Ich habe geschrieben. Gut. Lange. Viel. Und nun will ich weiter! Alles habe ich mir bereitet, nichts ist anders als gestern, und gestern hatte ich doch so einen tollen Lauf…
Ablenkungen sind plötzlich überall. Ich reagiere mit Wut auf das, was ich gestern mit Gleichmut vorüberziehen habe lassen. Die Wut ist ungerecht. Denn sie gebührt mir. Weil ich ins Stocken geraten bin. Weil ich nicht wahrhaben möchte, was ist.
Ich klammere mich an Worten fest. Quäle mich von Satz zu Satz. Ich produziere Worte, von denen ich jetzt schon weiß, dass sie später gekürzt werden.
Ich sollte aufhören. Etwas anderes tun. Das Schreiben loslassen.
Das ist wie wenn ich die Medizin habe, sie aber nicht nehmen will.
…
Nun endlich schlage ich den „Radetzkymarsch“ auf und lese. Ich komme zur Ruhe.
Lieber Thomas, mir hilft gerade immer wieder der Satz / das Wissen: und inmtten all des Tuns, Strebens, Streitens, Lebens, Seins, inmitten all des Wirbels passiert: Nichts. Und dahinein falle ich dann auch: in die Ruhe.
Da hilft wahrscheinlich innezuhalten und das, was so plötzlich stört anzuschauen und quasi vor sich herzutragen, dann hat man es vor sich und kann die Störung beheben. Bei mir hat das meistens mit zu schnell sein zu tun. Ich habe eine Idee und will damit voran, aber sie ist noch nicht so ausgereift. Beim vorletzten Mal war es zum Beispiel, daß ich eine Person nach Prag schickte, aber ich war schon lange nicht in Pragund wußte nicht so recht, was und wie beschreib ich da?
Wenn ich weiß worans liegt, kann ich die Schwierigkeit beheben, also mehr über Prag recherchieren, beispielsweise. Früher hab ich das verdrängt und weitergeschrieben. Man kommt aber meistens nicht sehr weit, wenn etwas fehlt.
Ja, das ist die Kunst des Schreibens und da ist, glaube ich, das Reflektieren darüber sehr hilfreich und natürlich ist es manchmal öd, jetzt stop zu machen und statt weiterzuschreiben, in Prag spazieren zu gehen. Vielleicht kommt man nachher in den Fluß auch nicht mehr so hinein oder es wird was anderes daraus.
Schön, wenn der Radetzkymarsch hilft und der Roth hat sich, denke ich mir, gar nicht so viel Gedanken darüber gemacht, sondern intuitiv geschrieben. Allerdings hat er auch den Alkohol dazu gebraucht und sich selbst damit zerstört. Keine sehr rosige Aussicht, die Weltgeschichte um ihn herum, wird allerdings auch dazu beigetragen haben.
Aber schönes weiterschreiben, wenns wieder geht!
Ich war am Dienstag übrigens sehr gut im Schreibfluß und hab in der Alten Schmiede, während einer Lesung von experimentellen Gedichten meine realistischen Handlungsstränge aufnotiert. Gestern war ich dann bei einem Adipositastagung in der Krankenkasse und habe nichts geschrieben. Ob ich heute wieder anschließen kann und ich so, wie geplant weiterkomme oder ist der Schreibfluß gestört…? Spannende Frage