Ich trage sein Wochen eine Idee mit mir. Für ein kommendes Romanprojekt.
Das Verrückte daran: Ich bilde mir ein, ich schreibe es in Englisch. Weil …
- es etliche Autoren gibt, die nicht in ihrer Muttersprache schreiben (Ilija Trojanow, Susanne Gregor)
- ich stets dachte, ich könne keine Fremdsprachen beherrschen
- ich mit dem englischsprachigen Markt kokettiere
- weil dieses wenigwortige Business English Teil unserer Kultur geworden ist (siehe Beratersprech) und ich will zeigen: mit geringem Wortschatz kann ich auch Emotionen intensiv ausdrücken.
- weil es mir persönlich als Autor andere Welten aufzuschließen vermag.
- weil es Leute geben wird, die sagen: Das kannst du nicht tun! Du kannst das nicht. Warum machst du das? Bleib doch bei dem, was du kannst … Ja, habe ich denn Romane schreiben können, bevor ich damit begonnen habe?
Inhaltsidee: Es sind die Aufzeichnungen von V. (45), und sie umfassen einen Zeitraum von 24 Stunden. Rund um einen Ball, der in der Wiener Hofburg stattfindet. V. gehört zu den mächtigen Männern des Landes. Mit Frau (42) und Sohn (18) besucht er den Ball – denn sein Sohn tanzt im Eröffnungskommittee. Da lernt V. die Tanzpartnerin seines Sohns kennen. Das ist der Auslöser. Sein Wertesystem stülpt sich von innen nach außen. Es bleibt für ihn keine Sicherheit übrig. Alles ist nun unvorhersehbar. – In diesem Text seziert V. sich selbst, seinen radikalen Wandel und diese 24 Stunden.
Hier eine Idee für den Beginn und die Form:
Viennese Waltz
I write this in English.
SinceMy past language does not fit anymore.
My skin has turned inside-out
and turning is still in progress.I write this to survey myself.
What is inside me, what is outside?
I touch things.
And whatever I touch for the second time,
feels bloodstained.My mother tongue is Austrian.
My mouth tastes furrily.
I need different words to cope with what is different now.Broken English in broken sentences.
Drawn together into a mosaic.
Was meint ihr?
Der soziale Hintergrund der Geschichte ist für mich folgender: Ich will für mich eine Erklärung finden, was eine erfolgreiche Frau wie Anne Sinclair dazu bringt, für ihren Mann auf die eigene Verwirklichung zu verzichten, obwohl sie weiß, dass ihr Mann sie laufend betrügt. In dem Roman geht es anfänglich um V., später dann um die Beziehung von V. zu seiner Frau. Mehr und mehr verlagert sich der Schwerpunkt des Romans hin zu seiner Frau und ihrer Vision vom Glück.
(PS: Es ist schon gut, einen Blog zu haben – da weiß ich, wo ich meine Ideen für’s Erste mal parken kann. Danke, Blog, dass es dich gibt.)
Ich denke, dass wir hierbei ein Naturgesetz vor uns haben. Die Verwunderung der Romanschreiber kommt um 10.000 Jahre zu spät. Karl Grammer hat’s erforscht, in über 50 LÄndern auf allen 5 Kontinenten, immer mit dem gleichen Ergebnis: Männer bevorzugen jüngere Frauen, Frauen wohlhabendere Männer. Ist einfach die Erfolgskombi, die von der Natur mit Glück belohnt wird. Protago weiß das auch, aber ohne wissenschaftliches Studium. Ich geh gleich weiterschreiben …….. ;-)
Nachtrag zu Frau Sinclair. Seit einigen Tagen geistert sie on top bei Wikipedia herum, als angebliche Verfasserin von 570 Wiki-Beiträgen. Ich vermute mal, den über sie selbst hat sie auch verfasst. Das Verzichten auf Verwirklichung würde ich wohl eher jüngeren (noch nicht verwirklichten)Menschen zugestehen, die a. auch tatsächlich was zum Verwirklichen gehabt hätten und b. aus einer aussichtsreichen diesbezüglichen Situation heraus trotzdem einen anderen Weg gegangen sind und c. nicht einfach nur ausgestiegen sind, um einer Problematik auszuweichen und später die Opferstory hinzugefügt haben. Sehr schwer zu finden, solche Menschen. Kannst Du mal kurz verraten, welche Antwort du auf deine Frage vermutest?
Warum eine Frau sich so verhält? Nun, sie verhält sich wie viele Frauen in der Situation, und gerade darum ist es wichtig, auf diesen (scheinbaren) Extremfall hinzusehen. Sie verhält sich so, weil sie dazu erzogen wurde, geprägt insbesondere von ihrer Mutter, denn Mütter tragen ja die Frauenrolle in die nächste Generation hinein. Es ist die Frage nach dem Glück, das anzustreben ist. Glück, das ist heute immer noch: Diejenige hat gewonnen, die eine Beziehung zu einem Mann mit höherem sozialen Rang hat. Es klingt klischiert, wird heute aber oft so gelebt/angestrebt, oft unter enormen Stress (ich kenne da etliche Fälle). Diese Prägungen werden oft bedient – schau dir mal die historischen Romane an, in denen ach so selbstbewusste Frauen revoltieren, um dann doch die Erfüllung in der großen Liebe finden.
Also, ich denke es ist keine Frage ob Du das kannst oder nicht. Sondern was Du glaubst im Englischen mehr bzw. besser sagen zu können? Wieso nicht einfach einen Mix? So wie Falco. Dort wo es Sinn macht, einen Anglizismus einbauen, für den Drive und so, und der Rest ganz normal. Es gibt sicherlich im Englischen einiges, daß man mit Deutsch nicht ausdrücken kann. Ob Du dann gleich einen ganzen Roman in Englisch verfasst, ist die Frage wie der Drive dann noch fährt. Here we go! ;-)
Guter Punkt, Fred. Danke.
Lieber Thomas,
ich kann es fast spüren. Wie die Idee in dir herumfunkt, zündet und schließlich nach außen explodiert! Und das ist es. Wenn Leidenschaft und Begeisterung dahinter stecken, dann musst du das machen! Aber nicht so sehr „für den englischsprachigen Markt“ als viel mehr für dich. Weil es kreativ ist, weil es DEINE Idee ist, weil du das auch kannst. Und weil da schon ein Plotpflänzchen herangewachsen ist, das gehütet und gezogen werden will.
Dein Englisch darf sein wie es ist. Ich weiß gar nicht mal, ob es so gut ist, wenn „native speaker“ korrigieren, ausbessern, verbessern. Mein Gefühl ist, dass der Roman seine Originalität genau daraus beziehen wird. Das wird seine Einzigartigkeit ausmachen. Im englischen Sprachraum – so meine Erfahrung – gibt es diese Unterscheidung zwischen „Hochliteratur“ und „Belletristik“ ohnehin nicht.
Aber erstmal möchte ich so gern den Timon in Händen halten. Den fertigen. Und dann stürz ich mich auf englische Leseabenteuer made by T.W. Mit Wörterbuch. ;-))) Good luck!!!
Oh, danke, Isolde, so schöne, aufbauende Worte!
Hi Thomas!
Erstens und nicht ganz ernst gemeint: Nicht englischsprachiger Autor schreibt auf Englisch über einen älteren Mann, der durch seine Liebe zu einer viel jüngeren Frau aus der Bahn geworfen wird? Spukt da etwa noch ein Buch aus dem vergangenen Sommer in deinem Kopf herum?
Aber jetzt mit Ernst:
Ich weiß nicht, ob die Überlegung, ich will auf Englisch schreiben, damit mehr Leute mein Buch lesen können, eine Treibfeder sein sollte.
Die Idee, ich bin so durch den Wind, dass ich in meiner Muttersprache keine Worte mehr finde, finde ich aber sehr spannend. Nur, muss es denn diese Richtung sein? Könnte es nicht ein amerikanischer Diplomat sein, der in der angesprochenen Situation auf Deutsch verfällt? Der vielleicht mit einer Österreicherin verheiratet ist, die mit ihm in der gewünschten Art auf Englisch kommuniziert (damit du nicht versuchen musst, eine native Speakerin nachzuahmen). Dann hast du gerade in der Aufarbeitung der Beziehung zu ihr, genug Raum für deine Sprachexperimente, bleibst aber doch auf dem Markt, auf dem du bereits präsent bist und bei den Leisten die du so gekonnt schusterst.
Auf Grauko bei Ute, LG.
Ja, Peter. Ich muss aufpassen, dass das In-Englisch-Schreiben kein Darling wird, dem ich einen Roman unterordne. Dass der Mann Englisch schreibt, muss massiv mit der Handlung zu tun haben.
just do it!
Ich habe keine Ahnung, was Dich da erwartet. Bei der Spam Story lege ich ja das gebrochene Englisch meinen Protagonisten in den Mund, d.h. sie könnens einfach nicht besser. Du schreibst in Deinem Namen, das ist was anderes. Ist aber natürlich reizvoll, so etwas wie ein „unnative English“ zu kreiren, das sich einen Dreck drum schert, wie „echtes“ Englisch zu lauten hätte, weil es für weit mehr Menschen bestimmt ist als nur für Amis und Briten.
Die Sinclair habe ich mir auf Deinem Wiki-Link angeschaut. Ich denke, sie ist ein chronisch ehrgeiziges Alpha-Mädchen, die schlicht das Verlassen-Werden als Mega-Schande empfinden würde und deshalb ein Verhalten rauswürgt, das sie zur ungewöhnlichen Treue-Heldin machen soll. Sie hasst wahrscheinlich ihren Dominique dafür und streut ihm täglich ein bisschen Strychnin in den Morgenkaffee.
Danke, Kuno!
P.S: „bei jedem“ schreibt man natürlich mit „m“. Da sieht man: Auch als Muttersprachler macht man Feher. Möcht nicht wissen, wie viele Tippfehler die Lektorin gerade aus meinem Manuskript kletzelt. Da kann man noch so oft drübergehen als AutorIn.
Ich würde es dann an deiner Stelle sowieso auch nem Native Speaker zu lesen geben: Ich kenne da eine Kanadierin in Wien, die liebt literature (and literacy) und kennt einen Haufen Englisch lesender „people“ in Wien – und das sind keine hochintellektuellen, studierten Leute, sondern LehrerInnen und KindergärtnerInnen!
Danke, Rentsnik! Auf euch GRAUKOs ist halt Verlass, wenn ich um Feedback bitte :-)
Ich würd sagen: Fang´s mal an, und schau wie du dich dabei fühlst/ wie du dir tust. Sowie bei jeden anderen Projekt auch. Und wenn´s passt, wird sich der Rest auch ergeben.
Im Ö gibt es übrigens genug Leute, die Englisch sprechen und lesen, das soll nicht das Problem sein. Schränkt die pot. (österr.) Verlage zwar massiv ein, aber wenn die Qualität passt, dann gibt es da sicher Wege. Ich würde mich da mit Peter Waugh vernetzen, wenn´s soweit ist, sprich: das Projekt aus den Kinderschuhen in die schweren Stiefel geschlüpft ist. (Also mehr als nur ne Idee ist). Toi. Toi. Toi!! – Gutes Gelingen und vor allem viel Freude beim Schreiben!
Alles andere persönlich in Graz ;-)
eine interessante Idee, wozu mir aber einige Bedenken einfallen, die genannten Autoren schreiben in Deutsch, weil sie in Österreich leben, wenn man in Österreich lebt und in Englsich schreibt, wer wird das Buch dann lesen? Für den englischen Markt wird die Chance wahrscheinlich gering sein, die Österreicher suchen vielleicht Fehler und es ist wahrscheinlich auch nicht leicht in einer fremden Sprache den eigenen Ton zu finden. Wozu das also tun, wenn man das nicht muß? Ist Englsich so schön? Auf jedenfall ist die Idee neu und ungewöhnlich. Bei mir sträubt sich zwar dagegen was, denn Deutsch ist meine Muttersprache, aber warum nicht, vielleicht wird es ein Erfolg, ich wünsche jedenfalls alles Gute!
Mein erster Gedanke: na, ich weiß nicht –
Mein zweiter: Bin gespannt!
Mein dritter: wenn du den ersten Satz des Beginns mal weglässt? „My past language does not fit anymore“ – powerful.
Schon gekürzt, liebe Christina!
Lieber Thomas, ich kann dir zu deiem Projet (Schreiben in englischer Sprache) nur anraten. Als erfolgreiches Beispiel nenn ich dir Agota Kristof, die zwar in französisch schrieb, von Ungarn kommend und der Sprache der französischen Schweiz zunächst als Arbeiterin in einer Uhrenfabrik nicht mächtig war, deren Bücher jedoch in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden. „Das große Heft“, zwar ein protokollierte Kindheit, hat den „Modernen“ Ton der derzeit so gefragt ist: Ausdruck mit wenigen Worten, auf das Wesentliche beschränkt.
Was dein Thema anlangt, klingt zunächst interessant, dann naja das Übliche heute: älterer Mann verguckt sich in wesentlich jüngere Frau aus der Generation davor. In einer zu Perversion neigenden Gesellschaft und Zeit (= Grenzen nicht anerkennen was Geschlecht, Generation u.a. anlangt)kommt das Viell. beim Lesepublikum und antwort oder Bekräftigung Suchenden an. Mir ist dein Plot noch zu ungenau, zerrissen, *lach* wie die Personen die sich auf solches einlassen…..noch gut werkeln wünsche ich;-)
Danke für das aufmunternde Feedback, JuSophie! Ja, der Plot ist ungenau, weil er noch ungenau ist *gg* Naja, ich bremse mein Nachdenken, will ja erst meinen jetzigen Roman komplettieren. Mich interessiert an dem Plot die Rollen der Frauen – weil ich verstehen will, warum intelligente Frauen wie Anne Sinclair so eisern an Männern wie DSK festhalten.