln, vielleicht sogar mit einem herzlichen Kommentar und wer weiß, vielleicht habe ich es dann mit den Handwerkern sogar lustig. Jedem das seine, jeder nach seinem Vermögen.
Interessant finde ich die Beschreibung von zwei Seiten.
Ich glaube, dass der Text noch intensiver wäre, wenn er jeweils aus der Ich-Perspektive geschrieben wäre.
Mir ist aufgefallen, dass der Text hin und wieder von der Vergangenheitsform in die Gegenwartsform wechselt.
Der letzte Absatz ist sehr lebendig geschrieben. Die Wiederholungen „Er könnte“ sind hier ein gelungenes Stilmittel.
Heute war ich wieder bei einer Ausgrabung dabei. Es war zwar nicht meine erste Ausgrabung, aber ich glaubte in diesem Moment zu Wissen, dass es eine der für mich bedeutendste sein könnte. Ich ging wie immer zu dem Leiter und fragte was ich denn machen könnte da ich noch keine Aufgabe bekommen hatte. So landete ich beim ausmessen und die anfängliche Euphorie verdampfte zu nichts…
Hallo Stella, ja genau so kann ich mir vorstellen zu empfingen, zu reagieren. Hättest meine Emotionen in der Situation getroffen.
Jane versuchte ruhig zu atmen. Sie war sehr aufgeregt, nach stundenlangem graben in der prallen Sonne hatte sie endlich etwas gefunden. Jetzt nur keinen Fehler machen, sie starrte das kleine Loch in der Wand an und überlegte. Sollte sie es erweitern? Oder lieber auf Klaus mit der Technik warten? Dieser war, ebenfalls vor Stunden, aufgebrochen um eine Mini-Kamera zu besorgen und hatte sie alleine gelassen. War es da nicht gerecht nun einfach weiter zu machen, schließlich hatte sie die ganze Arbeit alleine gemacht. So in Gedanken versunken, hörte sie nicht wie sich ihr jemand näherte…….
Schöne Idee der innere Monolog hat gut gepasst. Ein kleiner tipp: Ich hätte es aus der Ich-Perspektive geschrieben um es realistischer wirken zu lassen. Der innere Monolog hätte so vielleicht besser gepasst. (nicht böse gemeint)
Spannend! Wer kommt da? Klaus oder jemand, der gefährlich ist?
Heiß spürte ich die glühende Wärme der Sonne auf meinen Armen, während ich versuchte die Grube korrekt zu vermessen. Die Hitze die hier auf der römischen Ausgrabungsstätte Mitten in der Algarve herrschte war jedoch nicht der Grund, weshalb meine Konzentration nun fast gänzlich versiegte. Es waren seine schweren Blicke, die ich im Nacken spürte. Blicke voller Schreck und Kälte, die mir fast eine Gänsehaut bereiteten.
Es hatte Jahre gedauert, bis ich nicht mehr täglich an ihn und all das, was wir gemeinsam erlebt hatten dachte. Wir hatten uns bemüht damit abzuschließen, jeder ging seiner Wege. Ich beendete mein Geologie Studium und begleitete nun mit Begeisterung verschiedene Projekte.
Nie hätte ich damit gerechnet ihm ausgerechnet während meiner Arbeit in Portugal wieder zu begegnen.
„Hey, soll ich dir zur Hand gehen?“ Unser Praktikant Jasper landete mit einem Sprung in die Grube neben mir und riss mich aus meinen Gedanken. „Wenn du parallel vermisst und Daten notierst, bringst du doch sicher etwas durcheinander.“ Er griff grinsend nach dem Bleistift hinter seinem Ohr und forderte mich auf, ihm meinen Notizblock zu reichen. „Oh, ja.. super danke, da hast du wahrscheinlich recht.“ erwiderte ich und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, in welch düsterer Gedankenwelt ich mich gerade noch befunden hatte.
Ich warf einen Blick hinter mich, sah Luke jedoch nur noch in der Ferne, wie er eilig zurück zu dem Wagen lief, mit dem er gerade erst angekommen war.
Er hatte sie zum Flughafen gefahren. Diesmal war sie pünktlich abfahrbereit gewesen, so dass sie der zähe Rush-Hour-Verkehr zwischen Mainz und Frankfurt nicht aus der Ruhe brachte. Wie immer hatte sie zu Hause dreimal kontrolliert, ob sie ihren Pass in den kleinen blauen Reiserucksack gesteckt hatte, vorne in die Reißverschlusstasche, an die man schnell herankam. Und ebenso oft hatte sie sich vergewissert, dass die Flugbuchung auf ihrem Handy gespeichert und das Gerät geladen war. Als sie die Wohnungstür hinter sich schloss und in seinen silbergrauen Kombi stieg, atmete sie einmal tief durch, schloss für einen Moment die Augen und nickte ihm kurz zu.
Eigentlich war alles besprochen. Sie wollten sesshaft werden, dachten an Heirat, Kinder und Hund. Thomas sollte von Hamburg zu ihr nach Mainz ziehen, eine Stelle als Leiter der Investmentabteilung einer großen Bank in Frankfurt hatte er schon sicher. Und Karolin wollte mehr publizieren und sich auf ihre Karriere als Dozentin für Altertumsforschung konzentrieren. Sie waren glücklich mit ihren Plänen und Karolin fühlte sich zum ersten Mal seit Jahren ruhig und angekommen.
Aus diesem Zustand wurde sie herausgerissen, als sie die Mail ihres ehemaligen Doktorvaters erhielt, der ihr in den fast zehn Jahren ihrer Zusammenarbeit ein guter Freund geworden war. Seit zwei Jahren schon war Prof. Meyers in Yeha, im Hochland von Äthiopien, wo er die Ausgrabung einer fast drei Jahrtausende alten Kultstätte leitete. Vor drei Monaten hatten er uns sein Team einen Durchbruch erlangt, als sie die erstaunlich gut erhaltenen Überreste einer Tempelanlage freilegten. Endlich würde die These ihrer Dissertation Bestätigung finden, über die in Archäologenkreisen immer noch gestritten wurde. Thomas hatte ihre Veränderung selbstverständlich bemerkt und sie mehrfach besorgt darauf angesprochen. Doch sie wiegelte immer nur ab und schob die stressigen Semestervorbereitungen vor.
Prof. Meyers wartete auf eine Entscheidung. Die auf ein Jahr angelegte Planstelle musste schnellstmöglich besetzt werden. Sie wusste, für Thomas würde eine Welt zusammenbrechen, wenn sie ja sagte. Mehr noch. Ihr war klar, dass eine Entscheidung für Äthiopien ihre Beziehung komplett in Frage stellen würde. Als sie ihm schließlich von Meyers Angebot erzählte, um die Möglichkeiten mit ihm zu diskutieren, wusste sie eigentlich schon, wie sie sich entscheiden würde. Und er wusste es auch. Sie besprachen nicht wirklich, was das für ihre gemeinsame Zukunft bedeuten würde und ob es sie überhaupt noch gab, fällten keine Entscheidungen in den zwei Wochen, die bis zu ihrer Abreise noch blieben. Thomas blieb oft länger im Büro und Karolin war mit den Reisevorbereitungen voll ausgelastet. Abends saßen sie oft eng aneinandergeschmiegt zusammen und sprachen kein Wort.
Am Flughafen angekommen, parkte Thomas den Kombi und half ihr mit den Koffern. Nachdem alle Formalitäten erledigt und das Gepäck aufgegeben war, kam die Zeit, Abschied zu nehmen. Karolin hatte sich beim Betreten des Terminals schon gefragt, wieso er eine große Papiertüte mit dem Logo eines bekannten Kaufhauses mit sich trug. Fragend schaute sie ihn nun an. „Ich will, dass es dir gut geht.“, sagte er. „Egal, was deine Entscheidung mit uns macht und was in diesem Jahr passiert. Ich will, dass es dir gut geht.“ Er zog einen großen beigefarbenen Strohhut mit ausladender Krempe aus der Tasche und überreichte ihn ihr. Sie fühlte, dass in dieser Geste alles lag, was sie beide in den letzten Wochen nicht in Worte fassen konnten. Sie hielten sich einen kurzen Moment in den Armen, dann trennten sich ihre Wege.
Hey Chrissie!
Ich habe in deine Worte schnell reingefunden, es ist ein sehr angenehmes Lesen. Du beschreibst am Anfang die Szene so schön und bildlich, dass ich direkt dort ankam und die beiden vor mir sehen konnte. Dann wirst du schneller, die Sätze werden weniger beschreibend und es entstehen wenig Bilder – bis du zur Abschlussszene kommst, die direkt an den Anfang anknüpft. Wieder sehe ich die beiden vor mir, du beschreibst was sie umgibt und als Thomas Karolin den Hut überreicht musste ich lächeln und spürte die Wärme dieser Geste! Wunderschön, auch wenn die Zukunft ungewiss ist.
Liebe Juli,
Danke für dein schönes Feedback. Ich freue mich, dass meine kleine Geschichte dich berührt hat. Ich bin ganz zufällig auf diese Seite hier gestoßen, und zwar zu einer Zeit, in der mich gerade große Selbstzweifel plagten. Dann hab ich einfach mal drauf los geschrieben… und war verwundert, dass ich es noch kann. Das hat mir sehr geholfen. Therapeutisches Schreiben sozusagen.
Alles Gute
Chrissie
Vermessungen des Vergessenen
Es gab einmal eine Zeit, da war die Vergangenheit vergangen. Geschehenes war geschehen und Vergessenes vergessen. Wir kannten die Vergangenheit nicht, wir erinnerten sie. Erinnerungen wurden erzählt, um sie zu bewahren. Was nicht mehr wichtig war, verschwand. So entstand unser Bild des Gestrigen. Eingefärbt von der Persönlichkeit des Erinnernden, seinem Empfinden und der Wandelung der Erinnerung. So wurde die Vergangenheit eine mystische Sphäre, eine die im Geiste der Menschen angesiedelt war, im Reich der Geschichten, Mythen und Überlieferungen. Vergangenheit war subjektiv. Vergangenheit war individuell.
Heute arbeiten wir an der objektiven, kollektiven Vergangenheit. Wir wollen uns nicht mehr an die Vergangenheit erinnern, wir wollen sie finden, vermessen und archivieren. Uns verlangt es nach Beweisen, die es uns erlauben, den Vergangenheitshergang zu rekonstruieren. Die Beweise werden systematisch sortiert, kategorisiert und in Fachbüchern aufbereitet. Dort können wir alle nachlesen, was war. Wir lesen alle dasselbe. Dieselbe Geschichte für alle. Aus einem mythischen, spirituellen Vergangenheitsbild wird eine aufgeklärte, objektive Geschichtskenntnis.
Der Glaube schwindet, das Wissen wächst.
Emilia war von der gestrigen Nacht geschafft. In den letzten Stunden war einfach zu viel los, um sich auf ihre Arbeit als Archäologin zu konzentrieren. Zumal an ihrem derzeitigen Arbeitsort eine unerträgliche Hitze herrschte. Bereits zwei Assistenten sind in den letzten beiden Wochen kollabiert und damit abhanden gekommen. Neue Mitarbeiter sind aufgrund der wirtschaftlichen Lage nicht geplant. Also muss sich Emilia eben auf sich verlassen können. Zumal dieses Projekt der endgültige Durchbruch in ihrer wissenschaftlichen Karriere sein könnte. Somit ist es egal, dass sie sich am Telefon mit ihrem Ehemann gestritten hat. Es tut auch nichts zur Sache, dass sie nach dem Konflikt eindeutig zu viel Wein getrunken hat und sich stundenlang am Computer um eine Schlichtungs-eMail bemüht hat. Alle Wörter und Argumentationen die ihr einfielen, waren nichts wert. Keiner einzigen Argumentationslinie, die sie gefunden hat, hätte ihren stetig rational denkenden Ehemann überzeugen können. So verging Stunde um Stunde an diesem lästigen Bildschirm. Und als es dämmerte und auch die Vögel erste Lebenszeichen von sich gaben, wollte sie sich zumindest ein wenig ausruhen. Sie klappte ihr Laptop zu und legte sich auf die, mit blumenverzierten Kissen ausgestatteten,Terrasse vor ihrer kleinen Hütte am Rande der Zivilisation. Als sie durch ein nicht identifizierbares Geräusch aufschreckte, war es ihr klar. Wie durch ein Wunder, kam ihr die rettende Idee. In ihrem Dämmerzustand, der durch den schlechten Wein noch verstärkt wurde, versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen und auch zu Papier zu bringen. Als dies geschehen war, freute sie sich über die eiskalte Dusche, die ihr sonst Unbehagen bereitete. Aber heute sollte gerade dieses Kälte die Lebensgeister wieder wecken. Der dünne Kaffee, den sie danach zubereitete, half bei diesem Unterfangen nur bedingt. Jedoch war Emilia so klar bei sich, dass sie die lauwarme Brölle auch nicht mehr aufhalten konnte. Heute würde ihr es also gelingen….
Ich wollte schon immer mal Archäologin werden, jetzt ist mein Traum endlich wahr geworden. Doch so hatte ich es mir nicht vorgestellt, mit 40 Grad mitten in Ägypten in einer Ausgrabunsstätte zu stehen.
„Ich grabe hier schon seit fünf Stunden und noch keine Mumie oder zumindestens eine alte Vase.“, dachte sich Marina und sah auf die Sonne die ohne eine einzige Pause schon den ganzen Tag auf sie herrunter schien. Erschöpft nahm sie ihr Messband und messte ihr gegrabene Loch aus. „Sollte ich vielleicht doch noch tiefer graben oder mehr nach links?“, überlegte sie nachdenklich. „Was würde mir der Profesor jetzt wohl raten?“, Marina hatte erst vor kurzem die Ausbildung zu ihrem Traum Job beendet und das war ihr erster Einsatzt doch irgendwie klappte es nicht ganz so wie sie es sich erträumt hatte. „Wahrscheinlich, sollte ich mal eine Pause machen es bringt mir nichts wenn ich hier noch zwei Stunden weiter grabbe.“
Der Schweiß gläntzte auf Marinas Haut,die inzwischen schon ganz braun war. Sonnencreme half hier nicht mehr.
Sie trank einen Schluck aus ihrer Flasche und schüttete das restliche Wasser über sich. Marina konnte das Wasser khüle wasser an sich herrunter laufen spüren und schon gleich fühlte Marina wie sie neue Energie bekam.
Aufgeben würde sie nicht! Sie hatte hart dafür gearbeitet um endlich hier zu sein, so leicht würde sie das hier nicht aufgeben. Und plötzlich kam ihr eine neue Idee, wie sie doch noch etwas finden könnte: „Wahrscheinlich grabe ich ja an einer ganz falschen Stelle. Ich sollte lieber im alten Dorf der Ägypter graben, statt neben der Sphinx.“
Mit neuem Mut packte Marina ihre Ausrüstung zusammen und machte sich auf den Weg zum verlassen Dorf. „Sie war sich dieses mal ganz sicher dass, sie auf dem richtigen Weg war!
Da stand ich also in der Hitze und die Sonne brannte auf meinen Schultern. Die Aufregung machte mich tollpatschig, für verbotene Aktionen bin ich einfach die Falsche.
Aber der Traum war so realistisch, ich konnte nicht anders. Ich musste mir das Loch anschauen.
Ich habe genau 40 Minuten Zeit hier unten, dann kommen die Arbeiter aus Ihrer Pause wieder.
Und dann würde mich mein Outfit auch nicht retten, es grenzte schon an ein Wunder dass ich die Baustelle ohne Fragen betreten konnte. Selbstbewusst mit arrogantem Blick bin ich einfach rein spaziert und mein hämmerndes Herz und die feuchten Hände habe ich irgendwie versteckt.
Jetzt wusste ich nicht so recht was tun, jetzt wo ich an meinem Ziel angekommen bin. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nicht erwartet so weit zu kommen.
Ich schaute kurz nach oben, niemand war zu sehen. Den Meterstab geschnappt stocherte ich in einem der kleinen Löchern rum – warum? Keine Ahnung.
Dann ging alles sehr schnell, etwas zog an dem Meterstab und ich konnte meine Hände nicht von ihm lösen. So sehr ich mich bemühte konnte ich nicht loslassen. Mit ganzer Kraft zerrte ich am dem Meterstab und versuchte ihn aus dem Loch zu ziehen – ohne Erfolg.
Ein seltsames surrendes Geräusch erklang und mir wurde schwindelig. Das Loch erschien mir auf einmal riesig und ich wurde in das Loch gezogen.
Mir wurde schwarz vor Augen und als ich wieder etwas erkannte war ich in einer Höhle.
Alles funkelte und glitzerte, es roch nach feuchter Erde und Blumen. Wo war ich? Ich stand vorsichtig auf und klopfte mir die Erde von der Hose.
`Da bist du ja endlich – hat ja lange gedauert´
Hektisch suchte ich die Person zu der rauen kratzigen Stimme gehört – ohne Erfolg.
`Hallo? Wer ist da´ war alles war ich herausbrachte.
`Der Rufer aus deinem Traum´ erklang die Stimme erneut, diesmal etwas lauter.
`Oder wie kommst du sonst hier her´ fragte die Stimme ohne Gestalt und offensichtlich genervt.
`Wo bist du? Und wo bin ich hier´ fragte ich vorsichtig und schaute mich wieder in der Höhle um.
Ich traute mich nicht mich von der Stelle zu bewegen.
Etwas streifte mich am Arm und mir entfuhr ein Schrei.
Erneut erklang das surrende Geräusch und alles begann sich zu drehen, kurz schwarz vor Augen saß ich wieder draußen in der Sonne.
Was war gerade passiert? Von weitem hörte ich die Stimmen der Arbeiter, die Pause war wohl vorbei. Ich kletterte mit weichen Knien aus der Grube und nickte den Arbeitern zu als sie mit entgegen kamen.
Puh, keine Ahnung was hier passiert was – aber eins war sicher, ich komme wieder.
Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich mein ehrlich. WAS hatte ich mir nur dabei gedacht? „Komm mit uns mit nach Ägypten, Tina!“ „Das wird toll, Tina“ „Du kannst am Pool liegen, während wir an der neuen Ausgrabungsstätte arbeiten“. Ja und wo stand ich jetzt? Genau – in der Ausgrabungsstätte! Genauer gesagt IN der Ausgrabungsstätte in einem staubigen, tiefen Erdloch. Und wer lag auf meinem Liegestuhl in der Sonne neben dem Pool und ließ sich Cocktails mit süßen Schirmchen bringen? Genau – Nicht ich! Anstatt meiner neusten Ausgabe von „Glamour Girl“ hielt ich mittlerweile den fünften abgewetzten Zollstock in der Hand, den ich genau nach Simons Anweisungen in besagtem Loch auslegen musste.
„Ein bisschen weiter links, aber immer noch Parallel zu dem letzten! Ja… ja so, das sieht gut aus!“, gab er mir gerade die neue Anweisung. Ich konnte es mir nicht verkneifen, genervt die Augen zu verdrehen. Wir waren hier schon gefühlt seit Stunden zu Gange. Während ich hier unter der brennenden Sonne die Zollstöcke hin und her schob, stand Simon relaxt unter einem Sonnensegel und knipste mit seiner Kamera zu mir herab.
Natürlich hatte ich meine Sonnencreme im Hotel vergessen. Auch sonst war ich nicht perfekt für das Gewerkel hier ausgestattet. Man hatte mir zwar notdürftig einen Blaumann gegeben, nachdem ich mir beim ersten Abstieg über die engen Leitern in die Ausgrabungslöcher das Knie aufgeschürft hatte, aber ein Shirt, was meine Schulter bedeckte, konnte nicht aufgetrieben werden. Ich merkte bereits jetzt, wie die Haut unter meinem schulterfreien Shirt zu spannen begann. Einen Sonnenbrand würde ich also auch noch bekommen! Herzlichen Glückwunsch!
„Und wie läufts bei Euch?“, hörte ich da eine Stimme über mir. Carolines braune Locken tauchten neben Simon auf und kurz darauf winkte sie mir fröhlich zu.
„Ist das nicht der Wahnsinn hier?“, sie glühte förmlich vor Begeisterung. „Wir haben nebenan mit einer weiteren Schichtabtragung begonnen, dabei haben wir Substanzveränderungen festgestellt und Mr. Sullivan geht davon aus, dass es Keramikschalen sein könnten. Vielleicht finden wir tatsächlich Grabbeigaben!“ Sie jauchzte vor Aufregung auf und ich meine sogar einen kleinen Luftsprung gesehen zu haben. Simon schien genau so erregt, angesichts der Aussicht auf alte Töpfe und Tassen.
„Das ist doch nicht zu fassen“, zischte ich vor mich hin, als Simon sich oben genau von Carolin beschrieben ließ, wie sie bei der Abtragung vorgegangen waren. Warum hatte Alex sich auch nur den Fuß verstauchen müssen. Er hätte hier stehen müssen, nicht ich! Und er hätte jetzt auch mit Simon und Carolien Ringelreihen tanzen sollen, anstatt sich seinen Allerwertesten auf der Strandliege platt zu liegen! Das war definitiv MEINE Aufgabe!
Frustriert pfefferte ich den sechsten Zollstock auf den Boden.
Klonk! Ich stutzte erstaunt. Der Zollstock hatte irgendwas getroffen, was im Sandstein unter mir vergraben war. Ohne an ordnungsgemäße Ausgrabungstechniken nachzudenken kniete ich mich neben dem Zollstock auf den Boden und kratzte mit meinen Fingern über den harten Sand. Nach und nach erschien ein irdenes Gefäß mit verblassten Bilder darauf. Es sah aus wie eine Flasche – oder eine Urne? Ich betrachtete das Bild genauer und merkte wie ich den Atem anhielt. Diese Linien, diese Gestalten. Eine Gänsehaut breitete sich über meine Arme aus. Erschrocken stieß ich die Luft aus. Das Bild… Es sah aus wie… Nein! Das konnte doch nicht wahr sein!
Eine gut aussehende Frau steht selbstbewusst in einer Grube, die sich auf einer Baustelle befindet. Sie hält ein Massband in der Hand und scheint zu wissen, was sie zu erledigen hat. Doch sieht sie die Grube um sich herum? Wie ist sie da rein geraten? Gehört sie dort hin? Das sind Fragen im Leben, die sich viele junge Menschen, die Mitte 20 sind, fragen. Man steht mit beiden Beinen im Leben, hat eigentlich alles im Griff, doch man beginnt sein Leben von aussen zu sehen, als neutraler Geist, distanziert von der Umgebung, die wir Realität nennen. Wie sind wir dorthin gelangt, wo wir jetzt im Leben sind? Stehen wir vor einer Sackgasse, in einer Grube, oder am Anfang einer Leiter? Diese Frau sieht sich in der Grube, zwar erfolgreich und zielstrebig, doch sie hat das Ziel selbst aus den Augen verloren. Sie hat sich mit ihrem Job, den die Gesellschaft als gut ansieht, eine Grube gegraben. Sie musste vorwärts kommen, einen guten Lohn haben, Weiterbildungen besuchen, eine teurere Wohnung beziehen, da sie es sich jetzt leisten konnte. Die teure Wohnung braucht extravagante Möbel, also macht sie weiter mit ihrer Karriere und gräbt sich immer tiefer hinein. Bis zu diesem Moment. Wofür gibt sie eigentlich ihre Kraft und ihr Talent her? Ist sie wirklich glücklich? Nein. Sie wählte den einfachen Weg, den alle gehen im Leben. Eine solide Ausbildung, einen gut bezahlten Job, doch als sie alles erreichte, was in der Gesellschaft als Ziel jeden Lebens gilt, war sie nicht glücklich. Es war nicht IHR Ziel, nicht ihre Baustelle, an der sie so fleissig arbeitete. Sie nimmt alle Kraft zusammen und klettert aus der Grube hinaus, um endlich die Sonne auf ihrer Haut zu spüren, den Wind in ihren Haaren und das Gefühl der Freiheit. Ihre Entscheidungen, ihr Risiko, aber falls es scheitern würde, wäre es ihre Grube auf ihrer Baustelle, nicht diejenige der Gesellschaft.
Da steht sie nun völlig aufgeregt vor dem Eingang einer ihr bisher unbekannten Welt. Monat lange Arbeit in der sengenden Sonne, finden endlich ihre verdiente Belohnung. Oder wird es, wie so oft nur eine neue Enttäuschung.
Voller Erwartung hält sie zuerst einmal inne, um ein wenig zu verschnaufen. Sie zieht sich den Sonnenhut von ihrem Kopf, um sich etwas Luft zu fächern. Damit ihr, von der Mittagssonne erhitzter Körper, der in einem verschwitzen weißen Hemd und einem verschmutzten Overall steckte, etwas abkühlte.
Nun ist es endlich soweit. Wie lange hatte sie auf diesen Moment hingearbeitet.
Durch diesen letzten Spatenstich kann sie in die Geschichte der Archäologie eingraben.
Sie, die schwache Frau, welche man so etwas niemals zugetraut hätte.
Und schon gar nicht hier, in einem von Männer dominierten Beruf. Gerade hier in dieser Wüste, die Jahrtausend alte Geheimnisse, mit ihren gierigen Sand-Armen, umschließt und verborgen hält.
Es hatte schon Viele gegeben, die versuchten die Geheimnisse der Wüste zu lüften, ihr die Schätze zu entreißen und dies mit ihrem Leben bezahlten.
Nicht umsonst spricht man von dem Fluch des Pharaos. Und es gab auch Viele, die es vor ihr versucht hatten, den Eingang zum Grab des letzten Pharaos zu finden.
Nun war es endlich soweit. Sie zog wieder ihren Sonnenhut auf, bäumte sich mit aller Kraft gegen den Widerstand dieser Wüste auf, um mit ihrem letzten Spatenstich in die Jahrtausend alte Vergangenheit vorzudringen.
Und tatsächlich durchbrach sie die Wand, die ihr den Weg in die Geschichte Ägyptens freigab und sie von der Schönheit der Welt der Pharaonen hineingezogen wurde.
Schnell kamen Helfer herbei gerannt, um das kleine geschlagene Loch zu vergrößern und es öffnete sich der lang gesuchte und verschollene Eingang des Grabes des letzten.
Mit diesem letzten Spatenstich schrieb sie, als gerade als Frau der Wissenschaft, archäologische Geschichte.
Du hast einen bildlichen Schreibstil und es gelingt dir, die Situation in der Geschichte nebenbei zu erklären. Die Struktur ist gut, es ist eine Story zu erkennen, jedoch könnten einige Stellen flüssiger werden und es ist noch etwas zu viel Wiederholung im Text. Beachte beim nächsten Text die Rechtschreibung und Punktuation etwas genauer. Du schaffst es aber, die Aufmerksamkeit des Lesers zu wecken und ihn auf die Folter zu spannen! Die Geschichte gefällt mir sehr gut, du hast eine blühende Fantasie, weiter so!
Tausend Worte
Ein Bild sagt mehr.
Sicher. Aber mit tausend Worten, tausend Wörtern kann man auch schon eine ganze Menge sagen.
Eine Frau in der Grube. Nein, nicht wie das Häschen im Kreis von vielen anderen. Kein anderer ist außer ihr zu sehen.
Auch nicht wie Josef. Sie ist zwar allein, aber nicht „im Loch“. Die Grube ist sonnenbeschienen, die Frau trägt einen Sonnenhut, um sich zu schützen.
Es ist eine Frau in einer Baugrube.
Und da ist sie ganz offenbar nicht versehentlich, nicht etwa hineingefallen.
Sie arbeitet.
Das ist immer noch bemerkenswert und eine Geschichte wert.
Es ist ein (100) Bild, das nicht den Normalfall abbildet. Im November 2018 noch immer ein Sonderfall.
Was tut sie genau? Was für eine Baugrube ist es?
Nun, sie trägt eine blaue Latzhose, eine weißes Hemd und ein rotes Halstuch.
Sie ist groß, schlank, jung. Vielleicht 25, 28, 30. Vom braunen Haar sieht man nicht viel, der Strohhut verdeckt es fast ganz.
In der Hand hält sie eine Art Zollstock, der abwechselnd in rote und weiße Abschnitte eingeteilt ist.Von dieser Art Zollstock gibt es im Bild eine ganze Menge, mindestens 3 liegen am Boden der Grube.
Es ist keine moderne Baugrube.
Wir sehen schwarze Plastikeimer (200) mit weißer Aufschrift, einen Spaten, ein Stück Leiter, einen gelben Schlauch mit wohl Zentimeter Durchmesser, also keinen Gartenschlauch, aber keine Maschinen. Keine elektrischen Geräte.
Die Gruße ist nicht sehr groß, und sie hat offenbar mehrere Geschosse.
Von oben kommt man mit einer Leiter herein. Die Wände sind gerade und rechtwinklig.
Man landet auf einer Fläche, die etwa einen Meter breit ist. Dort steht und liegt das ganze Gerät. ABer das ist nicht der Boden der Grube, auf dem die Frau steht und arbeitet.
Der leibt nochmal fast 2 Meter tiefer. Eine Seite schließt mit der geraden Wand von oben ab, aber auf der anderen SEite ist die Grube rund.
Es könnte sich um eine Ausgrabung handeln. An der geraden Seite befindet sich eine ARt Tisch. Er schließt direkt an die Wand an, und ragt 30 Zentimeter in den Raum hinein. Nur hat er keine Tischbeine, sondern eine durchgezogene Vorderwand, auch die Seitenwände sind geschlossen.
Aber für eine Ausgrabung ist alles zu ordentlich, zu glatt. Es sieht aus wie frisch verputzt. Könnte Lehmputz sein. Eine Rekonstruktion einer antiken Ausgrabung?
Die Frau eine Restauratorin?
Schon möglich.
Dann wäre der Tisch vielleicht ein antiker Altar?
Das ganze eine Art Opferstätte?
Etwas liegt auf dem Tisch. Schade, die Auflösung des Bildes reicht nicht, um es zu erkennen. Das eine könnte eine dreieckige Maurerkelle sein, die zum Verschmieren des Lehmes verewendet hat. DAs andere ist ein dunkles viereckiges Ding, größer als die Kelle, mit Löchern drin.
Hmm. Löcher gibt es auch an anderer STelle noch – im der Vorderwand des Tisches, des Altars. Die sind viel größer. Vier Stück, und man könnte gerade mit der Hand durchkommen.
Tja. Vierzig Minuten sind um. Ich will nicht schummeln.
Schade, die tausend Wörter werde ich in der vorgegebenen Zeit nicht schaffen.
ABer es stimmt. Ein Bild sagt mehr.
Und es sagt vor allem wohl auch jedem etwas anderes.
Es regt die Fantasie an, lässt einen im eigenen Gedächtnis nach ähnlichem suchen.
Und es kann sehr viel sagen und dennoch rätselhaft bleiben.
Die Sonne brannte auf ihrer Haut. Wer hätte gedacht, dass sie als Rothaarige mir ihrer sonst so noblen Blässe jemals diese Bräune entwickeln würde? Noch dazu in so kurzer Zeit. Nicht zum ersten Mal in den vergangenen zwei Wochen lächelte sie in sich hinein. Sie wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn, stemmte die Hände in die Hüften und begutachtete ihr Werk. 30 Zentimeter – gar nicht mal so übel. Sie beschloss, eine Pause zu machen, schnappte sich eine Wasserflasche aus der Kühltasche und setzte sich unter die behelfsmäßig aufgespannte Plane in den Schatten.
Ihr Chef hatte dem Vorhaben, ein Sabbatical zu nehmen, um ein Brunnenbauprojekt in Namibia zu begleiten, wenig Sympathie entgegengebracht. Kein Wunder – soziales Engagement war ein Fremdwort für ihn. Etwas tun, ohne maximalen finanziellen Gewinn zu erzielen oder die eigenen Karrriere damit füttern zu können? Kommt ja gar nicht in Frage. Sie schüttelte den Kopf, als sie sich an das Gespräch erinnerte. Vom ersten Moment an, als ihr der allglatte ehemalige Banker vor die Nase gesetzt worden war, hatte sie gewusst, dass diese Zusammenarbeit nicht von Erfolg gekrönt sein würde. Aber leider konnte man sich seine Chefs nun einmal nicht aussuchen…
Liebe Lina,
cool, wie Du Dich in die Frau hineinversetzt und sofort eine ganze Story parat hast. Meinst du echt, es ist ein Brunnen, oder war es Dir ein bissschen egal? Namibia passt gut, und arbeiten mit den Mitteln, die traditionell verwendet, also werden passt auch.
Geht das, ein Brunnen mit Lehm? ABer ich sehe, ich bin scon wieder zu pingelig – eine Geschichte ist eine Geschichte…
Was hat sie denn beruflich in Deutschland gemacht?
Viel Spaß weiterhin – vielleicht lesen wir ja in nächster Zeit öfter voneinander….
Christiane
Liebe Lina
Ich mag es, wie du auch die Vergangenheit dieser Frau mit einbeziehst. Die Idee ist sehr gut, aber mir fehlt ein bleibender Abschluss, der könnte etwas extremer sein wie: Nun ist sie diejenige, die lächelt und der Chef ist, der Chef in ihrer eigenen Story… Nur so ein Entwurf, ich hoffe du verstehst was ich meine? Die Story an sich, an seine Träume zu glauben und es einfach durchzuziehen, obwohl andere Zweifel haben, finde ich toll und inspirierend.
Loch freischaufeln, Steinchen putzen, Pinsel wieder in die Kiste. Was ein komisch geformter Stein, könnte von Bedeutung sein. Ich lege ihn mal besser zum Rest und gebe ihm eine Nummer mit Fragezeichen. Den ganzen Tag bin ich hier in der prallen Sonne. Den Sonnenbrand habe ich schon vor 4 Tagen nicht mehr gespürt. Er ist wahrscheinlich alles Mögliche, nur nicht besser geworden. Den Maßstab auf den Boden legen, ganz sorgfältig und behutsam, wie immer, so macht man es richtig. Wer sich hier wohl einmal aufgehalten hat ? Was interessiert mich das eigentlich und warum bereitet es mir Freude in den Hinterlassenschaften mir unbekannter Menschen zu wühlen ? Am Ende weiß ich mehr über deren Gebäude und Techniken, die sie zu dem Erbau solcher Bauwerke befähigt hat als über das Paar, welches sich frisch verliebt auf diesen Stufen geliebt und danach eng umschlungen Pläne über eine gemeinsame Zukunft geschmiedet und sofort wieder verworfen hat, weil die Umstände es unmöglich machten. Die Ernte dieses Jahr war nämlich vorzüglich und er wird mit einer Gruppe Händler die Waren seiner Familie in die Haupstadt begleiten und dort seine ihm Versprochene zur Frau nehmen. Oder die die Kinder die sich über den Sinn und Unsinn der großen Leute ausliesen und dabei wie die aller, aller stärksten Ziegenböcke die Wand versuchten mit Händen und Füßen zu erklimmen. Ach wie dumm die Eltern doch seien, dass sie sich schon wieder über die Garderobe für den kommenden Winter und die neuen Farben stritten. Hauptsache die Klamotten sind warm, gemütlich und nerven nicht wenn man einen Purzelbaum macht. Und die alte Frau, die sorgfältig ihr Haar kämmt und die Gedanken in die Ferne zu ihren Kindern schweifen lässt und sich darum sorgt, dass auch alle genug zu Essen und mit ihren angeheirateten so viel Glück haben mögen wie sie mit ihrem Mann, den sie in diesem Moment besonders vermisst.
All das erzählen Steine nicht, aber mit ihnen vor Augen fällt es so viel leichter sich den Rest in den allerbuntesten Farben auszumalen.
Hallo Gedoenz,
hej, das ist ja ein richtiger Wirbelsturm von Ideen…
Vielleicht etwas atemlos. Aber Stoff für zwei oder drei Romane!!
Viel Spaß weiterhin
Christiane
„Ich glaube, hier könnte was sein!“ rief mir Shirley zu. „Gib mir mal das kleine Pinselset!“. „Bitte.“
Ich reichte ihr das Pinselset und sie begann unverzüglich damit, in der Ecke ihrer kleinen Grube im Sand herumzupinseln.
Sie würde auch diesmal wieder nichts finden. Davon war ich überzeugt. Aber ich liebte es, ihr vom Rand der Ausgrabungen in einem Faltsessel dabei zuzusehen, wenn sie mit ungetrübtem Eifer nach kleinen alten Dingen buddelte. Ich interessierte mich weder für Archäologie noch für den alten Plunder, den sie ausgrub. Ich interessierte mich aber sehr wohl dafür, wie ihre Haut leicht schwitzend in der Sonne glänzte und ihr T-Shirt spannte. Das sind doch die wahren Schätze.
Während ich ihr zusah, zündete ich mir eine Zigarette an.
Shirley pinselte da unter weiter als wolle sie einen Sandsturm entfachen.
„Oh Göttin der Wüste, lass ab von deinem Eifer und begleite deinen Mann zu einem Drink!“
Shirley schien mich nicht zu hören.
Pinsel links, Pinsel rechts. Ab und zu mal ein wenig gepustet.
So ging das schon seit drei elendig heißen Wochen.
Plötzlich hielt sie inne. Sie nahm etwas aus dem Sand, wog es in der Hand und betrachtete es genauer. Ich konnte nicht sehen, was es ist.
„Hast du etwa was gefunden?“
„Affirmativ“, sagte sie. Ich hasste es, wenn sie mich mit Pseudo-Militär-Slang aufzog.
„Was ist es?“
„Komm und schau es dir an!“
„Ehrlich, ich habe keine Lust in dein Sandloch zu klettern. Was ist es denn?“
„Es ist ein Evil Eye, auf einer kleinen Münze aus Bronze“.
„Was ist das denn?“
„Ein Symbol für das Böse, für den Verschlinger, für den Gott der Zerstörung. Das Symbol ist eindeutig und sehr klar erhalten. Ich verstehe nur nicht, weshalb das auf eine Münze geprägt wurde“.
Rückblickend bin ich mir sicher, dass dieser Fund das Ende meiner Ehe und den Anfang dieser ganzen Katastrophe markierte. Ich wünschte, ich hätte vorher noch einen Drink gehabt.
Hallo Gonzo,
würde ich sofort weiterlesen wollen. Spannend, und man ist sofort mittendrin.
Gruß, Christiane
Weltklasse!!! Dein Schreibstil ist klar, weckt Ausmerksamkeit und hat Humor. Ich würde diese Buch lesen wollen, weiter so!
Es war ein wolkenloser Tag in Athen. Bereits um 10.00 Uhr morgens hatte das Thermometer die 25 Grad Marke überschritten. Die Sonne brannte erbarmungslos auf Menschen, Tiere und Natur nieder und jedes Lebewesen suchte nach kühlender Entlastung. Die Ausgrabungsarbeiten waren bereits vorangeschritten, heute sollten die Vermessungsarbeiten der freigelegten Gänge stattfinden. Laura fiel es schwer, das Maßband gerade in Ihrer Hand zu halten. Die letzte Nacht steckte ihr noch in den Knochen und die Erinnerungen blitzten in kurzen Sequenzen auf. Was war geschehen? Der Strohhut auf Ihrem Kopf hielt die Hitze nur notdürftig ab und verwandelte ihr Gehirn in eine träge Masse, so sehr sie sich auch anstrengte, jeder Gedanke entglitt ihr. Müde senkte sie den Blick und hielt einen Augenblick inne, um sich zu besinnen. Das Gemäuer um sie herum schien immer näher an sie heranzurücken und verursachte eine zunehmende Enge in Ihrer Brust. Schwer atmend sah sie sich nach den anderen um, doch niemand war zu sehen. Die Luft flirrte und das Zirpen der Grillen verstärkte die trügerische Stille um sie herum. Der Schweiß rann ihr in Strömen über das Gesicht und an ihrem Körper herab. Sie versuchte zu schreien, aber ihrer ausgetrockneten Kehle entwich kein Laut. Sie konzentrierte sich auf einen Punkt als alles um sie herum begann zu verschwimmen. Sie wehrte sich noch einen kurzen Augenblick und überließ sich dann der Ohnmacht, die sich wie eine gnädige Decke über sie senkte.
In 15 min:
(…) Die Ausgrabungsarbeiten neigten dem Ende zu. Nichts von dem was Hanne sich zu Anfangs des Projektes vorgenommen und erhofft hatte, war zu Tage gekommen. Ein Reinfall, verflixt noch mal.
Die Arbeiterhatten sich längst zur Mittagspause zurück gezogen. Die Sonne schien heiß und eigentlich hätte auch sie Hunger verspüren müssen. Aber Hanne war zu tief in ihre Gedanken versunken, um darauf zu achten. Angestrengt überdachte sie noch einmal ihre ursprünglichen Recherchen: alle Daten, Quellen und Berechnungen passten perfekt auf ihr Projekt. Sie musste einfach fündig werden!
Deshalb nutzte sie jetzt die Gelegenheit, unbemerkt in allen Ecken und Winkeln der ausgehobenen Grube zu stochern, klopfte ein weiteres Mal stur den steinigen Grund ab, auf der Suche nach einer hohl klingenden Stelle.
Doch ihre Versuche brachten nicht das erwartete Ergebnis. Hanne beschloss dass sie trotz allem nicht aufgeben wollte. Sie würde sich einen Tag Pause zu nehmen. Sie würde ihren besten Freund und Archäologie-Experten anrufen und zu Rate ziehen. Jawohl. Dieses Unternehmen hatte sie zu viel Zeit, Geld und Energie gekostet, um sich so schnell geschlagen zu geben. (…)
Praktikum
Wie bin ich bloß hierhin geraten? Was zum Teufel mache ich hier? Und warum gibt es sowas wie Portschlüssel oder magisches Pulver nicht wirklich oder jedenfalls nicht dann, wenn man es dringend bräuchte?
Hör jetzt auf mit der Jammerei, . Das bringt dir nichts. Da musst du jetzt durch.
Versuch es irgendwie zu überstehen.
Nein, ausgesucht hast du dir das nicht. Nicht wirklich. Du hast dich nur für das kleinste von verschiedenen möglichen Übeln entschieden. Irgendein Scheißpraktikum musstest du ja machen, das war dir lange genug bekannt. Also, tief durchatmen, eine Panikattacke kannst du jetzt gerade sowas von gar nicht gebrauchen……….
Allmählich wirst du ruhiger. Was soll schon passieren. Und bitte: ein Praktikum an einer Ausgrabungsstelle – es hätte übler kommen können.
Immerhin ist das hier ein weiterer Schritt in Richtung „normales Leben“. Dass du im Moment so gar keinen Plan hast, was du machen sollst, das ist völlig in Ordnung. Das kannst du gar nicht wissen. Es ist die erster Tag hier und der Vorarbeiter noch nicht da und nein, das ist nicht deine Schuld……….
Ich folgte Ryan über die schmalen Sandwege, die zwischen den Ausgrabungsstätten entlangführten. Zu beiden Seiten fiel das Gelände mehr als drei Meter tief ab und ich musste mich darauf konzentrieren, nicht mit den Schuhen über die weichen Ränder der Wege abzurutschen.
Als wir bei der letzten Ausgrabungsstelle angekommen waren, stand Ryan´s Frau mit einem Zollstock in der Hand in der Grube, sie hatte uns nicht kommen sehen. Ich war ein wenig nervös, obwohl ich sie bisher kaum kennengelernt hatte. Bei einem Geburtstag von Scott hatten wir einige Wochen zuvor ein paar unverbindliche Worte gewechselt. Aber von Ryan wusste ich, dass ihr Verhältnis in letzter Zeit angespannt war, was nicht zuletzt daran lag, dass ich mittlerweile mehr Zeit mit ihrem Mann verbrachte, als sie selbst.
„Hey Mag“ rief Ryan ihr zu und sie drehte sich suchend nach uns um, blinzelte in die Sonne, die hinter unseren Rücken stand und sie blendete. Sie legte ihre Hand schützend über die Augen und als sie uns erkannte, legte sich sofort ein versteinerter Ausdruck auf ihre Lippen. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich wieder ab, packte eine kleine Tasche mit Werkzeug zusammen und klettert über eine schmale, verbeulte Aluminiumleiter aus der Grube.
Der Anfang scheint mir viel versprechend – wie geht’s weiter? ;-)
Ich folgte Ryan über die schmalen Sandwege, die zwischen den Ausgrabungsstätten entlangführten. Zu beiden Seiten fiel das Gelände mehr als drei Meter tief ab und ich musste mich darauf konzentrieren, nicht mit den Schuhen über die weichen Ränder der Wege abzurutschen.
Als wir bei der letzten Ausgrabungsstelle angekommen waren, stand Ryan´s Frau mit einem Zollstock in der Hand in der Grube. Ich war ein wenig nervös, obwohl ich sie bisher kaum kennengelernt hatte. Bei einem Geburtstag von Scott hatten wir einige Wochen zuvor ein paar unverbindliche Worte gewechselt. Aber von Ryan wusste ich, dass ihr Verhältnis in letzter Zeit angespannt war, was nicht zuletzt daran lag, dass ich mittlerweile mehr Zeit mit ihrem Mann verbrachte, als sie selbst.
„Hey Mag“ rief Ryan ihr zu und sie drehte sich suchend nach uns um, blinzelte in die Sonne, die hinter unseren Rücken stand und sie blendete. Sie legte ihre Hand schützend über die Augen und als sie uns erkannte, legte sich sofort ein versteinerter Ausdruck auf ihre Lippen. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich ab, packte eine kleine Tasche mit Werkzeug zusammen und klettert über eine schmale, verbeulte Aluminiumleiter aus der Grube.
Lieber Alfred
Meine Zeilen gelten dir. Ich danke dir für das Foto das du von mir in der Grube. Jeden Morgen so lange ich warte bis mein winziger Gaskocher geschafft hat das Wasser für meinen Kaffee zu der Temperatur zu bringen die es erlaubt einen mehr oder weniger trinkbaren Kaffee zu brühen, betrachte ich es die ganze Zeit. So viele Tage schon durfte ich Krümel für Krümel aus dieser Grube bergen. Immer mehr ist zu sehen wie hier gelebt wurde in längst vergangener Zeit.
Du kennst die Leidenschaft die in mir wohnt. Die mich Tag für Tag wie von Geisterhand in diese Grube zieht. Die mich in mühsamster Kleinarbeit nach den Geschichten in den Sedimenten suchen lässt. Auch wenn es da scheinbar nichts bedeutendes zu finden geben wird. Ich brenne danach Spuren zu entdecken, die mir die Geschichten aus vor Millionen Jahren offenbaren. Du mein treuer Freund weißt das nur all zu gut.
Wie oft schon hat mich die Sonne für die ich nichts weiter bin als jemand der in einer Grube steht, meine Haut verbrannt und auch gezwungen meine Suche nach der Vergangenheit den Geschichten den Schicksalen die diese Menschen bewältigen mussten für Stunden zu unterbrechen. Es waren Menschen wie du und ich und vielleicht haben sie genau so gelebt wie wir. Haben das selbe gegessen getrunken und auch ihre Frauen haben sich mit Goldenen Kleinoden geschmückt um ihren Traumprinzen zu finden. Haben vielleicht den selben Kampf ums Tägliche Brot gekämpft. Sind siegreicher als wir gewesen oder haben ihn verloren.
Ob ich will oder nicht, … und du mein lieber Alfred der mich besser kennt als meine eigene Mutter, ich muss genau da sein in genau dieser Grube und ich muss da jeden Tag sein ob ich will oder nicht. Ich danke dir für dieses Foto.
Deine Freundin Lisa
Ps: Du weißt wo du mich findest. ;)
die heiße Mittagssonne schien erbarmungslos auf Katharinas Nacken, doch selbst die Hitze konnten sie nicht vom Weitergraben abhalten. Jahrelang hatte sie von diesem Moment geträumt und nun schien er zum Greifen nahe.
Das Adrenalin pochte in ihrem ganzen Körper und ließ sie die Erschöpfung vergessen. Katharina legte die kleine Schaufel beiseite und griff zu dem kleinen Besen den sie mitgebracht hatte. Schon seit Jahren war sie mit der Recherche und den Ausgrabungen beschäftigt gewesen und hatte einige herbe Rückschläge einstecken müssen. Doch nun schien es als hätten sich die Bemühungen endlich gelohnt. Katharina’s Atem wurde ohne dass sie es bemerkte schneller. Noch ein paar Minuten und sie würde wissen, ob sich die jahrelangen Mühen gelohnt hatten.
* Bauvertrag, nicht Bauberatung :)
Zusammen ein Haus bauen! Das wollten sie. Und jetzt hatten sie sich wieder gestritten. Wie jeden Tag der letzten Wochen. Über Nichtigkeiten. Als wären sie sich plötzlich Fremde geworden, die nur noch an einander vorbei laufen statt miteinander zu leben. „Timing, das Talent hatte ich noch nie“, sagt Rosalie zu sich selbst. „Ausgerechnet jetzt scheint alles in Schutt und Asche zu liegen. Am liebsten würde ich meine sieben Sachen packen und soweit fahren wie mein Tank mich bringt, aber machen wir uns nichts vor. Wenn die Eheschließung uns nicht ewig aneinander bindet tut es dieser Bauberatung ganz sicher. Verdammt, jetzt habe ich das schon 3 Mal nachgemessen und kann es schon wieder machen. Ich bekomme meine Gedanken nicht gefasst“. Mit einem tiefen Säufzer klappt sie den Zollstock zu, wischt sich die Tränen aus dem Gesicht und klettert aus der Baugrube. Während sie in ihr Auto einsteigt und die Musik laut aufdreht, nicht sie zustimmend mit dem Kopf. Das einzige was jetzt noch hilft, ist ein kühles Glas Aperol Sprizz mit Ausblick auf’s Meer. Im Radio läuft „This is the right time“ von Lisa Stansfield. „…. to believe in love“, singt Rosalie mit. Reizender Humor, Leben, welch reizender Humor!
Der Fotograf
Eigentlich wollte sie bloss kurz spazieren gehen, da sprach er sie an. Irgendwie passierte ihr das in letzter Zeit öfters. Diese Begegnungen mit Menschen, die plötzlich auftauchten und einfach nur kurz mit ihr plauderten – alt, jung, Mann, Frau. Ob es daran lag, dass sie einfach nur das machte, wonach ihr gerade war. So wie jetzt! ‚Hey, ich bin in Portugal. Gut, meine Freundin hat in letzter Minute den gemeinsamen Urlaub abgesagt, aber kein Grund zur Traurigkeit. Ich gehe jetzt noch mal hinaus und entdecke die Gegend ein bisschen.‘ – so dachte sie. Und jetzt stand sie da, in dieser Baugrube oder war es doch eher eine archäologische Schatzgrube, hielt einen Zollstock in der Hand und dachte: ‚Schon irgendwie verrückt‘! Sie lächelte heimlich, denn der Fotograf sah sie ja nicht!
Das finde ich sehr leicht schmunzeln und spannend, macht Lust auf mehr….Danke schön fürs Lesen dürfen
ja es macht lust auf mehr. Waren deine 45 Min schon um?
Gosh, es ist warm! Ich spüre, wie sich die erste Schweißperle bildet und langsam meinen Rücken hinunterrinnt. Die Mittagssonne brennt mir im Nacken. Die Luft um mich herum steht still. Keine einzige Brise, die etwas Abkühlung bringt. Und das bereits seit Tagen. Ich sehne mich nach der Klimaanlage im Hotel.
Stell‘ dich nicht so an! Du hast dich selbst für diesen Trip und dieses Projekt entschieden! Und du wusstest ganz genau, was dabei auf dich zukommen würde. Ist das wirklich so? Habe ich mich für dieses Projekt aus freien Stücken entschieden? Mein Magen zieht sich für einen kurzen Augenblick zusammen. Je länger ich über diese Entscheidung, die bereits getroffen wurde, nachdenke, desto mehr bekomme ich das Gefühl, dass sie mir aufgedrängt wurde. Aaron weiß genau, wie sich Projekte verkaufen lassen. Nicht nur an Förderer und Sponsoren, sondern auch an Forscher. Am Ende war jeder, ich einbegriffen, genug davon überzeugt, dieses zähe, langjährige Projekt anzugehen. Ein Projekt, bei dem noch nicht einmal sicher ist, ob es zu einem Fund führt. Seit Wochen graben wir ohne Erfolg. Will er mich abseits vom Institut abstellen und mit einem hoffnungslosen Projekt betreuen? Oder sieht er in mir tatsächlich die nüchterne, aber gewissenhafte Archäologin, die kurz vor ihrem Durchbruch steht?
Rebecca war verwirrt. Sie war sich sicher den ersten Quadraten richtig abgemessen und die Fundstücke ordentlich katalogisiert zu haben.
Hatte in der Mittagspause jemand ihren Arbeitsbereich verunreinigt?
Schweiß rann ihr den Rücken hinab und das rote Haar unter ihrem Strohhut klebte ihr an der Stirn. Allerdings brachte nicht allein die glühende Sonne sie zum Schwitzen
Wer aus der Gruppe sollte ihr einen derart bösen Streich spielen? Oder war es vielleicht gar kein Spaß? Immerhin ging es hier um ihren guten Ruf als Archäologin und sie spürte genau, dass sie kurz vor dem Durchbruch war. Allerdings war nicht jeder und jede in ihrer Mannschaft davon überzeugt.
Konnte Thomas ihr den Erfolg nicht gönnen? Störte es ihn, ständig im Schatten seiner Frau zu stehen und nur der Helfer zu sein?
Nein! Sie schob den Gedanken von sich. Das konnte nicht sein, ihre Ehe beruhte auf Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung. Sie half ihm bei seine Projekten, er ihr bei den ihrigen.
Sicher, es war nicht einfach, wenn beide die selbe Leidenschaft und Profession teilten, aber genau dass war es auch, das sie so tief mit einander verband. Jeder verstand den anderen ganz genau und wusste wie er sich fühlte. All die Höhen und Tiefen während ihrer Ausgrabungen durchlebten sie gemeinsam.
Auch wenn jeweils nur einer die Führungsrolle innehatte, so war es doch stets ihr gemeinsames Projekt. Thomas konnte es also nicht gewesen sein. Aber wer dann?
Katja vielleicht? Sie war von Anfang an die Rebellischste der Gruppe gewesen. Ständig stellte sie Rebeccas Entscheidungen als Leiterin in Frage und versuchte sie vor dem Rest der Mannschaft unglaubwürdig zu machen. Bisher war es Rebecca mit Geduld und Kompetenz ganz gut gelungen Katja im Zaum und die anderen bei der Stange zu halten.
Wenn ihr aber jetzt durch Sabotage ein Fehler unterstellt wurde, wie wurden die anderen darauf reagieren?
Sie musste mit Thomas die Situation besprechen. Vielleicht fanden Sie zusammen eine Lösung. Bis dahin würde sie einfach so tun als wäre nichts geschehen und so weitermachen wie vorhin.
Sie nahm den Zollstock wieder in die Hand und sank auf den Boden. Auch wenn sie sich bei ihrer Arbeit oft in Erdbodennähe bewegte, so leicht würde sich nicht in die Knie zwingen lassen.
Chapeau!
Die Frau mit Hut…
Sie wurde als Fachexpertin aus Spanien eingeflogen, um ein besonderes hartnäckiges Problem zu bewältigen. Juanita Fortaleza war die Tochter eines mexikanischen Bauingenieurs, die sich in der Vermessungstechnik im vergangengenen Jahr einen Namen gemacht hatte.
Soooo selbstvergessen konnte Sie sein, wenn Sie
Sie hielt den Zollstock in der Hand und schüttelte leicht ihren Kopf. „Unmöglich!“ murmelte sie . „Jetzt habe ich so sorgfältig gegraben und noch immer habe ich die erforderlichen Maße für das große Eichenfass nicht erreicht!“
Tabea hatte schon beim Kauf dieses Hauses sorgfältig mitbedacht, dass sie endlich ihren langgehegten Traum von einem eigenen Weinkeller verwirklichen möchte und die Bedingungen, die dieses Anwesen geboten hatte, waren wirklich vielversprechend und führten dann vor einem halben Jahr auch zum Kauf. Nun waren die vielen Hektar des fruchtbaren Bodens, die bereits von den Vorbesitzern zur Kultivierung erlesener Reben genützt wurden, in ihrem Besitz. Immer wenn ihr das in den Sinn kam, spürte sie eine tiefe Freude, eine Leichtigkeit, auf der Suche nach Worten für diese Welle, die sie warm in sich spürte, war ihr nur der Begriff „daheim“ eingefallen, daheim und angekommen. Sie sah dass ausschließlich mit natürlichen Materialien gebaute Mauerwerk, dass eine warme Gemütlichkeit ausstrahlte und sie an die Häuser ihrer Urlaube in der Toskana erinnerte. Gleich beim ersten Betreten dieses Hauses stieg ein Dejavu in ihr hoch und sie sah sich augenblicklich mitten in ihrem Traum.
Der Keller war hervorragend geeignet für ihr Vorhaben und wurde schon immer als Lagerraum für den begehrten Traubensaft genützt. Nur für das große Eichenfass, in dem sie später dann einen Barrique produzieren wollte, für das mußte sie erst Platz schaffen. Daher grub sie händisch bereits seit Wochen unermüdlich ein Loch in den Lehmboden ihres Naturkellers und wunderte sich tagtäglich, dass sie weiterkam und dennoch von ihrem Ziel unendlich scheinende Zentimeter entfernt war.
Als Frau so alleine mit einer Arbeit, die eigentlich Männerarbeit war, stählte zwar ihre Muskeln und gab ihr ein Gefühl von Kraft und Energie, trotzdem wurde ihr bei jeder Messung bewußt, wie sehr ihr jetzt ein Partner an der Seite fehlte, der mit ihr gemeinsam die Vorfreude auf die Fertigstellung teilen würde und mit dem sie selbstverständlich schon diese anstrengende Handarbeit, das Buddeln und Graben längst erledigt hätte.
Sie hatte es endlich gefunden. Die Wasserleitungen lagen vor ihr. Judith hätte schon gar nicht mehr damit gerechnet. Vier Monate suchte sie danach. Endlose Tage in unmenschlicher Hitze, weg von daheim, übernachten in Zelten, schlechtes Essen und meistens kein Handyempfang. Sie hatte fast die Hoffnung verloren und wollte die letzten Tage sogar fast schon aufgeben. Seit Tagen hatte sie schon nicht mehr mit Max gesprochen. Das letzte Mal hatten sie sich im Streit getrennt. Judith wusste nicht, ob die Beziehung überhaupt noch halten würde. Seitdem hatte sie kein Netz mehr. Und sie konnte mit niemandem darüber sprechen. Und das viertausend Kilometer von der Heimat entfernt. Erbarmungslose Hitze von fast vierzig Grad im Schatten, und ganz in der Nähe hatte ein Krieg begonnen. Das Archäologen waren zwar nach außen ein Team, aber innerlich tobte der Konkurrenzkampf. Wer würde den Zugang zu der antiken Stadt finden? Sie kamen aus fünf verschiedenen Ländern und von zehn verschiedenen Universitäten. Schon hatten alle die Hoffnung aufgegeben. Die wenigsten glaubten noch wirklich an diese Stadt, nach der sie suchten. Auch Judith war nahe dran zu verzweifeln. Zu viele Entbehrungen hatte sie auf sich genommen. Doch tief im Innern trieb sie etwas weiterzumachen, entgegen aller Ratio. Und jetzt sah sie die Wasserleitungen. Es war zwölf Uhr Mittag, brütende Hitze, als unter ihrer Schaufel die erste Öffnung auftauchte. Im ersten Moment traute sie ihren Augen nicht. Doch dann grub sie weiter und sah die zweite und die dritte. Sie, Judith, die jüngste Archäologin im ganzen Team, hatte den Zugang zu der sagenumworbenen Stadt gefunden.
»Mist, Mist, Mist!« fluchte Carmen, als sie in der Baugrube stand und einfach nicht mehr weiterkam. Alles hätte so schön werden sollen. Ein altes Häuschen renovieren, mit einem schönen Fachwerk. Doch dieser Traum war schnell ausgeträumt. Die Holzwürmer hatten ihnen die Balken unterm Hintern weggefressen und die Füllung des Fachwerks hielt auch keinem näheren Blick stand. Deswegen wurde alles bis auf den Keller runter abgebrochen und ein neues Häuschen sollte darüber entstehen. Carmen hatte sich einige Tage frei genommen, um bei den Bauarbeiten zu helfen. »So schwer kann das doch nicht sein!« hörte sie sich selbst noch zu ihrem Mann Holger sagen. Weit gefehlt. ›Maurer und Zimmermänner machen doch nicht umsonst ihre Ausbildung‹, gestand sich Carmen seufzend ein.
Deine Emotionen beginnend mit Mist mist gefallen mir. :)
Schreibwerkstatt 1/6
Die Frau in der Grube
Da wurde sie kurz ganz still, wahrscheinlich um glaubhafter zu erscheinen. Wie sie konzentriert den Meterstab untersuchte, als versuche sie zu rekapitulieren, was der Reisegruppenleiter erzählt hatte. Wie ihr dabei die ungefärbten, blonden Haare strähnenweise ins Gesicht fielen. Sie ließ keinen Zweifel offen, dass sie aus vollstem intellektuellen Interesse in diese Lehmgrube geklettert war. Dass der Worker-Look ihr dabei ausgesprochen gut stand, war reiner Zufall, und dass ich verblendet und gehemmt von Neid und Missgunst war, stand auch außer Frage. Hinterherklettern, wäre eine Option, interessiert und schön sein, doch dafür war ich nicht spontan genug. Und nicht schön genug. Riemchensandalen mit Keilabsatz, dazu eine lockere kurze Hose, die Beine epiliert, aber blass. Ein weißes T-shirt und kein Schmuck. Im Hotel hatte mir mein Look gefallen. Im Vergleich war er langweilig. Immer ein wenig zurückhaltend, bloß kein mutiges Statement abgeben. Camila dagegen war ganz anders, voll strahlenden Selbstbewusstseins trug sie die blaue Latzhose, ein geripptes Unterhemd und ein breites Lächeln unter strohiger Hutkrempe. „Komm auch!“, rief sie und ich lächelte voller Scham unschlüssiger Unimpulsivität. Die anderen waren inzwischen weitergegangen, um die fertigen Lehmhütten zu besichtigen, Brot zu essen, wie die Menschen es früher gegessen hatten und bloß nicht zu lange in der Hitze stehen zu müssen. Während ich zögerte, schien auch Camila zu zögern. Vielleicht war sie einen Schritt zu weit gegangen in ihrem Übermut. Auch Eduardo war inzwischen weit entfernt und folgte den anderen, verbotenerweise rauchte er eine Zigarette und sah in dem Kakifarbenen Shirt, dass am Rücken leicht spannte, wie immer extrem gut aus. Ich hätte mich ihm mit ein paar entschiedenen Schritten nähern können, um auch zu rauchen, oder nur zu reden. Ich blieb natürlich stehen und sah Camila zu. Ich handelte stets loyal. Sie kletterte inzwischen die Leiter hoch, um aus der Grube herauszuklettern. Ich wartete. Camila hielt mir ihre Hand hin, ich zog sie hoch. Ich weiß nicht, wessen Fehler es war, doch plötzlich fielen wir beide kopfüber in die Grube. Ein Erlebnis, das war mir gleich klar. Ich lag auf dem Rücken, sie auf dem Bauch und wir schienen uns beide nicht ernstlich verletzt zu haben. Ich beobachtete, wie sie reagierte. Sie fluchte. „Mein Gott, das tut so weh! Warum hast du uns nicht halten können?“, fragte sie zu mir herüber. Ich zuckte mit den Schultern und lächelte. „Ist doch nichts passiert, oder?“. Ich stand auf und hielt ihr die Hand hin. Sie stand ohne meine Hilfe auf und klopfte sich die Hose ab. „Alles gut bei euch?“, rief da eine Stimme von oben. Eduardo. Camila schaute hoch und fing plötzlich an zu lachen. „Mein Gott, wir sind in eine Grube gefallen! Schau uns an, wie dreckig wir sind!“ Sie hörte nicht mehr auf zu lachen. „Mach ein Foto, los, mach ein Foto!“, befahl sie und stellte sich grinsend neben mich. Ich stimmte grinsend ein. Anschließend wurden wir aus der Grube gezogen und alle schauten uns an. Camila erzählte was passiert war, während ich auf mich selber achtete. Ein stechender Schmerz an meinem linken Bein. Ein kleiner Rinnsal roten Blutes, der daran herunterlief. Spontan fragte ich Eduardo, der zwischen uns stand, nach einem Taschentuch und zeigte ihm mein Bein. „Du hast dir ganz schön wehgetan“, sagte er. „Ja“, sagte ich und sah ihn an. Er hatte kein Taschentuch, doch bevor ich jemand anderen fragen konnte, fasste er mich an der Hüfte und schob mich sanft in Richtung Schatten, unter die Pinie am Wegesrand. Er stützte mich, während ich mich auf den Boden gleiten ließ. Er zog sein T-shirt über den Kopf und drückte es gegen die Wunde, versuchte sogar, einen Druckverband anzulegen. Es war lächerlich, aber wunderschön und ich wagte nicht zu atmen. Ich schloss die Augen und ließ mich von ihm auf den Rücken legen. Die Pinie duftete, die Grillen zirpten und der leichte Schmerz ihn meinem Bein machte den Moment perfekt. Da stand er auf, um zu sehen, ob Camila sich verletzt hatte.
„Wusstest Du, dass sich auch die Ägypter schon in so einer Art SPA entspannt haben?“ Angelique konnte ihren Blick nicht von ihrer neuesten Entdeckung lösen. „Dieses hier muss ein Tauchbecken gewesen sein. Oh wie aufregend! Mit Frischwasserzulauf, damit das Wasser auch schön kalt bleibt.“
Es war Mittagszeit und sie stand in ihrem Loch in der sengenden Sonne, doch ihre emotionale Spannung überlagerte ihre körperliche Sensibilität deutlich und sie spürte nicht, dass sie sich dringend eine Pause gönnen sollte. Im Gegenteil, wie im Drogenrausch beflügelte die Hitze und der Wassermangel ihre Sinne und ihre Fantasie. „Hier müssen wir weiter machen. Hier könnte der Ansatz einer Treppe oder einer Sitzgelegenheit zu sehen.“
„Angie, lass mal gut sein. Komm rauf unter die Persenning in den Schatten,“ rief ihr von oben ihr Chef zu und kommentierte ihren Fund mit keiner Silbe.
Wütend hob sie ihren Kopf und mit der kurzen Bewegung merkte plötzlich, wie ihr schwindelig wurde und ihr die Beine wegsackten. Sie zerkratze sich die nachten, gebräunten Arme an den scharfen Wänden und der Zollstock in ihrer Hand zerbrach, als sie sich haltsuchend auf ihn stützte.
Frau in der Grube
01.07.2015
Ich stehe.
Stehe da.
Aber ich steh mir weder die Beine in den Bauch noch einfach rum.
Ich stehe da.
Die Sonne scheint mir auf meine gebräunten Arme.
Ich fühle mich erotisch.
Mit einem Zollstock in der Hand. 75cm.
„Viel Arbeit“, denk ich mir und lächle vor mich hin.
Ich dreh mich um, sehe nach den vollen Eimern mit Erde. „Die müssen bald abtransportiert werden“, bemerke ich für mich.
Ich stehe da.
Aber ich steh nicht so wie sonst.
Ich steh nicht irgendwo so rum und warte auf irgendwas.
Ich stehe da in einer Grube.
Inmitten von Staub, Geruch nach Lehm, mit Schweissperlen auf dem Gesicht, einem Sonnenhut, der mir in der gleissenden Hitze Schatten spendet und in den erstaunlich gut sitzenden Blaumannhosen von Roberto. Umgeben von Eimern, halbfertigen Mauern, Schaufeln und einer Leiter.
Ich stehe da in einer Grube.
Mein Haar ist rot.
Ich stehe da in einer Grube. Nicht einfach nur so rum.
Bin am Tun.
Nicht einfach so.
Bin überrascht von mir selber. Hätte mir das nicht zu getraut. Dieses Anpacken.
Aber endlich steh ich da.
In meinem zukünftigen Haus.
Mein Haar ist rot. Und die Sonne brennt.
75cm.
„Ja, das könnte der Platz des Kühlschranks werden“, überlege ich, blicke zum Himmel und mein Mund zieht sich automatisch in die Breite, Mundwinkel leicht nach oben.
Ich bin glücklich.
Mit Abstand das interessanteste das ich bis her gelesen habe. Ich mag wenn einfach Gedanken sichtbar gemacht werden.
Als ich das Memo geöffnet habe lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Nur noch 2 Wochen für den Rest der Ausgrabungen. Wieder zu meinen Großeltern zu ziehen war definitiv keine Möglichkeit mehr und mich durch irgendwelche Gelegenheit Jobs über Wasser zu halten, kommt einer Selbstverstümmelung gleich. Dass die Ergebnisse der Ausgrabungen, gelinde gesagt, nicht zufriedenstellend sind, macht die Sache auch nicht besser. Nach den ersten 2 Monaten war gerademal der erste Quadrant durchgearbeitet und eigentlich hätten noch vier folgen sollen. Es hilft alles nichts, ich muss nach vorne blicken. Thomas, ein alter Studienkolleg, den ich vor Wochen getroffen hatte, bot mir ein Job Angebot an. Allzu weit wär es von meiner jetzigen Tätigkeit nicht entfernt, dort haftet der Staub des vergangenen auch allem an, nur dass ich statt etwas auszugraben es eingraben müsste. Der Tot war nie ein Tabu-Thema für mich. Nach dem Tod meiner Mutter war die Leere in meinem Inneren weder beängstigend noch schlimm für mich. Als Bestatter kann es ja kaum schlimmer werden als wenig erfolgreiche Archäologin. Das einzige Gute daran ist das mich meine Mutter nicht mehr mit Ihrem „Ich hab’s dir ja gesagt!“ Blick in Rage treiben kann.
Am nächsten Morgen suchte ich mir die Nummer von Thomas raus und rief Ihn an.
„Thomas Bernsteiner, Bestattungen und Wegbegleitung, was kann ich für Sie tun?“
„Hallo Thomas, hier ist Anna, Anna Ekten.“
„Ohh Hi Anna, schön von dir zu hören, was kann ich für dich tun? Hast du deine Meinung geändert?“
„Ja, scheint so.“
„Gut, wann kannst du vorbeikommen, ich bräuchte eh noch Hilfe?“
„Wie es dir passt, aber eigentlich sofort.“
„Ja ist in Ordnung, dann bis gleich.“
„Ciao.“
Das lief ja mal nicht schlecht. Also anziehen, schminken und mit dem Rad aus der Stadt heraus. Die Firma von Thomas war außerhalb der Stadt, was viele Bewohner nicht als störend empfinden. Nach den ersten Kilometern konnte ich schon das Gebäude sehen, eine umgebaute Tischlerwerkstatt, vom Äußerlichen wenig ansprechend aber zumindest dezent. Die Ruhe auf dem Hof hatte etwas Beruhigendes und als ich über die Terrasse zum Haupteingang lief, bemerkte ich die hölzerne Statue neben dem Haus. Irgendetwas Eigenartiges haftete an dem verwitterten Objekt, so beschloss ich sie mir näher anzusehen. Bei näherer Betrachtung schien es eine Frau zu sein und irgendwie schien sie mir bekannt zu sein. Tief versunken in Gedanken bemerkte ich die Schritte von Thomas hinter mir nicht und erschrak als er mich ansprach.
„Wie gefällt dir die Statue deiner Mutter?“.
Ausgrabung
Die Sonne steht sehr Hoch. Der kurze Schatten der Archäologin ist einer der wenigen in der Grabungsstätte. Ihr weiter Sonnenhut vergrössert ihn. Es ist sehr heiss. Ein blauer Kanister liegt auf einer Kante, ein gelber Schlauch schaut aus seiner Öffnung. Keine Wasserflecken liegen auf dem glattgefegten Gestein. Nur der Schatten des Schlauches schlängelt sich durch die Streben einer funkelnden Aluminiumleiter.
Leere und volle Eimer, Grabungswerkzeuge.
Die Archäologin hält ein Metermass in den Händen, drei andere liegen auf dem Boden des Grabens und durchmessen seine Breite.
Wie eine ausgelaufene Badewanne liegt sie da, mit mehreren Abflussöffnungen, die, etwas grösser als Mäuselöcher am Rande des Grundes in der Dunkelheit des Tons verschwinden, alle mit einem tiefschwarzen, sichelförmigen Schatten versehen.
An der abgerundeten Seite wirft eine spitze Kante einen gefährlichen Schatten auf den Boden.
Die Grabungsstätte ist ausgeleuchtet, als wäre ein heller Scheinwerfer auf einen Tatort gerichtet.
Aber das ist nur meine Empfindung gerade, der Hitze wegen, die vielleicht auch nicht wahr ist.
Die Archäologin scheint nicht unter der Hitze zu leiden.
Die Leiter scheint nicht sehr lange zu sein, sie ist an die Erdkante des Grabes gelehnt.
Aber das ist im Moment nicht so wichtig.
Es scheint alles geordnet zu sein, bis auf den umgefallenen leeren schwarzen Eimer, an dessen Henkel eine Leine geknotet ist.
Eine rote Richtschnur simuliert eine Mauerkante…
Für sie ist es immer ein Abenteuer. Schicht für Schicht legte Sie frei was für Jahrhunderte verschluckt war vom Staub der Zeit. Jeder Zentimeter war ein Menschenleben. Sie war nie hastig in dem was Sie tat. Behutsam, fast bedächtig, trug Sie Schicht für Schicht ab. Sie las in den Schichten sah Dinge die anderen Menschen verborgen bleibt. Da war Boden der wurde von Pflügen kultiviert, dann gab es Schichten die Wiesen Brandspuren auf. Dann Stieß Sie auf Spuren von Besiedlungen. Sie muss kombinieren, muss zusammenbringen, muss sich hineinfühlen in das was Sie freilegt. Welcher Sinn steckt dahinter. Wer waren die Menschen die in dieser Zeitkapsel in die Sie eindringt gelebt haben. Manchmal war das so stark, dass Sie noch das Lachen der Kinder hörte die hier einst gelebt hatten.
Ich messe ab. Das Loch ist 1,50 mal ein Meter groß. Ich stehe bis zu dem Schultern in ihm. Die Sonne erreicht meine Füße nicht und doch läuft mir der Schweiß in Strömen. Warum hier und warum jetzt? Mike steht oben am Rand und wartet. Ungeduldig tippt er mit dem Fuß auf den Boden. So fest, dass kleine Steine zu mir herunterrollen. Er hält die Kamera. Zoomt mich heran. Ich drehe mich weg. Er soll mein Gesicht nicht sehen. Zu betroffen bin ich nach den Jahren der Suche und des Bangens. Der Untergrund ist reiner Sand, festgedrückt vom Gewicht der Last des oberen Grunds. Ich hoffe, die Wände halten. Aber Mike meint, es sei alles Paletti. Doch vor meinen Augen läuft ein anderer Film. 20. Oktober 1994. Sie, klein und mit leichtem Flaum an den Beinen und unter den Achseln. Nicht wissend an dem Abend, dass sie am Salzsee ihren Kameraden nicht wiederfindet. Lino, ruft sie, Lino, schreit sie. Wir sind am Haus und reichen uns die Teller und Schüsseln zum Abendbrot. Es wird langsam dunkel. Aber sie wird kommen. Sie hat sich nur etwas verspätet, ganz bestimmt. Später, ich wasche oben meine Hände. Mutter läuft in schwankenden Schritten die Treppe hoch. Sie sieht ganz anders aus. Der Hund ist zurück, aber sie nicht. Nein, ich weine nicht. Ich bleibe hart, so wie hier der Stein. Das Grab ist 1,50 lang.
Mike, rufe ich und wende mein Gesicht der Sonne zu. Sie blendet. Doch da ist er nicht. Und keine Kamera. Nur die Eimer stehen da, gefüllt mit Sand, schwerem Sand.
Sie erstarrte als ihr bewusst wurde was sie gerade entdeckt hatte. Sie war keine Anfängerin und wusste sofort was jetzt zu tun war, dennoch zögerte sie.
Konnte das wirklich möglich sein ? Konnte sie wirklich recht gehabt haben ?
Als Lieblingsstudentin von Professor Kramm hatte sie viele Privilegien, doch kostete es Mara viel Mühe ihn davon zu überzeugen genau an dieser Stelle zu graben. Immer wieder diskutierte sie mit dem Professor bis spät in die Nacht hinein und noch öfter verbrachte sie die Nächte damit zu recherchieren, um Prof. Kramm die nötigen Argumente zu liefern.
Vor einem Jahr ist es ihr dann gelungen. Der Professor war zwar nicht ganz von ihrer Idee überzeugt, doch brachte ihn Mara dazu es auf einen Versuch ankommen zu lassen.
Nun stand sie hier in dieser Grube und war von ihrem Fund überwältigt. Dieser Moment war es weshalb sie sich für das Studium der Archäologie entschied.
All die harte Arbeit, die vielen Bücher und Karten die sie zu studieren hatte und die langen Diskussionen mit Prof. Kramm, all das hatte sich gelohnt.
Die Sonne brannte, ihr Mund war trocken und sie konnte nichts anderes riechen als ihren eigenen Schweiß. Doch all das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Sie drehte sich langsam um und stieg bedächtig aus der Grube. Oben angekommen blieb sie wieder stehen. Sie überlegte wieder ob es wirklich wahr sein konnte, sie dachte nach ob sie irgendetwas übersehen hatte ob sie vielleicht zu voreilig war.
In ihren Gedanken versunken ging sie weiter ohne das Treiben um sie herum wahrzunehmen, den Blick stets vor sich auf den Boden.
„Nein, das muss es sein. Das ist es.“ murmelte sie vor sich hin, während sie den Blick hob und langsam anfing zu grinsen.
Sie entdeckte das Zelt des Professors unter den vielen anderen und bemühte sich ihr grinsen verschwinden zu lassen.
Die Zeltwände waren hochgerollt und sie sah den Professor über eine Karte gebeugt und mit dem Kopf schüttelnd. Er blickt auf und sah Mara wie sie auf ihn zukam.
Er strich sich durch seinen grauen Vollbart und machte ein paar Schritte auf sie zu.
„Mara, es tut mir leid. Wir haben alles versucht, wir sind so lange geblieben wie es ging aber es ist einfach nichts zu finden. Wir müssen lei…“ Der Professor hielt inne als er sah wie sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit machte.
Er verstand sofort und seine Kinnlade klappte runter.
“ Bist…bist du dir sicher ?“ fragte Professor Kramm.
Mara nickte und fiel dem Professor um den Hals.
Der Text passt genau in die Geschichte die dieses Bild inspiriert.
Es kann nur Einen geben
Es stand am Rand der Grube und sah auf sie herab, wie sie dort stand mit ihren roten Haaren.
Sie war gerade dabei, eine quadratische Aushebung in der Grube zu vermessen. Bekleidet war sie mit einer blauen Latzhose, einem weißen Body darunter und einem Sonnenhut. Unter der braungebrannten Haut ihrer Oberarme zeichneten sich scharf ihre Muskeln ab. „Wo sie die wohl her hat?“ fragte er sich.
„Für ihre 43 Jahre sieht sie noch ganz passabel aus, das muss man ihr lassen“, hatter er gestern morgen gedacht, als er sie das erste Mal gesehen hatte.
Sie war mit einer Gruppe drei weiterer Helfer gekommen. Verstärkung, um die Arbeiten schneller voranzutreiben, Ihr Ruf als kompetente Frau vom Fach war ihr vorausgeeilt und er konnte nicht bestreiten, dass sie ganz den Eindruck machte, als wisse sie, was sie tue.
Trotzdem – er konnte sie hier nicht gebrauchen. Ihre Anwesenheit war ihm ein Dorn im Auge. Nicht das er was gegen Frauen per se hätte – nein nein! Er hatte nur die nach seiner Ansicht berechtigte Befürchtung, dass sie ihm ganz gehörig in den Weg kommen konnte, seine Pläne gar gewollt oder ungewollt durchkreuzen konnte! Das durfte er nicht zulassen! Zu viel hing für ihn vom Gelingen seines Plans ab.
Er musste sie loswerden, soviel war ihm im Laufe der schlaflosen Nacht klar geworden. Zum ersten Mal seit langem wünschte er sich, Mona und Rick wären noch auf seiner Seite. Mona wäre bestimmt was eingefallen, und Rick hätte die Drecksarbeit gemacht.
Aber die beiden waren nicht da und das hieß, er war auf sich allein gestellt.
„Los Mann, denk dir was aus!“, dachte er. Nur nicht zimperlich werden und dadurch alles aufs Spiel setzen.
„Am Beste fahre ich erstmal ins Dorf und setze mich an die Bar. Wenn ich mich entspanne wird mir schon was einfallen“, beschloss er.
Es musste wie ein Unfall aussehen, dass verstand sich von selbst.
Keine Zeugen, keine Komplizen. „Die professionelle Damen muss einmal so richtig Pech haben“, dachte er und schmunzelte in sein Glas mit Gin.
Was einem hier draußen so alles passieren kann – Giftschlangen, Skorpione, Hyänen.
„Lächerlich“,schallt er sich selbst, „Wir sind hier nicht im Orientexpress“.
Er könnte sie erwürgen und ihre Leiche anschließen im Sand verscharren. Er müsste sie nur unter einem Vorwand weit genug vom Camp fortlocken, sichergehen, dass ihnen niemand folgte und dann……
…aber wie sollte er erklären, wenn er plötzlich allein zurückkam? Ganz abgesehen war er nicht der Typ dafür. Dazu war er dann doch schlicht zu feige, dass gestand er sich ein.
Nein nein, einfach so verschwinden lassen war keine Option. Sie musste auf erklärbare Weise sterben, ohne das er mit ihrem Tod in Verbindung gebracht wurde.
Er wankte schließlich auf sein Zimmer und legte sich ins Bett. Die halbe Nacht zermarterte er sich das Gehirn, bis er kurz vor Morgengrauen schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel.
Als er am nächsten Morgen zerknautscht und verkatert bei der Grabungsstätte ankam traf er auf betroffene Gesichter. „Die Frau Professorin hatte gestern eine Autounfall. Sie kam von der Straße ab und prallte gegen einen Baum. Sie war sofort tot“, informierte ihn seine Assistentin.
„Wie schrecklich“, sagte er und bemühte sich um einen erschrockenen Gesichtsausdruck. „Ich hatte mich so auf die Zusammenarbeit gefreut.“
@ Marcella
Ich finde es interessant, was du geschrieben hast. Als wenn du dich von dem Bild einfach mal hast treiben lassen.
Ich mag deinen Anfang:
„Schweiss, Angst, Verwirrtheit. Ich drehe mich um und schaue mir meine Kreation an. Viele kleine Türen, liegen alle aufeinander, warten darauf dass ich sie einsetze.“
Das weckt Interesse auf das, was als nächstes kommt.
Allerdings war mir das als Leser viel zu wirr. Ich habe nicht so wirklich verstanden, was los war. Es hat sich etwas so angefühlt, als würde die Frau sehr psychotisch werden in der Grube. Aber auch dafür fand ich es zu wirr. Ein paar solcher Gedankenketten finde ich durchaus gut, wenn sie gut platziert sind. EIn ganzer Text finde ich zu viel. Aber wenn es für dich einfach eine Übung war, dann ist es natürlich völlig ok.
Deinen Schlusssatz „Mir fröstelt es.“ finde ich gut. ES steht im Kontrast zu der beschriebenen Hitze.
@ THeresalink:
Viele Stellen haben mir richtig gut gefallen:
„Ihre Gedanken bewegten sich träge im Kreis und waren keine große Hilfe.“
oder
„Sie stieg aus der Grube und setzte sich auf die Leiter, um etwas Raum zwischen sich und dem Problem zu schaffen.“
Durch letzteres habe ich den Eindruck gewonnen, dass es sich um eine rationale Power Frau handelt. Ich finde es super, wenn man mit so kleinen Aussagen den Charakter so klar macht.
Den Anfang finde ich etwas schwach. Vielleicht kannst du bei so einer kurzen Geshcichte noch einen stärkeren Anfangssatz finden.
Den Teil mit dem Pendant fand ich etwas kompliziert. Ich hab es irgendwie nicht so recht kapiert, was da das Problem war.
Du änderst ja am Schluss die Perspektive, so dass der LEser in der Grube bleibt. Das finde ich sehr spannend und super. Ist zwar etwas schwieriger zu lesen. Aber ist ja auch eine Kurzgeschichte. Fand ich sehr gut und dein STilmittel „aus der Richtung, in der ihre flinken Beine…“ fand ich sehr schön. Obwohl ich „flinke Beine“ ersetzten würde durch etwas, was die Dramatik mehr betont. Bei flinke Beine denke ich an Biene Maja oder eine Ameise oder so.
Ich finde, dass du einen super Sinn für außergewöhnliche aber sehr anschauliche Metaphern und Vergleiche hast, die du gekonnt einbaust. Aber ich würde sie in so einem kurzen Text sparsamer verwenden. Der störrische Esel war zwar gut, aber ich finde, er hat zu sehr von der Handlung abgelenkt.
Liebe Grüße, Lisa
@ Katrin:
Dein Text liest sich sehr flüssig. Es gibt nur sehr wenige Stellen, über die ich gestolpert bin. Es hört sich so an, als ob du eine gute Geschichtenerzählerin bist!
Inhaltlich fände ich es bei einer so kurzen Story noch stärker, wenn du die Betonung mehr auf das legst, was passiert, als auf die Hintergrundinformationen. Die Geschichte mit den Inkas kann man natürlich erzählen, aber ich persönlich hab mich dabei erwischt, wie ich es eher überflogen habe. Was ich noch interessanter finden würde, ist den „Ehrgeiz“ oder die „Sturköpfigkeit“ der Person zu betonen.
Manche Sätze könntest du noch stärker formulieren, gerade am Anfang:
Du hast folgendes geschrieben: „Die Ausgrabungen dauerten nun schon eine Weile, und es ging nur schleppend voran. Wieder und wieder bürstete sich Monika mit ihrem Team vorsichtig durch diverse Gesteinsschichten, leider erfolglos.“
Vielleicht kannst du das noch dramatischer oder knapper zeigen oder einfach nur ein paar Wörtchen umstellen. Ich weiß jetzt aus dem Stand nichts anderes aber daran kann man ja feilen. Z.B. Könnte sie sich darüber ärgern, dass ihr eine Blase an der Hand aufgegangen ist und das für nichts und wieder nichts. Oder jemand ihrer Kollegen spricht sie an und sie starrt wie irre auf die Steine.
Was ich gut finde ist die Stelle mit den Moskitos (Vielleicht kann das, wenn man es etwas umschreibt auch ein guter Anfang sein. Das vielleicht die Moskitos sie schon ins Auge stechen und sie wegen dem Schweiß etc. kaum noch etwas sieht).
Ich mag deine Monika, die ist sehr gut greifbar. Ich fände gut, wenn am Ende noch was passieren würde. Auf jeden Fall wäre ein interessanter guter aber knapper Schlusssatz schön.
@ Alexandra:
Ich mochte dein Thema „Ehrgeiz“ und „Jemandem etwas beweisen“ sehr gerne.
Ich denke den Anfang sollte man noch stärker machen als ersten Catcher. Das „Ich werde es ihm beweisen…“ ist ja super und interessant. Das „nachdenklich stand sie da“ finde ich eher überflüssig und wenig aussagekräftig. Das würde ich weglassen. Vielleicht eher „Ich werde es ihm beweisen…, dachte sie“.
„dann klingelt ihr Handy.“ finde ich als Schluss schön, weil es Fragen aufwirft und das für eine so kurze Geschichte immer spannend ist.
Ich fände es schön, wenn du einige Stellen, die du erklärst, vor allem das „Sie wollte keine Schwäche zugeben.“ eher nicht erklärst, sondern aufgrund der Handlung der Frau zeigst. Im Prinzip hast du das auch schon, weil du ja sagst, dass alle anderen Pause machen, während sie noch arbeitest. Das kannst du evtl. noch stärker ausbauen.
Oh, hab leider zu spät gesehen, dass man nur 45 Min. brauchen sollte:
Für den Rest ihres Lebens würde jeder Alptraum und jede unruhige Nacht mit dieser gottverlassenen Insel verbunden sein. Aber das ahnte Margret noch nicht, als sie mit ihrem Strohhut und dem Zollstock in der Grube stand. Es gab nichts, was sie hier vermissen würde. Sie würde die letzten Vermessungen vornehmen und dann mit der Mittagsfähre verschwinden. Peter war schon vor zwei Stunden abgereist. Sie rieb sich die Stelle, an der noch vor wenigen Wochen der Ehering gewesen war. Scheiß drauf, dachte sie. Diese Vorstellungen von einer heilen Familie usw. waren Kinderfantasien, mehr nicht. Dumm nur, wenn man mit seinem Exmann zusammenarbeitete. Sie klopfte sich den Staub aus der Hose und dachte: Wird schon wieder. Ich gehe zwar langsam auf die vierzig zu, aber dafür sehe ich nicht übel aus.
Als Margret über das Kliff spazierte, wusste sie, warum der Investor so scharf auf ein Restaurant an dieser Stelle war. Man hatte eine phantastische Aussicht über das Meer. Die Touristen würden wie Schmeißfliegen kommen. Aber der Boden am Kliff war einen Dreck wert. Man konnte hier nicht mal eine Hütte bauen ohne einen Erdrutsch auszulösen. Na was soll´s, sie war bloß die Gutachterin. Das Nächste, was sie dachte, war: Oh, hier muss man aufpassen. Es geht richtig tief runter. Dann spürte, sie, wie ihre Beine auseinander gerissen wurden. Der Stein, auf dem sie gerade eben gestanden hatte, prallte mit einem Dröhnen in die Tiefe. Sie krallte sich mit den Fingerkuppen an einem Felsvorsprung fest. Mit den Fußspitzen suchte sie nach einem Halt, bis sie auf zwei schmalen Vorsprüngen balancierte. Die Steine waren so scharf, dass sie die Haut an den Fingern aufritzten. Der Strohhut rutschte in ihr Gesicht. Sie hörte, wie die Steine neben ihr auf den Felsen zerschellten. Ich werde hier sterben, dachte sie. Mit dieser Erkenntnis wurde alles um sie herum ruhig. Später würde sie auf die Frage, was ihre Zukunft am Meisten geprägt hatte diese stille Sekunde nennen, in der sie ihren eigenen Tot akzeptiert hatte.
Plötzlich schloss sich eine Hand um ihr Handgelenk und zog sie nach oben.
Schweiss, Angst, Verwirrtheit. Ich drehe mich um und schaue mir meine Kreation an. Viele kleine Türen, liegen alle aufeinander, warten darauf dass ich sie einsetze. Ich Dreh mich wieder um und schaue mir die Wände an die mich umgebenden. Eine, zwei, drei, vier, fünf, sechs, ES HÖRT NICHT MEHR AUF! Raus Licht! Dunkelgraues unwiderstehliches Ungeziefer. So heiss und schwer bist du auch! Du überforderst mich total.
Ein Lichtblick. Ich brauche einen Lichtblick. Diese Arbeit, es gefällt mir nicht. Ich weiss gar nicht warum ich überhaupt hier bin. Habe Angst vor Türen.
Ich denke nach. Mein Freund kommt mir in den Sinn. Vielleicht könnte er mir helfen? Warum habe ich ihn bloss verlassen? Ich verstehe mich nicht mehr. Ich habe den Faden verloren. Was waren denn bloss meine Motive damals? Wo bin ich überhaupt? Weshalb schaut ihr mich an? Ja du! Warum schaust du? Und was siehst du? Erzähl mir doch… Nein. Lieber lieber nicht. Ich bin eine Maus; jetzt hab ich’s. Gefangen in meinem eigenen Rad leeren verzweiflung. Ich finde den Anschluss nicht und das Ende nicht. Es kotzt mich alles an. Es tut mir auch gar nicht leid.
Falk würde sagen: ich liebe dich. Ich würde sagen, nein. Oder eben nicht. Oder kein. Oder eben dicht. Dicht plötzlich.
Mir fröstelt es. Im heissen Sommertag.
@theresalink
sehr spannend geschrieben und flüssig zu lesen. Super!
@ Alexandra
Schöner inhaltlicher Textaufbau. Hat mir gefallen. Für meinen Geschmack kannst du ruhig noch ein bisschen mehr ausschmücken. Und ein wenig den Satzbau variieren. Danke auch für dein Feedback
@katrin. Die Beschreibung der Stimmung zu Anfang des Textes ist sehr gut gelungen. Die einzige Kritik ist, dass es sich wiederholt, dass sie Zweifel an dem Erfolg der Ausgrabung hat. Im ersten Absatz und im letzten Absatz. Ansonsten ein guter Text.
@theresalink. Der Text klingt sehr professionell. Die Beschreibung der Stimmung und der Umgebung ist sehr anschaulich, vielleicht manchmal etwas zu lang. Die Erwartungshaltung ist sehr groß, man will wissen, um was für einen Fehler es sich handelt. Insgesamt ein sehr guter Text.
Nachdenklich stand sie da. Ich werde es ihm beweisen, von wegen Frauen können das nicht. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit betonte er dies. Jedes Mal ärgerte sie sich darüber. Die Sonne brannte unerbittlich. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn und machte sich weiter an die Arbeit. Die Anderen machten alle Pause. Sie gönnte sich diese Erholung nicht. Sie wollte keine Schwäche zugeben. Die Hitze war kaum noch auszuhalten. Doch sie grub und grub. Plötzlich entdeckte sie im Sand einen hellen Gegenstand. Sie nahm den Besen und kehrte vorsichtig die Erde zur Seite. Tatsächlich, es sah aus wie ein menschlicher Knochen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Er würde Augen machen. Bisher hatten sie noch nichts gefunden. Sie hatten schon Überlegungen angestellt, die Ausgrabungen hier zu beenden und an anderer Stelle fortzusetzen. Alle hatten dafür gestimmt, nur sie hatte sich gewehrt. Und ihre Beharrlichkeit hatte ihr nun den Erfolg beschert. Stolz nahm sie das Fundstück und legte es behutsam in einen Eimer. Sollte sie es ihm gleich berichten oder die Überraschung bis heute Abend aufheben? Was würde mehr Eindruck machen. Sie beschloss erst einmal, weiterzuarbeiten. Vielleicht würde sie noch etwas finden, dann wäre der Effekt noch größer. Es fiel ihr schwer, ruhig zu bleiben. Ständig spielte sie in Gedanken durch, wie er reagieren würde. Sie wurde immer euphorischer. Dann klingelte ihr Handy.
Sie hatte gar nicht bemerkt, dass die Männer bereits Mittagspause machten. Erst, als sie ihren Abschnitt sorgfältig freigelegt hatte, erhob sie sich mühsam. Die Hitze war unerträglich geworden. Ihre Gedanken bewegten sich träge im Kreis und waren keine große Hilfe. Und doch wusste sie instinktiv, dass sie irgendeinen Fehler gemacht hatten. Irgendetwas stimmte nicht. Sie wusste nur noch nicht, was es war.
Alex hatte alle Berechnungen gemacht. Ausgerechnet Alex, der so gründlich war, dass man es kaum aushalten konnte, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Alex, der alles dreimal nachprüfte, bevor er sein OK gab. Er konnte sich unmöglich geirrt haben.
Und doch war sie sich ganz sicher, dass sie irgendetwas übersehen hatten. Sie stieg aus der Grube und setzte sich auf die Leiter, um etwas Raum zwischen sich und dem Problem zu schaffen. Ein logisch-mathematisches Problem ist scheu wie ein Reh. Wenn du ihm zu nah kommst, verschwindet es mit einem Satz aus deinem Blickfeld.
– Also, die Umrisse des Gebäudes waren eindeutig aus der Vogelperspektive zu identifizieren gewesen. Und, was die Umrisse anging, stimmte ja auch alles. Aber die Raumanordnung stimmte nicht mit der anderen Ausgrabungsstätte an der Westseite der Stadtmauer überein. Professor Stegert hatte immer wieder beteuert, dass es sich um das östliche Pendant handelte. Was also…?
Pendant? Was genau war das noch gleich? Das heißt doch eigentlich Gegenstück. Und das bedeutet ja nicht, dass beide gleich sind. Eigentlich würde es eher dafür sprechen, dass sie sich spiegeln. Dann wäre dies…-
Schon war sie auf der Leiter und jagte sie hinauf. Sie konnte einfach nicht die Geduld aufbringen, zu warten, bis ihre trägen Gedanken das Problem formuliert hatten, während ihre Beine bereits der Lösung entgegenstrebten.
„Alex, David, wir haben uns geirrt“, klang es aus der Ferne, in welche sie ihre flinken Beine forttrugen.
In der Grube aber stand die Hitze jetzt wie ein störrischer Esel und rührte sich nicht von der Stelle. Die Sonne hatte den Zenit erreicht und alles Leben in die wenigen schattigen Winkel verwiesen, welche die Ritzen zwischen den Mauersteinen und die Kanten der sandbraunen Felsen darboten. In den Stunden bis zur Dämmerung beherrschte sie das Feld, Und alle Messungen und Berechnungen, sämtliche Pläne, Fakten und Theorien verblassten angesichts ihrer allgegenwärtigen Kraft.
Die Ausgrabungen dauerten nun schon eine Weile, und es ging nur schleppend voran. Wieder und wieder bürstete sich Monika mit ihrem Team vorsichtig durch diverse Gesteinsschichten, leider erfolglos. Sengend schien die Sonne am frühen Nachmittag und machte den Archäologen zu schaffen. Eine mühsehlige Plackerei war das. Und wofür? Sie hätten das Projekt längst abbrechen müssen, die Koordinaten konnten nicht stimmen. Hier gab es einfach nichts zu holen. Doch Monika blieb weiter unermüdlich und arbeitete sich Milimeter für Milimeter vorwärts. Ihre schweißnassen roten Haare klebten ihr strähnig in Gesicht und Nacken, Moskitos pisakten sie unaufhörlich, die Hitze klammerte sich an ihren Körper.
Sie wollte es sich selbst nicht eingestehen, doch auch sie begann langsam an dem Erfolg der Ausgrabung zu zweifeln. Sie war sich sicher gewesen, sie wusste, hier würden die alten Grabstätten der Inkas zutage treten, über die so viel spekuliert worden war. Ausgeschmückte Theorien woben sich um diese Grabmäler.
Die einen behaupteten, die Inkas hätten ihre Toten verbrannt und nur die Asche in bestimmten Tongefäßen tief in der Erde vergraben. Und zusätzlich zur Asche des Verstorbenen lägen die drei heiligen Totems darin: eine Blume, ein Stein und eine Feder, die der Seele des Toten helfen würden, sich in das Glied der Ahnenreihe zwischen den Welten einzureihen, damit die Seele Ruhe und den ihr gebührenden Platz in der Totenwelt finde, ohne sich zu verirren.
Eine andere Theorie besagte, die Inkas hätten die Leichen der verstorbenen Mitglieder ihres Stammes nicht verbrannt, sondern die leblosen Körper drei Tage lang aufgebahrt und mit Blättern bedeckt. Dabei sei ein spezieller Totentanz getanzt worden, der von Trommeln und Flöten begleitet wurde, um den Seelen zu helfen, in die Welt des Jenseits hinüberzugleiten. Nach diesen drei Tagen sei der Leichnam in die Erde herabgesenkt worden.
Monika wusste um diesen Streit in der Fachwelt. Sie hatte sich aufgemacht nach Ecuador, ein Team um sich versammelt, um endlich herauszufinden, wie es wirklich gewesen ist. Sie hatte sich durch die Widrigkeiten der Bewilligung und Förderung des Projekts durchgebissen, sie war seit Wochen an Ort und Stelle und strich und grub und kratzte, vermaß wieder und wieder Winkel um Winkel, und es geschah nichts. Ihre Ausgrabung verlief bis zum jetzigen Zeitpunkt völlig ergebnislos, und langsam meldeten sich auch bei ihr die ersten Bedenken. Ihr Kollege Thomas hatte sie vor zwei Tagen in der Mittagspause erstmalig darauf angesprochen, ob sie immer noch der Meinung sei, die Expedition könne gelingen. Energisch hatte Monika erwidert: „Was glaubst du wohl? Wir müssen jetzt einfach dranbleiben und dürfen nicht aufgeben. Und übrigens: Zweifel verlangsamen die Arbeit.“ Thomas hatte kurz genickt und knapp geantwortet: „Du wirst schon wissen, was du da tust.“
Die Sonne brannte auf ihren Schultern. Der Hut war tief ins Gesicht gezogen, rieb immer mehr an ihrer Haut. Die Haare waren bleich von Wärme und Licht. Sie kämpfte sich Schicht um Schicht durch die Steinmassen. Tonnen toten Materials lagen wie ein Friedhof vor ihr. Der Schweiß lief und das Blut kochte. Lauras Herz bebte, denn alle Hoffnung lag in der schwarzen Kette. Ihre Muskeln brannten wie Feuer und das schon nach so kurzer Zeit. Wie lange würde sie noch durchhalten? Wie weit war der Weg noch? Lag die Kette für immer verborgen? Die Zweifel fingen wieder an, ihre Sinne zu trüben. Ob sie nun wollte oder nicht, sie musste diese Kette finden. Noch vor zwei Wochen hätte sie jeden für verrückt erklärt, der ihr gesagt hätte, sie würde im staubigen Bairo auf der Suche nach einem heiligen Artefakt sein. Flo hätte es nicht geglaubt und Tom schon gar nicht. Alles was die beiden interessierte, waren Mädchen. Sonst konnte man sie vergessen. Doch hier gab es Augenblicke, in denen Laura sie gerne dabeigehabt hätte. Tom hätte keine Mühe gehabt, die Steine zum Vorplatz zu schaffen…
Ist es nicht erstaunlich, was wir alles aus ein paar Gesteinsschichten ablesen können?
Wir erklären uns die Bewegungen der Erdkruste über Millionen von Jahren durch die Zusammensetzung des Gesteins und durch die Fossilien, die wir darin finden. Die Alpen waren einmal tiefster Meeresgrund, der sich gegeneinander aufschob und kilometerweit in die Höhe wuchs. Schatten auf der Luftaufnahme eines Feldes zeigen uns die Fundamente eines kleinen Dorfes, das unter dem Boden verborgen liegt, auf dem eine Familie seit Generationen Getreide anbaut. Das buddeln wir aus und finden ein paar Steine und Scherben und Metallstücke. Vielleicht auch Knochen. Nach sehr angestrengtem Nachdenken können wir dann sagen, wann diese Menschen hier gelebt haben und wie ihr Alltag wohl aussah.
Wer buddelt uns mal aus? Wenn wir längst vom Meer verschlungen, durch Naturgewalt wieder an die Oberfläche aufgeschoben, irgendeinen neuen Acker bilden. Was lesen unsere Ausgräber wohl aus all unseren schwer verrottbaren Hinterlassenschaften? Ist unsere Epoche in Millionen von Jahren als Plastikschicht leicht im Boden zu identifizieren? Wird man die Jahrtausendwende an einem extrem hohen Vorkommen von AOL-CDs erkennen?
Als Kind fand ich die Idee sehr lustig, dass unsere Autos eigentlich von stark gepresstem Dinosaurier angetrieben werden. Da hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, dass ich vielleicht einmal selbst so enden werde.
Beobachtend sitzend…
Ein kleines Kind in die Tiefe blickend, voller Mut. Vertieft in Arbeit, des Vaters Schatten – was er wohl gerade tut?
Ein Becken voller Wasser, soll es werden – um darin zu schwimmen, mit einem Boot. Das Kind, es kann es förmlich riechen – springt in die Tiefe, springt in den Tod.
Ich werde mich einer Kritik entziehen… Gleichwohl möchte ich dem Wunsch von Thomas nachkommen. Mein persönlicher Eindruck zu Evas märchenhafter Geschichte… ein modernes Aschenputtel? ;-).
Es ist mir zu viel Maß, zu viel Technik.
Ich kann nicht Technik und ich kann nicht Maß. Das Handwerk. Maß. Messen. Technik.
Es ist mir zu exakt. Zu regelhaft. Es lässt mir den Atem stocken. Meine Nerven jucken.
Ich wäre beinahe Schneiderin geworden.
Der Duft frischer Stoffe, das geschmeidige Fließen und üppige Bauschen. Betörende Farben und reizender Glanz.
Konnte die Nadel nicht halten, stach mich in den Finger. Ich sollte einen Fingerhut nehmen. Der Fingerhut rutschte auf meinem Finger hin und her und die Nadel stach in die kleinen, eingestanzten Kuhlen der Metallkuppe.
In den Finger pieksen ist angenehmer. Also ohne Fingerhut arbeiten. In den Finger stechen. Den Schmerz fühlte ich. Fühlte sich gut an. Das Tun stach lustvoll.
Ich biss in das kleine Handmaß. Biss mit den Backenzähnen in das Plastik. Kaute auf dem zähen Teil herum.
Ich möchte den Sand mit Wasser begießen, die nasse Matsche riechen, kleine Klumpen formen und auf der Zunge zerfallen lassen.
„Ich habe so lang gesucht. Nun weiß ich selbst nicht mehr, was ich gesucht habe. Ein lange Reise liegt hinter mir, eine noch viel längere weiter vor mir. Ich denke nicht, dass ich am Ziel bin, denn ich habe immer noch nicht gefunden, was ich suche: und das bin ich.“
Archäologie, wer wollte nicht auch schon nach alten verschollenen oder ausgestorbenen Tieren suchen. Denn die Frage über die Vergangenheit, wer war hier, als wir Menschen noch nicht da waren, ist ja hoch interessant. Oder auch die früheren Menschen. Wie haben Sie gelebt, wie sahen ihre Häuser oder sonstige Wohnungsstätten aus? Da kann viel erforscht werden. Jedoch ist es nicht so einfach. Es muss alles genau vermessen werden, damit alles für die Nachwelt dokumentiert ist. Danach folgt die große Aufgabe der Rekonstruktion. Alles soll wieder so aussehen wir vor tausenden von Jahren, jedoch nur stabilere und mit ein klein wenig moderneren Materialien. Dieser herausfordernde Job ist natürlich nichts für jedermann bzw. jedefrau. Tag für Tag in der knalle Hitze stehen, das schafft nicht jeder, es benötigt vor allem auch langes Durchhalte vermögen, bis ein ganzes Areal untersucht ist.
Da stand ich nun. Was tat ich hier eigentlich? Wollte ich denn nicht eigentlich längst woanders sein? Wie kam ich hierher? Fragen über Fragen. In meinem Kopf schwirrten tausende kleine Insekten wild durcheinander. Ich denke, es liegt an meinem Hut, in dem ich ja mindestens auf einen Bienenstaat wie ein Imker wirken muss. Ich lächelte in mich hinein. ‚Ach, von wegen Bienen, das müssen eher Hornissen sein, die sich in deinem Kopf seit gestern angesiedelt haben. Du hattest schon immer das Talent, alles schön zu reden‘ mahnte meine innere Stimme.
Ohh, wie war mein Leben bis vor einer Woche noch vollkommen. Naja, ich muss gestehen, aus der einen oder anderen Sicht mag mein Leben etwas chaotisch wirken, aber für mich unterlag bis heute alles einem großen Plan, einem Masterplan sozusagen, an dem wir alle nur stille Mitwirkende sind. Ja, Mitwirkende in einem nie enden wollenden Roman oder Maskottchen an Fäden, ja das traf es wohl besser.
Ich setzte mich auf den kalten Boden, von modrichen Geruch eingehüllt, fröstelnd, rieb meine Schläfen und begann über alles nachzudenken. Bin ich froh, dass er mich jetzt nicht sehen konnte. Er würde lachen bis ihm die Tränen kämen. Ach was sage ich da, Lachen? Nein-prusten würde er, bis er nach Luft rang, seinen nicht vorhandenen Bauch haltend, krümmend vor Lachen! Nein, dieses Bild dürfte er nie zu sehen bekommen.
Immerhin ist das die erste Leiche meines Lebens, nach der ich grub. Aber was ist, wenn sich mein Verdacht nicht bestätigte. Was, wenn meine Phantasie nur wieder mit mir durchgegangen war. Da war sie wieder, Frau Schwörgel, ich sah sie vor meinem geistigen Auge, wie sie sich vor mir aufbäumte und mahnend ihre drahtigen Finger erhob und mich anmahnte: „Sabrina Pfitzbürgel, deine Fantasie geht wieder mit durch!! Was soll nur später mal aus dir werden. Deine armen Eltern!“ Ich hasste meine Grundschullehrerin und das zu Recht. Würde sie heute vor mir stehen, würde ich ihr zurückschleudern: „Sie wollen wissen, was aus mir geworden ist? Da sehen sie doch selbst-eine Frau, die nach einer Leiche gräbt.“
Und so beginne ich nachzudenken, wie alles vor einer Woche begann…
Teil 2
es war das Klingeln eines Telefones dass mich aufschrecken ließ, aber es war nicht meines, das war mir sofort klar und ich schaute neben mich und blickte in tiefe blaue Augen…
Was tue ich hier eigentlich? Wie besessen starre ich nun auf den sandigen Boden, schon seit Stunden. Mittlerweile habe ich das Graben selbst übernommen. Ich bin umzingelt von Inkompetenz und Ignoranz. Alle sind sie nur auf das große Geld aus(nicht, dass ich dem völlig abgeneigt wäre). Grab weiter! Grab weiter! Die Hitze ist einfach unerträglich. Es ist diese erdrückende Nachmittagsschwüle, die einen ohnmächtigen werden lässt und einem das Gefühl gibt aus Wachs gegossen zu sein. Schweißperlen tropfen von meiner Nasenspitze auf den ausgetrockneten, rissigen Boden herab und verdampfen in Bruchteilen einer Sekunde. Hatte ich wirklich geglaubt, dieser kleine Abenteuertrip nach Jerusalem würde mich der Maske näher bringen? Ich meine, war ich wirklich so naiv? Offensichtlich warst du das, Anastasia. Schließlich haben dich dein Doktortitel und zehn Jahre Forschungsarbeit in Kairo auch nicht weit gebracht. Wieso also nicht alles auf einen anonymen Anruf setzen? Was bleibt denn sonst noch übrig? Verdammt, sie muss einfach hier sein! Grab weiter! Grab weiter!
Beim Besuch der Ausgrabungsstätte im Nachbarort fällt mir eine Frau auf. Sie ist rothaarig, braungebrannt und steht in einer tiefen Grube. Konzentriert misst sie mit einem Meterstab Abstände aus. Professionell sieht das aus. Sie wirkt wie jemand, der sich nicht ablenken lässt von Nebensächlichkeiten.
Wie ist das, sich den ganzen Tag mit Dingen zu beschäftigen, die lange vorbei sind? Man muss bestimmt viel wissen und können als Archäologe. Sicher ist dieser Beruf auch ganz schön langweilig. Wenn man im Museum stundenlang kleine Artefakte sortieren muss, zum Beispiel.
Mich interessiert, was die Rothaarige da tut. Gerade, weil ich nicht weiss, was es ist. Womöglich misst sie nur den Neigungswinkel der Wasserleitung, was jeder Klemptner auch tun würde. Aber weil sie eine Frau ist, die an einem sonnigen Tag eine blaue Latzhose und einen Strohut trägt, wirkt es anders.
Lange bleibe ich nicht stehen, weil ich mich nicht wohlfühle, wie ich so am Rand der Grube stehe und auf sie herrunterschaue. Dabei kann sie mich gar nicht sehen, wegen des grossen Strohhuts. Gerne würde ich sie fragen, was sie da tut, aber sie wirkt so versunken. „Hey Sie, was machen Sie denn da?“ nach unten zu brüllen, fühlt sich unpassend an, also gehe ich weiter.
War es wirklich das, was sie sich erträumt hatte? Hier in dieser sengenden Hitze im trocknen Sand zu graben, in der Hoffnung einige Überreste längst vergessener Kulturen auszugraben? Spielte das wirklich eine Rolle für sie heute? Hatte sie deshalb nun alles aufgegeben, alles zurückgelassen?
Sie wusste es nicht. Die erbarmungslose Hitze machte ihr das Denken schwer. Sie versuchte sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. „Lass doch das Grübeln! Es bringt dich sowieso nicht weiter. Wie viele Zentimeter waren es doch gleich? Ist mir doch egal.“
Sie spürte wieder diesen Trotz in sich aufsteigen. Das kleine trotzige Kind, das immer nur Spaß habe wollte. Es hatte sie so lange genervt, bis sie ihm endlich nachgab, sich ein Sabbatjahr gönnte und – zumindest für ein Jahr – alles Gewohnte hinter sich gelassen hatte. Ja, bei Ausgrabungen hatte sie mitwirken wollen, etwas, wo sie ihre Hände brauchte, ihren Körper spürte und nicht den ganzen Tag unter diesem Leistungsdruck stand. Nun war sie hier und das war dem Kind in ihr anscheinend auch nicht recht. Es begann wieder zu nörgeln, ihre Aufgabe in Frage zu stellen, sah den Sinn nicht in dem, was sie tat.
Was sollte sie denn dann machen? Wie lange sollte sie sich noch herumkommandieren lassen von dieser Stimme, die sie mit ihren 36 Jahren immer noch nicht recht einzuordnen wusste.
Oh nein, da war es schon wieder geschehen. Kaum hatte sie sich vorgenommen, nicht zu grübeln, da ertappte sie sie schon wieder dabei.
So ging es nicht weiter. Das war ihr klar. Etwas musste sich ändern und zwar sofort.
Ich suche, ich suche und ich suche. Es gibt doch keinen Grund dafür. Aber ich suche. Und solange ich lebe, werde ich noch weiter suchen. Eine Frage verführt mich, wie süße Träume in der dunklen Nacht oder wie ein Stückchen Sonnenschein im düsteren Wintertag. Aber ich verstehe sie nicht. Diese seltsame Frage. Wir sind noch nicht bereitet, die Stimmen der Seele zu verstehen. Trotzdem mache ich mich auf dem Weg. Man darf weder schlafen noch aufgeben. Und der Sinn? Wo ist der Sinn? Ist es möglich, einen zu finden? Man sagt mir: „Beruhige dich…“ Ich höre nicht. Keine Zeit. Weiter suchen… Aber ich weiß nicht mehr, ob ich wach bin oder schlafe. Vielleicht befinde ich mich in den Tiefen meiner Seele, denn seltsame Gedanken überfallen mich. Lebendige Erinnerungen meines Lebens und ein wildes Verlangen nach Leben…
Wir sind ein Team: ich der Fotograf und Sie die Archäologin. Am Ende werden die neuen Ausgrabungen fotografiert, der Fortschritt dokumentiert. Zu den endlosen Listen, die während jeden Arbeitsganges geführt werden, kommen am Ende des langen Tages noch die Fotos. Meine Fotos. Das Metermaß auf den Fotos stellt die Dinge in das richtige Verhältnis zueinander. Zu wissen, wie groß etwas ist, ist für die Wissenschaft äußerst wichtig. Ein Foto der Archäologin braucht die Wissenschaft nicht. Deshalb werde ich es auch behalten.
Sie hat genau die richtige Größe, Sie ist klug und schön, Sie ist ausdauernd und – Sie riecht gut auch noch am Ende des langen Tages. Diese Erkenntnisse sind für die Wissenschaft unwichtig, stellen sie aber in das richtige Verhältnis zu mir: Wir sind ein Team. Wir sind ein sehr gutes Team: Sie die Schöne und ich Ihr Mann.
Die Frau in der Grube
Sie steht da, schaut auf ihren Zollstock, weiß nicht, was sie hier macht. Die Leiter ist sie hinabgestiegen, in die brütende Hitze der Grube. Sie ist froh, sich für den großen Strohhut entschieden zu haben, heute morgen.
Drei volle Eimer stehen zwei leeren gegenüber. Was soll sie tun?
Füllt sie die beiden leeren Eimer mit Sand und Steinen? – Dann weiß sie, was sie macht. Sie hat Archäologie studiert, jetzt nimmt sie an der Erforschung der Lebensweise in der Vergangenheit teil.
Nimmt sie die drei vollen Eimer und füllt mit ihrem Inhalt den Boden auf? – Dann weiß sie, was sie macht. Sie hat ein ein altes Haus gekauft und renoviert es für ihre Zukunft.
Vergangenheit oder Zukunft – die Entscheidung trifft sie – die Frau in der Grube
Liebe ISOLDE:
Ich bin durch und durch ein Realist und „tu“ mich schwer was Gefühle angeht. Aber Deine „Beschreibung“ des “ Bettina-Bildes“ hat mich berührt.( und sowas kommt bei mir sicherlich nur alle 100 Jahre vor) Aus Deiner Beschreibung spürt man die innige, zärtliche Beziehung von Bettina und ihrem Freund. Woraus diese innige Beziheung besteht: Aus Rücksicht und aus der Achtung die jeder in dieser Beziehung dem anderen „darbringt“. Und DAS kommt in Deinem Text so wunderbar heraus… dem anderen den Freiraum lassen. War nett zum Lesen Viele liebe Grüße Dorothea
bei Klaras Text wirds nun psychologisch. Ein paar kurze Sätze nur und doch eine ganz andere Stimmung und die Phantasien, was da wohl vorgefallen sein mag, steigen an
Diese Hut, diese Strohhut ohne Band wie die meine Mutter getragen hat. In diesem Loch möchte ich Sie begraben. Ihre Stimme Ihre Wesen Alles was Sie ist, weg unter die Erde nicht mehr sehen oder hören.
Zu Jan: ein sehr schöner poetischer Text nur die Eiseskälte kann ich nicht ganz nachvollziehen, die erscheint mir ein wenig übertrieben oder ich müßte mehr von dem Erzähler wissen
Es ist nicht viel, das nach dem Erwachen bleibt: eine Grube, ein paar Gerätschaften zum Messen, ein paar zum Abtragen und Wegschaffen von Erde und Stein, eine Leiter. Eine Frau.
Man sieht den Blitz am Gewitterhimmel zittern. Man weiß, dass der Donner folgen wird. Eins, zwei, drei…beim Zusammenzucken nach dem Knall ist der Versuch, die Entfernung zum Gewitter abzuzählen, nur noch der Griff eines Kindes an den mütterlichen Rockzipfel gewesen. Die Erwartungshaltung nutzlos. Der Schreck erschüttert die Glieder. Manche Menschen haben Träume, die wie Donnerschläge sind.
Ich habe einen solchen Traum. Einen, der beunruhigt, der in unregelmäßigen Abständen wiederkehrt. Distanz nicht abzählbar. Ich falle nicht in den Tod, werde nicht von einer bedrohlich wirkenden Gestalt verfolgt. Nichts in der Art, dass das Erwachen Rettung wäre.
Sie trägt immer dieselbe Kleidung, hat immer dieselbe Pose. Ich stehe am Rand einer Grube und schaue auf eine Frau hinunter. Eine Venus in Arbeitskleidung. Weißes Unterhemd, blaue Arbeitshose mit Latz. Fuchsrotes Haar fällt auf ihre Schultern. Die Spitzen umspielen wie züngelnde Flammen ihre Brüste. Zarte Arme, von Staub bedeckte Hände, die einen Gliedermaßstab halten. Die rechte Schulter meinem Blick zugewandt, das Gesicht abgekehrt.
Bevor sich das Bild wieder in Bewegung setzt, erwache ich. Es ist so scharf in meinem Kopf wie ein Foto vor Augen. Der Abdruck dieser Szenerie packt mich mit Eiseskälte, dass ich nicht erinnern kann, was ihr vorausgegangen ist. Das Erwachen bedeutet nicht Schutz, ist keine Linderung vor dem sich spannenden Schrecken, es ist sein Anfang.
Ihr Gesicht.
Was, wenn ich ihr Gesicht nicht beschreiben könnte?
@Thomas: welch reizende Blogidee! Aus der der Blogger auch etwas mitnehmen kann;-) Ich wünsche dir einen guten Schreibsommer. ich ziehe mich die nächsten Wochen vom lesen und Schreiben zurück zur Malerei, erzählen ohne Worte:-) „Denn nichts ist klarer als das Werk…“ wie Roland Barthes sehr beZEICHNEND (Am Nullpunkt der Literatur) sagt. glg JuSophie
@Fredi: hallo, wie mitreissend ist denn dieser innere Monolog der Frau:) Ganz der Sommerhitze angepasst! Mir gefällt dass mittels Felipe ebenfalls ein Bezeihungsgeschehen eingeflochten ist wie bei Isolde, dass du die Bildprotagonistin nicht im verklärten Blick eines verliebten mannes beschrieben hast, gefällt mir. Als mann eine Frau sprechen lassen, so wie Isolde als Frau einen mann sprechen lassen ist ein Hintergrundzuckerl für den allwissenden :) Leser/die Leserin.Auch die Idee mit der Information wonach sie sucht und was sie sich eigentlich wünscht gefällt mir, um das Ziel des Textes darzulegen.
Auch in deinen Sätzen sind mir einige verbesserungswürdige Stellen aufgefallen, etwa zu oft „einmal“, oder umgangssprachliche Ausdrücke wie „vergisst er mir“…aber im Gesamten ein lesewürdiger Text der neugierig macht ob sie jetzt bekommen hat was sie nötig hatte oder nicht.
lg JuSophie
@Isolde:Die Idee mit dem Brief (des viell. Verliebten )Richards gefällt mir, stellt es doch gleich eine Beziehungsgeschichte her.Der Erzähler ist also nicht ein allwissender, sonder eine Figur die den Leser/die Leserin nicht nur neugierig auf Fortsetzung macht, sondern bereits soweit anspricht, dass er/sie den Brief zu Ende liest.Wenn ich das Bild genauer betrachte, kann der schattenführende Erzähler nicht gleichzeitig der Fotografierende sein, daher könnte es doch spannend(er) sein, eine dritte Figur einzuführen, ev. einen Helmut der in der Nähe steht und Birgit fotografiert und ihr das Foto auch schickt. Richard mag viell. ein wenig eifersüchtig sein, viell. hat er nicht so ein modernes handy mit dem er Fotos machen und verschickenen kann, so schreibt er – mit der Macht seiner Worte- (s)ein Werben um Birgit. Dreiecksgeschichten wirken nun mal spannender (im Leben wie) in Geschichten, lässt auch das offene Ende interessanter werden, als eine zu harmonische angepeilte Zweiergeschichte vom Schreibenden. Das Ziel, zum BIld eine ansprechende Geschichte zu verfassen ist gelungen.
Nun sind mir noch einige Kleinigkeiten im Text aufgefallen
.)3.Satz- „Du hast so ausgesehen …“ hier fehlt das Adjektiv und das so könnte weggelassen werden, kommt es doch eineige Zeilen später als satzanfang wieder (So konzentriert)
.)Den Satz nach der Zwiespache halte ich persönlich für unnötig
.)Kürzere Sätze würden meine Aufmerksamkeit als Leserin besser halten
Eine gelungne Kurzgeschichte! Ich hoffe, ich durfte rückmelden auch ohne eigenen Text hier abgelegt zu haben lg JuSophie
Kommentar zu Fredi, toll, was man aus dem Bild der Frau mit dem Hut für eine spannende Geschichte machen kann, hier dominiert ganz eindeutig die männliche Sprache und schon sind wir mitten drin im männlichen Chauvinismus, ganz und gar politisch nicht korrekt und deftig angereichert und wie ist das nun mit dem Säbelzahntiger, wie ist der bloß in die Baugrube gekommen? Das show not tell ist ganz eindeutig erfüllt und ich sehe alles ganz genau vor mir, wo vorher nur ein zartes fragiles Mädchen war, während Richard für Bettina eine zarte schöne Nachricht hat und dabei sehr viel beschreibt, was ich mir auch gut vorstellen kann, Pastellfarben fallen mir dazu ein und das ganze ist sehr schön beschrieben, der Kaffee und das eiskalte Wasser und man möchte weiterlesen, wie das mit der Beziehung der beiden war
Auf der Suche nach dem Säbelzahntiger: „…einen halben Meter weiter links dort drüben…oder waren es doch zwei Meter nach rechts, als ich beim letzten Knochen nach links abbog?…vielleicht mal hinten graben und dann einen guten Meter nach vorne…oder ich nehm das Lot und pendle noch mal alles aus…ich weiß nicht, ich weiß nicht…es ist zu heiß zum denken…Pause…ich brauch eine Pause…wo bleibt nur dieser Felipe mit der Limonade, ich hab ihm doch gesagt ich bin durstig, dass der immer so lange braucht, dieser Felipe…wie schnell war ich dagegen früher, HA! Also es ist ein Kreuz mit der Dorfjugend, wenn die nur einmal arbeiten gelernt hätten…so ein lahmes Pack…alle! Alle lahm und ich schauffel hier und niemand bringt mir Limonade…oder ich nehm die Hälfte von vorhin, das wären dann fünfundzwanzig Zentimeter geradeaus…und dann mal tief nach unten buddeln…einfach mal da drüben buddeln vielleicht…dieser Scheiß Säbelzahntiger! Ich mag die alle eigentlich gar nicht…was würd ich geben für ein Mammut…so ein richtig großes Mammut, wo ich ein ganzes Jahr und länger buddeln könnte…ja so ein Mammut…oder eine Schatzkammer, eine Kutsche, weiß der Kuckuck was … und was?…wieder nur so ein Säbelzahntiger…vielleicht mal eine Limo trinken, Mensch ist mir heiß…dieser Hut wirkt einen Scheiß…wo bleibt dieser verdammte FELIPE!!! Wenn man den EINMAL braucht! Einmal soll der eine Limo holen…und wenn der kommt, hat der sicher die Zitrone vergessen! Vergessen immer die Zitronen! Das machen sie mit Absicht…bestimmt vergisst er mir auf die Zitrone…dieser Kerl…wenn der auf die Zitronen vergisst, oder keine Eiswürfeln drin schwimmen…ich sag´s ja…man muss alles selber machen…und wenn ich mal ganz woanders buddle? Weiter unten und dann geh ich noch mal fünfunddreißig Zentimeter nach rechts…hach! Hab ich einen Durst…wo nur dieser Felipe bleibt…
;-)
Liebe Bettina!
Wenn du dieses Bild auf dem Display deines Handys finden wirst, bin ich schon wieder in dem kleinen Café an der Ecke und tippe auf meinem Laptop. Ich konnte nicht anders. Du hast so ausgesehen, da unten in der Ausgrabungsstelle, dass ich dich einfach fotografieren musste. Dein Strohhut, der mir dein Gesicht wegnahm, mir aber dafür Strähnen deines schimmernden Rothaars überließ. Und die Sonne, die es sich auf deiner Schulter gemütlich machte und mir ein glänzendes Stück Haut schenkte. So konzentriert warst du, dass du den Schatten, meinen Schatten, über dir nicht wahrgenommen hast und wohl auch das leise Klicken des Fotoapparates nicht hörtest.
Ein kleiner Augenblick mit dir für mich allein. Still bin ich dann weitergegangen, dich noch lange in meinem Kopf, in deiner blauen Latzhose, in der du zu schweben schienst, so viel zu groß ist sie dir.
Der Stab, den du so zart in deinen Händen gehalten hast, als könnte er zerbrechen, hat deine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, ja, es schien mir, als würdest du mit ihm eine stumme Zwiesprache halten. Wohin du ihn wohl gelegt hast? Zu den anderen dreien, die schon da lagen?
Jetzt kommt gerade mein Espresso, dazu ein Glas eiskaltes Wasser. Am liebsten würde ich zu dir gehen und dir das Wasser bringen. Aber ich werde es nicht tun. Ich werde hier sitzen bleiben und warten, bis das Licht schwächer wird und schwächer und du herausklettern wirst aus deinem faszinierenden Reich ….
Dein Richard
P.S. I couldnt resist ….:-))
Da stand sie nun mit ihrem Hut, der das Gesicht verdeckte und schaute etwas ratlos vor sich hin. Eine Frau in der Baugrube ist wohl etwas ungewöhnlich und genauso fühlte sie sich. Nicht am Platz und nicht dazugehörend. Außerdem war es sehr heiß. Bald würde ihr der Schweiß die Stirne rinnen und ihr Makeup verwischen. Eigentlich hatte sie gar keine Ahnung was sie hergetrieben und was sie hier zu tun hatte? Ratlos also das Gerät in ihrer Hand betrachten. Was damit anfangen?, schien sie sich zu fragen und dabei sah sie gut aus auf dem Bild. Hergerichtet für ein Fotoshooting das Werbung für eine Sonnencreme, eine exquisite Rotweinmarke oder für den Baumarkt nebenan machte. So als würde sie auf die starken Kerle warten, den Prinzen, der die Prinzessin aus der Baugrube holen und auf dem Pferd in sein schönes Schloß bringen würde, wie es sich gehört und wie man sich das auch wünscht..
Langweilig. Mit einer Mischung aus Verachtung und Fassungslosigkeit starrte Marla auf den Zollstock in ihrer Hand. Sie langweilte sich derart, dass sie darüber Übelkeit empfand. Wie sehr kann ein einzelner Mensch sich eigentlich langweilen, zur Hölle? In einer plötzlichen, fast krampfartigen Bewegung ließ sie den Zollstock zu Boden und sich auf den Mauervorsprung fallen. Was anschließend ihrem Mund entwich, hatte sie eigentlich als ein verzagtes Stöhnen angedacht, aber es klang mehr wie das trotzige Grunzen einer beleidigten Zuchtsau. Und dann noch diese Hitze, diese abartige Hitze. Bis zum Abend würde sich die Mutter aller Sonnenbrände in ihrem Nacken und auf ihren nackten Armen breitmachen, so viel war klar. Marla fummelte umständlich das knittrige Softpack Zigaretten aus der Brusttasche der Jeanslatzhose. Noch so ein Thema, diese Hose. Als sehr junge Frau hatte sie ähnliche Modelle mit fiebriger Leidenschaft und wildem Engagement getragen, damals, als sie der Ansicht war, jede Form weiblicher oder auch nur modischer Kleidung würde ihre feministischen Ambitionen bloß stellen und schnöde verraten. Sie würde sich nicht den Sexisten und bigotten Patriarchen beugen, sie nicht. Sie würde dem Chauvinismus die Stirn bieten, das Establishment verhöhnen… mit einer hässlichen Hose. Natürlich. Es dauerte lange, schlecht gekleidete und rückblickend peinliche Monate, bis sie eingesehen hatte, dass speckiger Jeansstoff dafür nur bedingt das veritabelste Instrument war. Was für bescheuerte Ideen sie in ihrem Leben schon hatte. Unfassbar. Und jetzt das hier.
Der Tabak war so trocken, dass Marlas erster Zug an der krumpeligen Zigarette einen Hustenanfall provozierte. Sie schmeckte grässlich, was auch an dem Film Sonnencreme lag, den ihr Schweiß unablässig über ihre Lippen spülte. Als könnte ein Lichtschutzfaktor 10 dieser Sonne den Finger zeigen. Wieder so eine Idiotie. Tatsächlich verschwendete sie etliche Sekunden an die Überlegung, was sie wohl umbringen würde. Die Zigaretten, die Hitze oder doch die Langeweile? Konnte man an Langeweile sterben?
Mit einem mal waberte Marla der vergangenen Abend ins Gedächtnis. Ein wirklich riesiger Nachtfalter hatte sich in ihrem Zelt verschwirrt und kreiste verzweifelt, unterbrochen von dumpfen Aufsetzern, um die die Petroleumlampe neben der sie saß und versuchte einen Holzschiefer mit dieser stumpfen Nähnadel aus ihrem Daumen zu befreien. Obwohl sie kein Insektenfan war, überfiel sie tiefes Mitgefühl mit den hektisch Flatternden. Was für ein Sinnbild… man gibt alles, um etwas zu erreichen, was man für die Erfüllung hält und am bitteren Ende hat sich was Erfüllung, am bitteren Ende steht dann doch nur der Tod. Irgendwann ist man einfach hin und versteht gar nicht, was eigentlich passiert ist.
Heroisch hatte Marla den Irrenden mit einem Pappbecher verfolgt. Sie wollte ihn retten, ihn fangen und hinaus tragen in die Sicherheit der Nacht. Um wen oder was es ihr bei dieser Rettungsaktion eigentlich ging, ob nur um die Symbolik, die das ganze für ihr eigenes, missratenes Leben in sich trug oder tatsächlich um das kleine Leben, dass da so fehlgeleitet und verloren umherflatterte, hätte sie nicht benennen können. Das Ganze endete damit, dass sie den Nachtfalter zwar erwischte, ihn aber so unglücklich zwischen Zeltwand und Becher einklemmte, dass dieser umgehend seinen letzten Flügelschlag tat.
Sorry für die Fehler! Habe 45 min geschrieben und das tatsächlich quasi ungefiltert gepostet… Tja.