Bei allem, was über Literatur gesagt wird, ist davon auszugehen, dass auch das Gegenteil wahr sein kann.

Dieser Imperativ stammt von Julian Schutting. Er sagte das 1999, bei einer Eröffnungsrede der Schule für Dichtung, als eine Vorrednerin gemeint hatte, man müsse „lesen, lesen und nochmals lesen“, um gut schreiben zu können, und er meinte, man müsse nicht.

Für mich fügt sich das alles gut zusammen, wenn ich Karl Poppers Wissenschaftstheorie im Hinterkopf habe:

Popper schlägt stattdessen vor, dass Theorien (abstrakt betrachtet) frei erfunden werden dürfen. Im Nachhinein werden dann Experimente angestellt, deren Ausgang als Basissätze konventionell festgelegt werden. Durch diese Basissätze können dann die Theorien widerlegt (falsifiziert) werden, wenn die Folgerungen, die aus ihnen deduziert werden, sich im Experiment nicht bestätigen.

In einem evolutionsartigen Selektionsprozess setzen sich so diejenigen Theorien durch, deren Widerlegung misslingt.

Wenn ich also etwas über das Schreiben aussage, dann meine ich das aus meiner Erfahrung heraus. Solange sich meine Aussage (mein Imperativ) bei einigen Schreibenden bewährt, ist es gut. Werde ich widerlegt, dann freut mich das, heißt es doch, dass sich jemand mit meinen Gedanken auseinandersetzt.

PS: Wenn ich etwas über das Schreiben sage, und damit auch das Gegenteil wahr sein kann, ist diese Aussage auch sich selbst unterworfen, oder? :-) Siehe „Epimenides der Kreter sagte: Alle Kreter sind Lügner“.

Ein Gedanke zu „Bei allem, was über Literatur gesagt wird, ist davon auszugehen, dass auch das Gegenteil wahr sein kann.“

  1. Im Grunde wird jeder seine eigene Schreiberfahrung machen müssen und die macht er, je nach dem, wie intensiv er oder sie das Schreiben betreiben und wie wichtig es für ihn oder sie ist. Ich hab ja irgendwann um 1971 beschlossen nach meiner Matura Psychologie zu studieren und zu schreiben, das habe ich dann auch getan und im Sommer 1973, als sich in Graz gerade die GAV gegründet hat meine erste Erzählung geschrieben. Sie wurde fertig, nie korrigiert und der nette ältere Herr, der nach seiner Pensionierung ebenfalls Psychologie studierte, hat sie eine „schöne Broschüre“ genannt, was mich etwas irriterte. Die nächsten Erzählungen sind dann eher mißlungen, denn Schreiben ohne Feedback und gleichzeitig studieren geht wahrscheinlich doch nicht, vor allem wenn man sehr gehemmt und schüchtern ist, wie ich es damals war. Dann kam der Arbeitskreis schreibender Frauen, die GAV, mein erster in einem sehr kleinen Kleinstverlag erschienener Roman „Hierarchien“, zwei Fachbücher bei Fischer TB und ORAC, es geht also, eine Kolumne in der „Ganzen Woche“ und dann, weil ich für meine Romane keinen Verlag fand, ab 2000, die Idee des selber zu machen. Ich würde sie keinem empfehlen, weil man sich dadurch in tausende Fettnäpfchen setzt, obwohl man jetzt ja wieder hört, wie einfach das E-Buch machen geht. Man ist aber weit ab einen Preis oder eine ordentliche Rezension zu bekommen. So entstand 2008 das Literaturgeflüster, mein Ein- oder Ausstieg in den Literaturbetrieb. Bei den kleinen Preisen, wie den der Gewerkschaft, als es den noch gab, hab ich mich regelmäßig beworben und gelegentlich auch gewonnen und war da einige Jahre lang auch in einer, wie ich glaube sehr konstruktiven Schreibwerkstatt. Da konnte ich aber schon schreiben, glaube ich ebenfalls. Deshalb glaube ich auch, man sollte seine ersten tausend Seiten alleine schreiben und dann erst Werkstätten buchen, die es im Gegensatz zu früher ja in großen Mengen und wie ich glaube, auch in guter Qualität gibt und das Internet mit den Blogs, wie diesen oder auch Anni Bürkls neuer „Ein Buch schreiben“ ist wirklich zu empfehlen und dann glaube ich auch, es gibt kein Richtig und kein Falsch, man muß, soll es selber ausprobieren und da gibt es keinen Weg als weiterschreiben. Für mich würde ich das viel Lesen ebenfalls als sehr empfinden, fürs Schreiben hilft es mir aber auch erst, seit ich es kann und weiß, was die anderen an meinen Sachen kritisieren und auch, wo sie richtig liegen und wo nicht. Darum kommt man, glaube ich, nicht herum, wenn es einem Ernst ist. Also weiterschreiben, diesen Blog und vielleicht einige der interessanten Neuerscheinungen dieses Frühjahrs lesen und da beeindruckt mich wirklich, wie gut Fünfundzwanzigjährige heute schreiben können, ich konnte es damals nicht und einige davon, wie Emily Walton waren ja bei den Texthobelspänen, andere wurden in die Hochschule für Sprachkunst nicht aufgenommen, weil sie schon viel weiter waren und wahrscheinlich auch durch Versuch und Irrtum dort hingekommen sind. So, das war wieder ein sehr langes Wort zum Sonntag, vielleicht hilft es ein bißchen weiter.

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